Wogegen die Rechte die letzte Bastion bildet

Wogegen die Rechte die letzte Bastion bildet
Ein Knicks vor den sozialistischen Wünschen der Massen machen, macht noch nicht den Sozialisten. Diese beschränken sich nicht auf die Verstaatlichung prekär gewordener kapitalistischer Bereiche. Und der Globalisierung stellen sie nicht den bürgerlichen Nationalstaat entgegen. Dennoch kann man an diesen beiden Aspekten bürgerlich-populistischer Propaganda die Eckpfeiler sozialistischer Theorie nachvollziehbar machen. Nicht mehr nur weil der Proletarier kein Vaterland hat, ist dessen Sozialismus international, sondern zunehmend eben auch, da die Bourgeoisie mit der Aufgabe der Demokratie den Nationalstaat selber opfert. Und die Zerstörung der Demokratie ist das originäre Programm der Rechte. Die Forderung nach dem „starken Staat“ ist neben ihrem kleinbürgerlichen Charakter die demagogisch-aggressive Antwort der herrschenden Bourgeoisie auf drohende Massenunruhen. Denn diese erschüttern den bürgerlichen Staat und dessen Ökonomie in seinen Grundfesten. Und dagegen bildet die Rechte die letzte Bastion.

Die Staatsmacht ist des Kapitals Vaterland
Wie Marx schon feststellte, ist das Kapital wie dessen Gegenspieler – das Proletariat (der/die Proletarier) –, international. Es mag also stimmen, dass auch das Kapital kein Vaterland hat. Vom Wesen her! Denn es gäbe kein Kapital, ohne den „inneren Markt“. Und diesen wiederum gäbe es nicht, ohne die durch das Bürgertum usurpierte Staatsmacht. Diese Staatsmacht ist des Kapitals „Vaterland“. Was wir gegenwärtig aber erleben, ist, dass diese Staatsmacht auf ihre wesentlichen Elemente hin reduziert wird. Die ökonomisch-organisatorischen, wie die politisch-repressiven. Die repräsentativen scheinen ebenso obsolet zu werden, wie der Wohlstandsaspekt. Das mag daran liegen, dass die Klassen, sozial besehen, prekarisieren, die Lohnarbeit in Sklavenarbeit verwandelt wird, die Klasse der Bourgeoisie auf eine transnationale Aristokratie reduziert. Das internationale Wesen des Kapitals scheint doch noch zum Vorschein zu kommen. Kurz bevor es von der Bühne abtritt. Bei 1000 Zeichen, Herr Müller, muss man an den Leerzeichen sparen.

Wie eine feindliche Nation
Ich könnte jetzt antworten, Herr Hinterhuber: „Weil ich ein Proletarier bin“. Aber, abgesehen davon, dass das nicht ganz korrekt wäre, denn Proletarier bin ich nur von meiner Herkunft her, wäre diese Aussage auch völlig unwissenschaftlich, schlichtweg falsch, bzw. eine nichtmarxistische. Die Klasse der Proletarier, also das Proletariat, jetzt möchte ich es nicht nur Herrn Müller zuliebe mal korrekt ausdrücken, hat deshalb kein Vaterland, weil seine Klasseninteressen nur international vertreten werden können. Wenn es diese nicht den Konkurrenzinteressen des Kapitals, also dem bürgerlichen Chauvinismus, geopfert sehen möchte. Der bürgerliche Staat tritt diesem Proletariat als Feind gegenüber, nicht nur als die politische Organisation des Kapitals, sondern darin zugleich wie eine feindliche Nation. Die „Nation der Proletarier“, von der im Manifest der Kommunistischen Partei die Rede ist, ist allerdings nur metaphorisch zu verstehen, denn wie gesagt: der Proletarier hat keine Nation.

faz.net/aktuell/politik/marine-le-pen-eine-frau-will-an-die-macht

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4 Kommentare

  1. tricky1
    Am 15. Oktober 2013 um 17:49 Uhr veröffentlicht | Permalink

    >“Und die Zerstörung der Demokratie ist das originäre Programm der Rechte“ (n Parteianhänger)

    Das stimmt in dieser Allgemeinheit nicht für ganz West-Europa.

