Die französische Regierung rächt sich mit diesen, den Polizeistaat kaum noch zu verhüllen suchenden Maßnahmen an den Gelbwesten, d.h. an der Masse des Volkes. Zugleich setzt sie darin den Tenor, um nicht zu sagen: Terror ob der behaupteten „islamistischen Anschläge“ fort. Und zeigt darin erneut, wie aposteriori, wozu ihr der Terrorismus dient. Sind doch Terrorismus und Staatsterrorismus nicht nur Namensvettern. Doch fragt man sich, warum ausgerechnet Frankreich im kapitalistischen Westen das Land ist mit dem schärfsten „Coronaregime“? Warum kann die französische Bourgeoisie nicht mehr ohne Terror herrschen? Zunächst war und ist Frankreich das Land mit der höchsten Staatsquote, will heißen: einer vom Staat regierten Wirtschaft. Einer vom kapitalistischen Staat kontrollierten Wirtschaft. Schon Marx hat sich über die französischen „Rentiers“ ausgelassen. Womit er in vorimperialistischer Zeit auf die Abhängigkeit des französischen „Wohlstandes“ von der Börse meinte. Jener Institution, die nicht nur in Frankreich, sondern überhaupt für die eigentliche Macht im Kapitalismus steht. Vermittelst des Taktstockes, der von dieser Macht ausgeht, regiert sie via „Herdentrieb“ das gesamte Leben im Kapitalismus. Doch in dieser Kritik steckt noch mehr, nämlich ein Hinweis auf die subjektive und sozialspychologische Seite dieser Macht. Nämlich der schon notorische Hang nicht nur seitens der Beherrschten, sondern mehr noch und gerade der Herrschenden, sich einer solchen Macht zu unterwerfen. Sie rekurriert auf den sadomasochistischen Aspekt eines solchen Regimes. So betrachtet wären die jakobinischen Exzesse nur die andere Seite des Sadomasochismus eines gewissen und solchermaßen dezidiert antirevolutionären Marquis, und vice versa. Oder nehmen wir ein bekanntes Werk aus der modernen Literatur. Wir wissen ja inzwischen, dass die „Geschichte der O“ von einer anonymisierten Geliebten eines französischen Ministers verfasst wurde. Darin als Geschenk an ihren Geliebten – als Beweis ihrer Liebe – ihrer „Unterwerfung“. Und ja, die „Unterwerfung“, da haben wir sie, diese nun schon als popmodern zu kennzeichnende nihilistische Obsession jenes bekannten französischen Künstlers. Nun ja, nicht von ungefähr sind Philosophie und Kunst in Frankreich Teil der Staatsräson – wie wir wissen. In der scheinbar aufmüpfigen, doch sich als krud pornographisch-antimuslimische Selbststilisierung jenes
Michel Houellebecq entäußern sich alle Elemente eben jener zur unerträglichen Verträglichkeit verkommenen Synthese zwischen sexueller Obsession und politischer Unterwerfung. Entäußert sich die ganze Hässlichkeit der ultimativen Lusterfahrung in der inszenierten Kapitulation. In der Person eines hässlichen Houellebecqs spiegelt sich allerdings weniger der selbstverliebte Schönling als das sich selbst hassende Monster. Darin die janusköpfige Seite des Narziß. So wie in der Wirklichkeit, wo das Objekt der Begierde sich in der Realität des begehrenden Subjekts spiegelt. Darin sich in seiner Unvollkommenheit ob der unübertreffbaren Schönheit wie Wahrheit des Realen erkennend. Und im Untergangsszenario der Grande Nation zeigt sich nicht von ungefähr der Untergang der kapitalistischen Epoche schlechthin, als Vorwegnahme der Tragödie in der absurden Komödie. Darin zugleich auch die Form dieses Untergangs offenbarend, nämlich als „Unterwerfung“ unter das Unvermeidliche – das „Alternativlose“. Doch die Form der Unterwerfung ist nicht zu verwechseln mit Kapitulation und schon gar nicht vor dem Klassengegner, bedeutet also mitnichten so etwas wie eine Revolution von oben, eine „Transformation“ in einen „grünen“ oder „sozialen“ Kapitalismus, oder, um mit Wagenknecht zu sprechen, eine Marktwirtschaft ohne Kapitalismus, nein: sie bedeutet nur die innere Kapitulation – die Offenbarung der verinnerlichten. Darin