Haben wir die Schwelle zur Barbarei schon überschritten?

Die Debatte zu Snowden reißt nicht ab. Gleich ob in konservativen oder revolutionären Lagern – die Morddrohungen regen die Gemüter gleichermaßen auf. Mein Beitrag erhält weit über das übliche Maß hinaus Zuspruch. Von einem Leser (Ximera) werde ich sogar persönlich darüber informiert, dass er meinen Beitrag jetzt gerade befürwortet hat. Das war die 101ste Befürwortung. Mitten in der Nacht, wahrscheinlich nach dem ARD-Bericht.

Haben wir die Schwelle zur Barbarei schon überschritten?
Wir haben es mit einem angekündigten Verbrechen zu tun und die ARD sendet das um 23 Uhr! Und die FAZ-Diskussionsgemeinde ergeht sich in Sarkasmen. Wie wär‘s, wenn wir uns darüber unterhielten, wie wir diesen Mord verhindern können? Oder können wir das nicht? Wie wär‘s mit einer Massendemonstration vor dem Justizministerium? Darf nur in Kiew der Regierung gezeigt werden, dass das Volk Staatsterrorismus nicht mehr länger duldet? Schon vergessen, der Mord an Anna Politkowskaja in Putins Reich? Die Welt hat sich zu Recht darüber aufgeregt. Doch wenn so etwas in Washington geplant wird, plaudern wir über die Selbstverständlichkeiten bzgl. der Aufgaben eines Geheimdienstes. Ist Snowden für uns etwa so was wie ein Gladiator im Circus Maximus? Dann hätten wir die Schwelle zur Barbarei schon überschritten.

Ich hoffe, es hilft Snowden
@Ximera: Danke, ich hoffe, es hilft Snowden. Sein bescheiden wirkendes Auftreten beeindruckt mich sehr. Ich glaube, solche Helden übersehen wir gerne. Genau darin spiegelt er eine Jugend, die viele von uns (Älteren) schon für verloren geglaubt haben. Er ist eben ob seiner scheinbaren Durchschnittlichkeit ein Repräsentant dieser Jugend. Coole Kids, die sich nichts dabei denken, wenn sie einen Riegel vor Millionenpublikum verzehren. Ich denke, es wäre eine gigantische Dummheit der USA, diesen Mann zu töten. Dann bekämen sie eine Jugendrevolte, die sich gewaschen hätte, und die Geschichte einen zweiten Spartakus.

faz.net/aktuell/wirtschaft/ard-interview-snowden-regierungsleute-wollen-mich-toeten

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4 Kommentare

  1. tricky1
    Am 31. Januar 2014 um 20:09 Uhr veröffentlicht | Permalink

    >>“Haben wir die Schwelle zur Barbarei schon überschritten?“

    Ich wundere mich wie Sie angesichts der Untätigkeit der EU nach den Flüchtlingsdramen in Medusa und kürzlich in Griechenland die Frage unbeantwortet lassen?

    Man traute sich ja nicht einmal, Snowden zu einer Befragung durch das deutsche Parlament einzuladen….

    Und dann sind diese sog. Kollateralschäden der regelmässig von den USA mit Drohnen vollbrachten Morde.

  2. Am 31. Januar 2014 um 22:38 Uhr veröffentlicht | Permalink

    Wut und Ohnmacht bilden eine Aporie
    Hallo Tricky, ich verstehe nicht, welche Antwort Sie von mir erwarten. Ich persönlich denke schon, dass wir die Schwelle überschritten haben. Wir können das auch an den Flüchtlingsdramen und unser Verhalten dazu ablesen. Doch möchte ich diese Frage natürlich nicht alleine beantworten. Es ist die Frage, die ich an die Leserkommentatoren der FAZ gerichtet habe, weil ich den Zynismus befremdlich fand. Die hohe Zustimmung zeigt mir allerdings, dass ich getroffen habe. Das ist auch eine Art Antwort. Die Wut ist groß, doch die Ohnmacht wohl größer. Wut und Ohnmacht bilden innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft eine Aporie. Es gibt innerhalb dieser Gesellschaft keinen Ausweg.

  3. tricky1
    Am 1. Februar 2014 um 16:39 Uhr veröffentlicht | Permalink

    Der 2. Satz ist die Antwort auf meine Frage 😉

    Ich denke auch, dass es _innerhalb_ der kapitalistischen Gesellschaft wie sie heute vorherrscht keinen Ausweg gibt. Aber ich bin nicht der Einzige, der darüber nachdenkt welche Änderungen dieses Systems einen Ausweg finden liessen.

    So schön die Gedanken eines funktionierenden kommunistischen Paradieses sein mögen, der real existente Kommunismus hatte mich schliesslich davon überzeugt dass das nicht funktionieren kann.

    Im Marxismus, dessen Theorien ich zugegebenermassen viel weniger gut kenne als Sie, finden sich imho interessante Denkanstösse aber leider auch keinen gangbaren Ausweg.

    Was nun?

  4. Am 1. Februar 2014 um 23:11 Uhr veröffentlicht | Permalink

    Ihre Kritik ist vollauf berechtigt.Gerade dieser Tage habe ich eine ähnlicheKritik zu beantworten gesucht. Fürs erste. Es ist die Antwort an Tyler. Ihre Meinung würde mich interessieren: http://blog.herold-binsack.eu/2014/01/den-vertrag-mit-dem-kapital-kuendigen/

Ein Trackback

  • Von „Hier scheißt jeder auf den anderen“ am 29. Januar 2014 um 17:48 Uhr veröffentlicht

    […] was an der Aufmerksamkeit seines Lehrers liegt. So brav wie naiv. Besonders dort, wo sie über die Spähaffäre plauderte. Blauäugig zu erzählen, dass die USA da in irgendeine Richtung zu bewegen sei, kommt […]

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