Obskurantismus herrscht nicht nur in Mekka, sondern auch im Vatikan

Obskurantismus herrscht nicht nur in Mekka, sondern auch im Vatikan
Dieser Gastbeitrag von Samuel Schirmbeck in der FAZ hat bisher 3500 Likes eingebracht. Das zeigt, wie einfach es ist, gerade Konservative zu beeindrucken. Leider kann man ihn dort nicht kommentieren und dem was entgegensetzen. Was im Übrigen so wenig für die FAZ spricht, wie für die westliche Kultur, die Schirmbeck hier so forsch der islamischen gegenüber zu stellen sucht. Aber das nur am Rande. Für viel wichtiger halte ich seine Angriffe gegen die „Linke“, die den Islamkritikern und Opfern des Islamismus dort ihre Solidarität verweigere. Diese Aussage kann so nicht unkommentiert bleiben.

Richtig ist, dass es ein linkes Spektrum gibt, das ich allerdings nicht als „links“ bezeichne, sondern als links-opportunistisch, das den islamistisch erscheinenden Faschismus, um den es ja eigentlich geht, politisch unterschätzt, bzw. sich diesem anzubiedern sucht. Alles im Interesse des „Antiimperialismus“, sozusagen. Doch genau das ist es nicht, im Interesse des Antiimperialismus, sondern im Interesse einer opportunistischen Taktik. Ich selbst habe es erlebt. Als Student der Sozialarbeit in den 80ern. In Frankfurt. Damals ging es noch nicht um den „Islamismus“. Dieser Begriff war bzgl. der Türkei noch nicht geboren; aber er schwebte in der Luft, quasi im Gefolge des letzten Militärputsches. Die türkischen Islamisten waren damals noch eine kleine Minderheit, doch schon immer taktisch verbunden mit den Faschisten. (Ich habe zu diesem Thema meine Diplomarbeit verfasst, indem ich den kemalistischen Faschismus und den Islamofaschismus Erbakans, dem Ziehvater Erdogans, in ihrer fatalen „Dialektik“ zueinander, will heißen: Frauenfeindlichkeit, betrachtete.) Mit denen sie damals schon gemeinsam Jagd machten, zusammen mit den Militärs und allen türkischen Regierungen – auf Linke.

Zum Streit zwischen mir und gewissen „linken Vertretern des türkischen Volkes“ in Deutschland kam es, als ich, damals als studentischer Praktikant in einem gemeinsamen Projekt des türkischen Volkshauses und der Fachhochschule Frankfurt, Fachbereich Sozialarbeit, Stichwort: Nachmittagsbetreuung von türkischen Kindern, der Taktik widersprach, zugunsten der Option einer opportunistischen Agitation in den faschistischen Familien (Sympathisanten der Grauen Wölfe) dieser Kinder, auf die demokratisch ausgerichtete Arbeit mit diesen Kindern zu verzichten. Der Vertreter des Türkischen Volkshauses hat mich dann, auch unter Unterstützung des Professors der Fachhochschule, aus dem Projekt hinausgemobbt. Soweit so gut wie schlecht.

Doch das betrifft nicht die gesamte Linke, sondern nur die allerdings große Mehrheit des sog. linken Mainstreams, welcher eigentlich im Wesen sozialdemokratisch ist. Und genau diese Sozialdemokraten sind es, die jetzt mit den Konservativen eine pseudo-proislamische Politik betreiben.
Doch in welchem Interesse geschieht das, also dieser Proislamismus? Natürlich im Interesse eines völlig prinzipienlosen Finanzkapitals, das den Islamismus einerseits fördert, quasi um revolutionäre Massenbewegungen vom Klassenkampf abzulenken, andererseits um genau diese islamistische Bewegungen dann zur Rechtfertigung seiner sog. demokratischen Herrschaft zu benutzen: Wir sind schließlich die Guten! Letztlich, um die „Neue Weltordnung“ durch das dadurch verursachte Chaos durchzusetzen. Das ist der Grund, warum das keine linke Politik sein kann.

Und das erklärt auch, warum der „Antiislamismus“ in denselben Diensten steht. Lenkt dieser doch davon ab, dass nicht sog. vormoderne Regimes oder Weltanschauungen der Menschheit Hauptfeind sind, sondern das Finanzkapital. Es kann also auch keine linke Politik sein, zusammen mit diesem Finanzkapital auf Antiislamismus zu machen. Damit gehen wir in die Falle der Weltordnungskrieger.
Darüber hinaus, bzw. gerade u. a. deswegen, ist linke Religionskritik nicht einfach Islamkritik. Linke kritisieren die Religion schlechthin. Oder um mit Marx zu reden: Mit Ludwig Feuerbach ist die Kritik an der Religion im Grunde abgeschlossen ((was aber für Marx bedeutete, bzw. für seine Feuerbachkritik, dass „die Kritik des Himmels (…) sich damit in die Kritik der Erde (verwandelt)“; siehe auch: „Feuerbachs Religionskritik und Marx‘ Feuerbachkritik“, von Gerd Spoo, in Linksnet; letzter Zugriff: 12.01.16!)) Und in Bezug auf Sexismus und Frauenhass ist keine der modernen Religionen besser als die andere. Alle stehen sie im Dienste des Patriarchats.

Und da sind wir beim letzten Punkt: Im Kampf gegen das Patriarchat ist das kapitalistische System das zu überwindende. Der Hauptfeind. Die letzte Bastion der theokratischen Reaktion. Die Reaktion schlechthin. Die politischen, wie auch religiösen Zustände in der muselmanischen 3. Welt sind somit hier zu verantworten. Dass die ländlichen wie städtischen Armen in den Sog dieser islamistischen Strömungen geraten, verdanken wir den Manipulationen unserer Regierungen. Deren konterrevolutionären Unterwanderungen dieser Gesellschaften. Deren geheimdienstlichen, wie militärischen Aktivitäten. Wer den Islamismus bekämpfen will, muss den Kapitalismus bekämpfen, muss jede Religion als das „Opium des Volkes“ skandalisieren. Es gibt keine aufgeklärte Religion. Jede Religion steht für Unaufgeklärtheit per definitionem. Es geht somit nicht um den Kampf gegen den Islamismus, sondern um den Kampf gegen Regimes, die die Unaufgeklärtheit der Massen benutzen und verewigen, und Obskurantismus auch dann betreiben, wenn sie sich Aufgeklärtheit auf die Fahnen schreiben. Obskurantismus herrscht nicht nur in Mekka, sondern auch im Vatikan.

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