Ist das jetzt gut oder böse?

So schnell die FAZ-Redaktion den ersten Beitrag freigeschaltet hat – es dauerte nur wenige Minuten -, so sehr ziert sie sich bei den beiden folgenden Beiträgen. Es ist 19 Uhr und die Freischaltung hat just zu dem ersten der beiden Beiträge, gepostet: Uhr 16:41, gestockt.

Nachtrag: Den letzten Beitrag hat die Redaktion nun freigeschaltet, nicht aber den Beitrag, indem ich den „Mob“ aus „derselben Klasse“ für die antisemitische Kapitalismus-Kritik verantwortlich mache. Das ist nun mal der FAZ-Redaktion untrüglicher Klasseninstinkt.
Starte nun, am Tag darauf, den 2. Versuch. Auch dieser Versuch scheitert. Der Versuch wird sogar sofort wieder gelöscht. Schon erstaunlich. Ich erzähle hier nichts, was nicht schon woanders zu lesen gewesen wäre. Doch werte ich natürlich anders. Starte einen 3. Versuch.
2. Nachtrag: Der 3. Versuch fruchtete, erstaunlicherweise.

Ist das jetzt gut oder böse?
Wie sagte Schirrmacher gestern bei Voss? Die Gefahr kommt in Form von Anreizen daher, nicht vom Orwellschen Bösen. Doch wie unterscheiden wir, wo doch der Maßstab für jegliche Unterscheidung verschwunden scheint. Was sagt uns eines Bush Juniors Hybris gegen das Böse, wo uns Guantanamo keine Antwort mehr auf die Frage nach dem „Guten“ der USA zu geben bereit ist? Und wer oder was sollte noch den Menschen gegen des Menschen Wolf schützen, wo doch anscheinend alle Wölfe sind – oder gute Menschen? So inszeniert dieser Staat womöglich das Böse. Ist das der Grund, warum es die Taliban gibt? Und ist es jetzt Ausdruck des Guten oder des Bösen, wenn ein Reicher die Klage erhebt, dass die Kritik an den Reichen antisemitisch wäre? Mich erinnert das an Sinns Kritik am Antisemitismus, im Kontext der Aufarbeitung der Bankenkrise. Sinn durfte seine Kritik zurückziehen. Nicht, weil er nicht Recht gehabt hätte; nein, weil er nicht sagte, dass die Unterscheidung das Böse ist – zwischen guten und bösen Kapitalisten.

Es ist der Mob aus derselben Klasse
@Helger: Genau das ist während der Hochzeit der Krise 2008 ja auch passiert. In teilweise nicht mehr nur übertragenem Sinne. Doch von wem und an wem? Ehemalige Banker, Leute, die gestern noch zu den Gewinnern zählten, über Nacht aber alles verloren, schlugen ihren Nachbarn in den Nobelvierteln Londons, ihren Freunden von gestern, die heute noch zu nicht zu den Verlierern gehörten, die Tür ein. Das muss so übel gewesen sein, dass das Sternteam, das darüber berichtete, ein Szenarium an die Wand malte, das anmahnte, wie schnell man in England seinen Kopf auf den Tower gespießt sehen kann. Hier tobt also der Mob aus derselben Klasse, nicht genuin arm gegen reich. In Greenwich-Village, wo Amerikas Reiche sogar über einen ihnen vorbehaltenen Strand verfügen dürfen – ob des Dünkels gegenüber den Nichtreichen sehr wahrscheinlich -, hat man dennoch mehr Angst vor seines Gleichen. Dort traut niemand seinem Nachbar. Der Antisemitismus mag unter den Armen Wurzeln schlagen, aber er kommt von den Reichen.

Gute und böse Geister gibt es nur im Märchen
@Steffens: So wie ich Bourdieu verstehe, sind das nicht verschiedene „Sorten“, sondern Subsistenzweisen des Kapitals. Das Kapital existiert nicht, es subsistiert bestenfalls. Auf der objektiven Ebene handelt es sich um ein Abstraktum, um eine „Wesenheit“, die verdinglicht nur in Form eines „Phantasmas“, eines „notwendigen Phantasmas“, wie Marx dies ausdrückt, „gesehen“ werden kann. Denn das Ding „oszilliert zwischen Ware und Geld“, wie das der Leser Ximera in dem FAZ-Blog Deus ex Machina so treffend hervorhebt. Weiter schreibt er dort: „Jedenfalls scheint er (Marx, Einf. H.B.) nahezulegen, dass man das Kapital als historisches Subjekt im Sinne Hegels verstehen kann. Das heisst aber umgekehrt auch, dass man Hegels Geist als das deuten kann, was Marx Kapital nennt“. (Es ist die Systemfrage Dummerchen) Doch gleich welches Kapital, es ist immer nur „Geist“. Naiv könnte man schlussfolgern, dass dieser Geist eine gute und eine böse Seite hat. Doch gute und böse Geister gibt es nur im Märchen.

faz.net/aktuell/wirtschaft/menschen-wirtschaft/arm-gegen-reich-in-amerika-milliardaer-fuehlt-sich-verfolgt-wie-in-der-nazi-zeit

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