lediglich eine besonders perverse Form der Aggression. Es gibt da eine spezielle Erscheinungsform des „Borderliners“, die dem am nächsten kommt. Man nennt sie passiv-aggressiv. Ein solcher Typus ergibt sich seiner psychischen Störung, in dem er sie um so aggressiver nach außen trägt. Er wehrt sich erst gar nicht, er genießt es. Darauf setzend, dass das auf den anderen übertragene Leid ihm seines nimmt. Kurz: Diese „Unterwerfung“ kennzeichnet die höchste Form der Aggression, nämlich in der Delegation der ständig zu ertragenden Frustration an einen Dritten. In der Regel an den, der einem am nächsten steht, vielleicht sogar einem am ähnlichsten ist. Dessen Vereinnahmung für die Rolle des Opfers, statt einem selbst. Darin ein Akt des psychischen Kannibalismus‘ also. Und exakt dieser Kannibalismus ist es – Robert Kurz nennt ihn Autokannibalismus -, der die gegenwärtige Epoche kennzeichnet. Die herrschende Generation, die Generation der Herrschenden, frisst die Zukunft ihrer Kinder. Verspeist deren Lebensgrundlagen. Frisst sich darin selbst. Was ja die Fridays for Future-Bewegung so klar zu erkennen vermochte. Insofern ist der eigentliche Gegner dieser Lockdownpolitik eben exakt diese Jugendbewegung. Deren offene Rebellion. Eine Rebellion zunächst aus dem innersten der Herrschenden selbst. Eine Jugend, die nichts mehr zu verlieren hat. Bis auf ihre Verbündeten: die aufmüpfigen Alten – aus allen subalteren Klassen und Schichten. In Frankreich nennt man sie Gelbwesten. In Deutschland: Querdenker. Es ist dies ein diffuses Bündnis all derer, die instinktiv die Gefahr erkennen, doch aktuell noch weit davon entfernt sind, das ganze Ausmaß jener Gefahr, deren historisch-ökonomischen, polit-ideologischen, wie kulturell-existenziellen Dimensionen darin, zu erkennen. Immer noch hoffend, es gäbe einen Weg zurück, einen konservativen Weg, einen Weg, der eigentlich gar keiner ist, denn eine Sackgasse. Das Pandemienarrativ ist die Hülle für einen globalen Krieg, der durchaus das Potenzial hat, die Menschheit zu vernichten. Für den ganz großen Raubzug. Wohlgemerkt: nicht das „Virus“, was auch immer das sein mag, nein: das Narrativ. Weil dieses Narrativ das bewirken soll, was der passiv-aggressive Borderliner zu delegieren sucht: Das Ergeben in sein Schicksal. Doch zugleich ist das der unvermeidlich anstehende Endkampf zweier Epochen, ja zweier Zeiten. Der Kampf zwischen der letzten aller Klassengesellschaften wider nun fast die gesamte Menschheit. Auf der einen Seite steht das Reich der Notwendigkeit, das Reich der Not, der Unwissenheit und finsterster Albträume – nicht von ungefähr geplagt von dem Albtraum eines „Krieges gegen das Virus“, wie Macron das sinnigerweise zum Besten gab, auf der anderen Seite das Reich der Freiheit, dem Ende der Not wie besonders darin der „selbstverschuldeten Unmündigkeit“. Wer geglaubt hat, dass das kein „Jahrhundertereignis“ wird, wie Spahn da noch und darin selber ob des wahren Kerns seiner Aussage völlig im Unklaren, glaubte eine Weisheit zum Besten zu geben, muss sich jetzt endlich besinnen. Das gilt besonders für eine Linke, die glaubt, sie könne dieses Ereignis quasi im warmen Nest der Bourgeoisie verschlafen. Wer den Endkampf zwischen „Barbarei und Sozialismus“, wie die Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus – Marx und Engels – dies Ereignis betitelten, zu verschlafen sucht, wird nicht mehr aufwachen. Mal abgesehen davon, das ich glaube, dass es kein Jahrhundertereignis, sondern ein Jahrtausendereignis sein wird, dem sehr wahrscheinlich der größte Teil der Menschheit zum Opfer fallen wird, sollte das für einen Linken, einen revolutionären Linken, die grauenvollste Dystopie sein. Nämlich abwesend zu sein beim größten Drama der Menschheitsgeschichte.
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