  2. Am 16. Oktober 2013 um 08:25 Uhr veröffentlicht | Permalink

    Geistige Täter sind sie immer
    Nun ja, die Frage ist wirklich: worüber reden wir? Wenn ich „rechte Parteien“ meine, und davon rede ich, dann sind das Parteien, die die Massen auf der Grundlage einer chauvinistischen, resp. rassistischen (antisemitischen), ergo auch u.U.: sexistischen Propaganda (siehe Berlusconi) mobilisieren wollen. Und um genau eine solche Partei handelt es sich bei der Front National. Anhänger einer solchen Partei mögen sich subjektiv davon nicht betroffen fühlen. Das tut aber nichts zur Sache. Wenn sie eine solche Partei unterstützen, verfolgen sie eben genau diese Ziele, bzw. folgen sie einer solchen Propaganda. Die Demagogie der Führer solcher Parteien schließt natürlich mit ein, dass sie ihre Ziele nicht offen zur Schau tragen. Wie ich das zum Beispiel bei dieser Le Pen erkenne. Aber auch Populisten wie Berlusconi gehören in dieses Spektrum. Im Übrigen hätte ich auch einen Franz Josef Strauß dazu gezählt, ähnlich darin dem Haider. Ohne dass jetzt gleich die ganze CSU oder auch die FPÖ damit als rechtsradikal zu bezeichnen gewesen wären. Aber die Grenzen sind dort fließend. Wie gefährlich rechtspopulistische Parteien sein können, ohne dass sie sich als rechtsradikal geoutet hätten, können wir an der Tragik eines Breivik nachvollziehen. Deren Aktivitäten tragen zum Erodieren der Demokratie bei, gleich ob sie das offen als Ziel angeben oder nicht. Sie befördern undemokratische, antidemokratische, rassistische Haltungen innerhalb der Massen. Geistige Täter sind sie dabei immer.

  3. tricky1
    Am 16. Oktober 2013 um 10:50 Uhr veröffentlicht | Permalink

    „Und die Zerstörung der Demokratie“ ist mit Ihren Erläuterungen noch gar nicht erhärtet worden. Ich will ja nicht bestreiten, dass gewisse rechts orientierte Parteien (genau so wie die linken und alle übrigen) ihre wahren Ziele und Taktik nicht immer offen legen, aber das ist ein ganz anderes Thema.

    Genau so wie wie viele Rechten nicht in der Lage sind, Ziele und Motivationen der Linken nachzuvollziehen, unterliegt Ihre Darstellung einem unzutreffenden Vorurteil.

    Praktisch nur noch in Deutschland gibt es organisierte Nachfahren des grossen Führers, die sich die Abschaffung der Demokratie erträumen. Und die Schandtat Breikviks kann man nicht ernsthaft einer bestimmten Partei anlasten.

    In der Schweiz hat man vor Jahren versucht die SVP in diese Schandecke zu stellen, weil sie als einzige Partei gegen den EU-Beitritt war. Es ist aber ein zu billiges Argument. Gegen die Mehrheit von Regierung, Parlament und Parteien wurde in dieser denkwürdigen Volksabstimmung der Beitritt vom Volk mehrheitlich abgelehnt, und heute sind sehr viele damalige Befürworter sehr froh darüber.

    Wenn die FAZ genüsslich die Verurteilungen von Hr. Le Pen ausschlachtet, so muss man bei genauem Hinschauen feststellen, dass der überwiegende Teil wegen sog. rassistischen Aussagen erfolgte, welche nach meiner unmassgeblichen Meinung zur Denk- und Meinungsäusserungsfreiheit gehören müssten. Solche juristischen Maulkörbe gehören in Westeuropa abgeschafft. Es soll sich jeder mit rassistischen Äusserungen selber blamieren dürfen!

