Die „Wohlstandschauvinisten“ sind wir; oder auch: „Küsst die Faschisten wo ihr sie trefft!“

Angesichts der in letzter Zeit immer aggressiver vorgetragenen innerlinken Kritik am sog. „katalanischen Wohlstandschauvinismus“, ganz besonders hervor tun sich da die „antideutschen“ Provokateure um das Szeneblatt jungle world, wird es für die revolutionären Marxisten (diese Unterscheidung ist leider überfällig, ob solcher raffiniert vorgetragener pseudomarxistischer Pamphlete, wie ich sie im folgenden Beitrag aufspieße), höchste Zeit so vereint wie hart zurückzuschlagen. Aber vielleicht ist das wieder mal die große Gelegenheit in der Ungelegenheit. Denn die Vereinigung der Marxisten kann nur im revolutionären Kampf geschehen, gegen die Klassenfeinde außerhalb wie innerhalb ihrer Reihen.

Jungle world konnte in letzter Zeit immer wieder punkten ob des Antisemitismus, der unzweifelhaft auch in den Reihen der Linken kursiert. Eine Kritik war fällig, vom marxistichen Standpunkt aus, welche auch selber nicht vor der Kritik an Marx halt macht. Denn leider ist auch die marxistische Theorie eben nicht aus einem Guss, wie Stalin immer zu behaupten suchte, sondern auch sie hat eine Geschichte, in welcher auch Brüche enthalten sind, die nicht immer nur den Brüchen der Geschichte folgen, sondern darin eben auch und gerade den Unzulänglichkeiten der jeweiligen Zeit. Allerdings ist der Vorwurf des Antisemitismus´ auch(!) eine Keule, nämlich besonders des deutschen Kapitals, zwecks Bekämpfung der Linken von innen heraus. Ein doppelheftiges Schwert quasi. Einmal schlägt es mit dem Antisemitismus zu, dann mit dem Vorwurf desselbigen. Es bedarf der ganzen Kraft des marxistischen Denkens, seiner dialektischen Theorie und Methode, um sich solcher Angriffe so geschickt wie wehrhaft zu erwehren. Durch die antisemitisch konnotierte und solchermaßen reduzierte Kapitalismuskritik wird die marxistischen Theorie daran gehindert, ihre ganze Kraft zu entfalten, durch den Vorwurf des Antisemitismus, dann allerdings meist an falscher Stelle und mit falschen Argumenten, wird dann das was noch übrig bleibt – an Theorie – sterilisiert. Letztendlich wird dem Marxismus unterstellt, dass sein Klassenkampfkonzept selber rassistisch, bzw. antisemitisch sei. Dieser Vorwurf stimmt aber immer nur dann, wenn der Klassenkampf nicht als internationaler Kampf begriffen und gehandhabt wird. Dann wird der Klassenkampf zu einem Objekt der sozialchauvinistischen Arbeiteraristokratie und Arbeiterbürokratie. Und dieser Angriff auf die revolutionäre Bewegung ist der ständige und somit gefährlichste überhaupt. Gefährlich auch, da die Arbeiterbewegung nicht aus sich heraus den Klassenkampf als politischen Kampf zu führen versteht, sie also abhängig ist von der marxistischen Kritik. Eine Kritik, die immer auch Selbstkritik sein muss. Selbstkritik der Führer wie der Massen selber.

