Was müssen wir tun?

Was müssen wir tun?
@Böttcher: Doch bei der Frage: Wie wollen wir leben?, gesellt sich spontan die Frage hinzu: Wie können wir leben? Also, was müssen wir tun, um so leben zu können, wie wir entschieden haben, zu wollen. Wollen und Können befinden sich in einem dialektischen Verhältnis, welches sich als eine Art Übereinkunft darstellt. Doch in aller Regel wissen wir gar nicht, dass wir so eine Übereinkunft eingegangen sind. Denn sie stellt sich innerhalb des Kapitalverhältnis‘ dar, welches wir akzeptiert haben, ohne je danach gefragt worden zu sein. Wir haben akzeptiert, dass ein Teil der Gesellschaft sich zum Eigentümer an den Produktionsmitteln gemacht hat, und damit gleichzeitig den anderen Teil zum Lohnarbeiter. Die ökonomische Grundlage für diese Übereinkunft ist die Trennung des Produzenten vom Konsumenten. Doch das sog. Informationszeitalter stellt genau diese Trennung wieder in Frage. Indem wir das erkennen, deutet sich uns eine neue Übereinkunft an. Und dagegen sucht das Kapital sich zu schützen.

Verträge kann man kündigen
Ich gebe Ihnen Recht, Frau Böttcher. Doch „bevor man sich vereint, muss man sich entschieden voneinander abgrenzen“ (Lenin). Und abgrenzen muss man sich von den Ewig-Glaubenden, den Gläubigen des Kapitals. Ich folge da der Erzählung des persischen Dichters Hafiz. So berichtet er, dass die Menschen mit Gott „einen Vertrag“ eingegangen sind. Und Verträge haben einen Beginn. Es gibt einen Tag X, wo der Vertrag abgeschlossen und damit auch einen Tag Y, wo er womöglich wieder gekündigt wird. Der Glaube an Gott hat also einen Beginn und ein Ende. Darin sehe ich das Wesen seiner Allegorien und erkenne damit den islamischen Häretiker; was das theokratische Regime natürlich leugnet. Solche Sätze werden dort mit der Todesstrafe belegt. Und wenn uns das Kapital seine Gesellschaftsordnung als „natürliche“ verkaufen will, will es uns auf ewig an diesen Glauben binden. Wir sind einen Vertrag eingegangen; und Verträge kann man kündigen.

Die Technik, das Subjekt und Karl Marx
Gefällt mir, was Sie da schreiben, Herr Ximera. Vor allem auch unter dem Aspekt, dass ich endlich nicht mehr der einzige bin, der es wagt, als Leserkommentator in einer konservativen Zeitung, sich offen auf Karl Marx zu beziehen. Ich halte es natürlich nicht für einen Zufall, dass solches geschieht, denn diese Krise bringt zum Vorschein, dass Karl Marx nicht nur in diesem Zusammenhang richtig lag (einschließlich Ihrer Interpretation, die ich teile). Bezüglich des hier besprochenen Verhältnis‘ von Technik und Subjekt, um das es ja eigentlich geht, verweise ich auf den hochinteressanten um nicht zu sagen: provokanten Blogeintrag von Dannie Jost, in dieser Zeitung: „Ach, analog, digital — Quanten! Blitzkurs für alle Feinde des Digitalen und Technologieverächter“ und den Kommentaren dazu.

faz.net/aktuell/morozov-antwortet-lobo-wir-brauchen-einen-neuen-glauben-an-die-politik

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  • Von Den Vertrag mit dem Kapital kündigen am 21. Januar 2014 um 10:50 Uhr veröffentlicht

    […] in „Was müssen wir tun“ schreibe ich – an Morozov gerichtet: „Wollen und Können befinden sich in einem dialektischen […]

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