    Dieselbe FAZ berichtet dann über Alarm im Roma Getto Dortmund. Man beachte die Wortwahl Alarm und Getto. Für diese Headline wäre Le Pen in Frankreich verurteilt worden!

    Die Tochter führt eine legale Partei welche die ungebremste Einwanderung mit Slumbildung und andere Missstände offen anprangert, und hat wie die SVP in der Schweiz damit Erfolg. Haider in Österreich ist wegen finanziellen Ungereimtheiten verurteilt, aber man nenne mir irgend eine grössere Partei der Nachkriegszeit in West und Ost, welche da eine absolut weisse Weste hat.

    Indem man nationalistisch/konservativ orientierte Parteien aus allen anderen politischen Lagern verunglimpft löst man kein einziges Problem!

  4. Am 16. Oktober 2013 um 12:03 Uhr veröffentlicht | Permalink

    Die Schweizer sind über ihr Pfahlbürgertum nie hinaus gewachsen
    Ich verstehe Ihre Haltung, zumal Sie das Beispiel der Schweiz erwähnen. Doch sich „blamieren lassen“, bedeutet nicht, dass die Kritik überflüssig wird. Im politischen Kampf geht es immer auch um Ideologie. Zunächst fast immer um falsche Ideologie. Der wir alle folgen, wenn wir nicht unser Bewusstsein schärfen. Am Beispiel Haider ließe sich zeigen, wie leicht ein Volk verführbar ist. Und Breivik kann man definitiv einer bestimmten Partei zuordnen. Ich habe darüber geschrieben.

    Am Beispiel der Schweiz lässt sich erkennen, wie sehr Hegel recht hat. Mit seiner „Phänomenologie des Geistes“ belegt er sehr anschaulich, wenn auch durchaus kritisierbar, da auf idealistische Weise (Stichwort: Weltgeist), wie aufwändig der Kampf um ein nicht falsches Bewusstsein ist. Nämlich dann, wenn es das Alltagsbewusstsein hinter sich zu lassen hat. Wenn es um wahre Erkenntnisse zu ringen hat.

    Die Art, wie die Schweizer „ihre Demokratie“ verteidigen, zeigt nicht selten, als quasi „negative Dialektik“, dass die Mehrheit nicht immer recht hat. Es geht den Schweizern immer erst um den Wohlstand, den eigenen, dann, wenn überhaupt, um die Freiheit. Ihre spezielle Freiheit. Und genau da schlägt die Falle des Chauvinismus zu.

    Und dieser ist der Pferdefuß der bürgerlichen Demokratie schlechthin, die Fußangel an der Freiheit. Der große Verführer weg von der Demokratie. Und vielleicht ist das der Grund, warum die Gefährdung der Demokratie nicht ausschließlich von dem kommt, was wir „rechts“ nennen. Sie kommt direkt aus der Mitte heraus. Aus dem sog. Mittelstand. Auch mit Kleinbürgertum, oder „Pfahlbürgertum“, wie Marx sich ausdrückte, übersetzt.

    Die Freiheit ist immer die der anderen, zitiere ich jetzt mal aus dem Gedächtnis Rosa Luxemburg. Und genau das bedeutet, dass die eigene Freiheit relativ ist. So wie der eigene Wohlstand.
    Wo die Massen auf dieser Welt an Hunger leiden, dürsten, unterdrückt sind, ist der eigene Wohlstand immer auch etwas anrüchig.
    Die Schweizer sind über ihr „Pfahlbürgertum“ nie hinaus gewachsen. Daher ihre diktatorische Art, „ihre“ Demokratie zu verteidigen. Ihren Wohlstand. Ja ihre privilegierte Stellung.

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