Die Antideutschen greifen also die Achillesferse des Marxismus an, dessen Hauptanliegen, nämlich der Verbindung der revolutionären Theorie mit dem Kampf der revolutionären Klasse, der Umwandlung der „Waffe der Kritik in die Kritik der Waffen“ (Marx). Sie denunzieren dabei aber nicht hauptsächlich die wirklichen Fehler, sondern suchen diese Fehler zu missbrauchen, um ihr eigenes linksbürgerliches Konzept durchzusetzen. Ihr Sozialismuskonzept ist reine Apologie, nämlich des Korporatismus, wie er im jüdischen Kibbuz praktiziert wird. Dieser Kibbuz ist nichts anderes als ein Militärstaat nach dem Vorbild des antiken Sparta. Ein Frontstaat nach allen Seiten. Fortschrittlich schillernd aber nur da, wo seine Feinde noch reaktionärer sind. Die Spartaner schlachteten regelmäßig ihre Heloten ab, die faktisch wohl Sklaven waren, dennoch aber noch nicht auf der Grundlage der Ökonomie jener Sklavenhaltergesellschaft, wie sie sich ringsum schon bereits herausgebildet hatte. Also ob eines reaktionären Beharrens auf bereits historisch obsoleten Strukturen. So besehen, kein Zufall, diese faschistisch anmutenden Methoden, die Heloten abzuschlachten, zwecks Erhaltung der Wehrfähigkeit der Spartaner. Doch revolutionär dort erscheinend, wo sie, wie es scheint, weniger frauenfeindlich auftraten als ihre attischen Brüder im Norden – die muslimischen Palästinenser lassen grüßen: dort wo die griechische Ehefrau die erste unter den Sklavinnen war (ich verweise an dieser Stelle immer wieder auf Bornemanns „Das Patriarchat“). Gleichberechtigte und gar militärisch ausgebildete Frauen, das gab es damals nur im antiken Sparta, abgesehen von den mythischen Amazonen, oder auch eben heute im Staate Israel. Bezüglich der in letzter Zeit bekanntgewordenen sexuellen Übergriffe auch eben innerhalb der so „fortschrittlichen“ israelischen Armee müssen wir uns an dieser Stelle jetzt nicht explizit auslassen. Doch selbstredend folgen sie dem Muster patriarchalischer Übergriffe schlechthin. Auch in der Bundeswehr – inzwischen ist die israelische Armee nicht mehr die einzige, in der Frauen rekrutiert sind – wurden und werden Frauen sexuell misshandelt, bzw. eben auch in der USA, wie erst kürzlich öffentlich wurde. Der „Charme“ eines solchen Vergleiches bietet sich wirklich an (wobei ich glaube, dass die spartanische Kämpferin wesentlich besser behandelt wurde als sie in unseren aufgeklärten Armeen das je wird).

Die historisch einmalige Situation eines jüdischen Staates, dessen Existenzberechtigung, ob des erlittenen Holocaust, jedenfalls nicht von der Linken, in Zweifel gezogen wird, macht es nun so möglich wie opportun, diese Situation auszunutzen, um den Marxismus permanent in einen inneren Konflikt zu treiben. Der Staat selber ist historisch obsolet. Zunächst der letzte aller Klassenstaaten, der kapitalistische, dann aber auch der sozialistische, treten ab, zugunsten einer freien Vereinigung freier Bürger. Daraus ergibt sich nur eins: der jüdische Staat hat nur insofern ein unangreifbares Existenzrecht, als er dieses nicht selber in Frage stellt. Und selbstredend stellt ein kapitalistischer Staat seine Herrschaft, ob des damit aufkommenden Klassenkampfes, jederzeit in Frage. Das bedeutet in der Praxis: der jüdische Staat wird gegen jeden verteidigt, der die „Juden ins Meer zu treiben“ gedenkt, nicht aber gegen seine inneren nämlich Klassenfeinde. Und das vom jüdischen Staat unterdrückte Volk der Palästinenser ist kein äußerer Feind, sondern u. U. Teil, der nämlich national unterdrückte Teil, jener inneren Feinde.

Und hier setzt die antideutsche Subversion gegen den Marxismus an. Sie denunziert auch diesen Klassenkampf, wie auch nationalen Befreiungskampf, als antisemitisch! Sie spielt das moderne trojanische Pferd in der revolutionären Bewegung der Arbeiterklasse. Und diese Rolle spielt sie jetzt ganz geschickt auch im Fall des Widerstandes des katalanischen Volkes. Geradezu als Abklatsch ihres „monströsen Anti-Antisemitismus“, wie ich unten schreibe. Dort wie hier: Die Palästinenser provozieren die Juden. Und der katalanische Separatismus provoziert den spanischen Nationalismus. Und an dieser Stelle hört der Spaß jetzt auf. Diese Art von Demagogie kann nicht mehr als einen innerlinken Diskurs aufgefasst werden. Das ist der unmittelbare Angriff der herrschenden Bourgeoisie gegen das revolutionäre Proletariat. Und gegen eine solchen Angriff rufe ich jetzt mit Tucholsky aus: „Küsst die Faschisten wo ihr sie trefft!
Den folgenden Beitrag habe ich zunächst auf meiner Facebook-Seite gepostet. Siehe auch: facebook.com/herold.binsack/

