Die Klassenkämpfe in Griechenland

Die Klassenkämpfe in Griechenland
Es fällt mir schwer dieses Interview, resp. die darin enthaltene Analyse der „Klassenkämpfe in Griechenland“, und ich wähle diesen Titel ganz bewusst, aber dazu gleich mehr weiter unten, einer zusammenfassenden Einschätzung zuzuführen.

Einerseits ist es das Beste, was ich diesbezüglich bis dato zu lesen bekomme. Endlich wird Bezug genommen auf die Klassenkräfte und die politischen Kräfte, die sich in Griechenland gegenüberstehen. Geradezu spontan fällt mir nämlich dazu ein, was Marx einst über die Klassenkämpfe in Frankreich – 1848 – 1851 – zu berichten hatte:

„Alle Klassen und Parteien hatten sich während der Junitage zur Partei der Ordnung vereint gegenüber der proletarischen Klasse, als der Partei der Anarchie, des Sozialismus, des Kommunismus. Sie hatten die Gesellschaft „gerettet“ gegen „die Feinde der Gesellschaft.“ (Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte, mlwerke.de/me/me08/me08_115.htm, vgl. auch: blog.herold-binsack.eu/2013/01/wenn-der-finanziellen-repression-die-politische-folgt).

Doch damit beginnt andererseits nämlich auch meine Kritik. Die Klassen in Griechenland werden genannt, doch nicht ihre Interessen. Und das hat keine nebensächlichen Folgen. So wird zum Beispiel die Rolle des Klerus und des damit verbundenen (halbfeudalen) Großgrundbesitzes als mehr oder weniger nicht relevant heruntergespielt. Wo hätte klar werden können, dass in Griechenland nicht mal eine demokratische Revolution zu Ende geführt worden ist. Denn dieser Klerus ist das Krebsgeschwür im Körper der Landbevölkerung. Die Rolle des Kleinbürgertums, vor allem des ländlichen, in dieser demokratischen Revolution wird nicht näher untersucht. Welch ein Mangel! Ganz deutlich sehen wir am blinden Taktieren von Syriza die verheerende Rolle dieses Kleinbürgertums, wenn es die Rolle der Avantgarde zu spielen versucht. Maßlos in seiner Omnipotenz vermag es nur den Zusammenbruch zu perfektionieren.

Am Beispiel der hier sehr treffend beschriebenen Führung von Syriza könnte man wunderbar darstellen, wie kleinbürgerliche Ohnmacht in kleinbürgerliches Wunschdenken umschlägt, und umgekehrt.
Und noch mehr, wenn man nämlich die Analyse Marxens bezüglich der Klassenkämpfe in Frankreich mal ernsthaft zu Rate gezogen hätte. Im weiteren Verlauf zeigt Marx nämlich auf, wie die Französische Großbourgeoisie im Interesse ihrer Profite, die eigene Revolution verrät, ja wie sie gar die Nation schließlich an den „Erbfeind“, im Anschluss an die Niederschlagung der Pariser Kommune, verkauft. (Über die daraus folgende Katastrophe, die sich dann in 2 Weltkriegen entladen sollte, will ich an dieser Stelle mal nichts weiter zu ausführen, aber daran sei erinnert, im Angesicht der Drohung eines 3. Weltkrieges.)

Und warum dies? Aus Angst vor dem Klassengegner. In Frankreich überließ die Bourgeoisie die politische Macht einem Hasardeur, der wiederum nicht zögerte den Pöbel gegen alle seine politischen Gegner einzusetzen. Louis Bonapartes politische Macht kam der Bourgeoisie teuer zu stehen, und vor allem dem Kleinbürgertum. Aber es schien ihr die Klassenherrschaft zu sichern.
In Griechenland reden wir heute von einem Putsch, ohne Bezug zu nehmen auf diesen historischen Putsch schlechthin. Wer hat in Griechenland gegen wen geputscht? Welche Rolle spielen die kleinbürgerlichen Massen? Welche Rolle spielt die Troika? Ist sie der moderne kollektive Bonaparte? Und was opfert die griechische Bourgeoisie im Interesse ihrer Profite? Mehr denn je kommt es darauf an, die Rolle der Arbeiterklasse politisch zu durchleuchten. Wie kann sie die Führung übernehmen? Wie muss die Partei beschaffen sein, die ihr zu dieser Führung verhilft? Und last not least: wie kann und muss die demokratische Revolution mit der sozialistischen Perspektive verbunden werden? Was sind die Hauptkräfte der Revolution, ihre weiteren Reserven, ihre Gegner; und welche Kräfte kann man auf welche Weise neutralisieren?
Wir reden von Marxismus. Doch wo bleiben Marxens Analysen? Die sind nicht überholt, ja scheinen gar ganz konkret hochaktuell!

marx21.de/griechenland-der-kampf-geht-weiter

   Sende Artikel als PDF   
Dieser Beitrag wurde in Arbeit und Kapital, Blogs, Krise des Kapitals, Wissenschaft & Philosophie veröffentlicht. Ein Lesezeichen auf das Permalink. setzen. Kommentieren oder einen Trackback hinterlassen: Trackback-URL.

Einen Kommentar hinterlassen

Sie müssen angemeldet sein, um zu kommentieren.