„Der katalanische Separatismus fordert den spanischen Nationalismus heraus“. Aha, endlich verrät Jungle World seinen Klassenstandpunkt. Der spanische Nationalismus ist also die Reaktion auf den katalanischen Separatismus. Mit dieser These ragt das Sturmblatt der linksbürgerlichen „Antideutschen“ weit in die Reihen des Faschismus hinein. Nicht nur des spanischen, dem „Franquismus“, sondern gerade in Deutschland, auch in den deutschen. Der ganze antideutsche Popanz, samt seines geradezu monströsen Anti-Antisemitismus, erweist sich hier mal wieder als ein einziger Betrug der deutschen bürgerlichen Klasse selber. Es ist daher kein Wunder, dass dieses Blatt, welche die Linke permanent mit ihrem linksbürgerlichen Radikalismus zu penetrieren sucht, in der Katalonienfrage nach Stürmerart alle demagogische Register zieht, und schließlich die Faschisten als Opfer der Separatisten zu entlasten sucht und die Katalanen als Aggressoren denunziert. Nicht das Kapital, das im Zweifel immer faschistisch agiert, sondern die Völker, die sich davon zu befreien suchen, sind der Hauptfeind. Interessant, dass bei dieser Gelegenheit der Deutsche als der ewige Wiedergänger des Nazismus plötzlich auf der richtigen Seite zu stehen scheint. Denn die „Antideutschen“ dürfen sich da sicher wähnen mit der Mehrheit der Deutschen. Und wo sie den Katalanen Wohlstandschauvinismus zu unterstellen suchen, offenbaren sie instinktsicher jener Deutschen Zukunftsängste. Eine freudsche Fehlleistung klassischen Zuschnitts. Es sind sie, die Wohlstandskinder des bis dato noch Vereinten Europas, welche da die Quellen des Reichtums zu verteidigen suchen – mit allen Mitteln. Wenn an den Rändern Europas die Völker aufbegehren, weil sie nämlich anfangen, den Reichtum des Nordens zu durchschauen, nämlich als die Kehrseite der ihnen aufgezwungenen Opfer, als Ursache ihrer Armut, dann sind sie bösartige Separatisten – „Wohlstandschauvinisten“. Es fehlt bloß noch der Vorwurf des Vaterlandsverrats. Denn richtig: soll es doch das Europa der Vaterländer sein. Und siehe da: sie gefährden den Wohlstand dieser Vaterländer – jener des Nordens. Doch vergessen wir eins nicht: in Spanien mag Katalonien als Wohlstandsenklave gelten, doch wie immer täuscht die bürgerliche Statistik darüber hinweg, dass jeglicher Wohlstand immer nur der bürgerlichen Klasse zugutekommt. Aus der Perspektive des Klassenkampfes ist Spanien einschließlich Kataloniens ein rückschrittliches Land, ein abhängiges Land. Und das schmerzt natürlich die so stolzen wie sich ihrer Geschichte bewussten Katalanen besonders. Sie nehmen diese Rolle nicht mehr länger hin, und lassen sich daher auch nicht mehr von den „Hampelmännern“ dieses Kapitals an der Nase rumführen und für einen somit längst lächerlich gewordenen Nationalismus missbrauchen. Ein Nationalismus, der offenbar ohne den Reichtum seiner von ihm botmäßig gehaltenen nationalen Minderheiten nicht selbständig zu existieren vermag. Die Wohlstandschauvinisten sind somit jene spanische Nationalisten, die ihrem Volk offenbar nicht mehr als nationalistische Phrasen auf den Frühstücksteller zu servieren verstehen!

jungle.world/artikel/2017/43/verkuerzte-katalanismuskritik

   Sende Artikel als PDF   
Dieser Beitrag wurde in Arbeit und Kapital, Krise des Kapitals veröffentlicht. Ein Lesezeichen auf das Permalink. setzen. Kommentieren oder einen Trackback hinterlassen: Trackback-URL.

Einen Kommentar hinterlassen

Sie müssen angemeldet sein, um zu kommentieren.