Der arabische Aufstand, der Europa erschüttert
Mit naivem Augenaufschlag schauen wir der Geschichte frech ins Gesicht! Waren es nicht wir, die mit unseren Kriegen (auch und gerade um das Öl) ganz Arabien in unseren Dienst stellten? Schon Bonaparte, ließ mit dem Bau des Suezkanals, entlang dieses Kanals, eine Kopie Frankreichs entstehen und damit auch die Nachkommen jener Klasse, aus der sich bis heute die dortigen Herren rekrutieren. – „Soldaten“ ja, aber nicht die ihres Volkes. Dann kam jene englisch-französische Verschwörung (mit eines Lawrence von Arabien traurigen Gestalt), die dann einen Operettenscheich (vgl. mein: „Es wird bald zurück geschossen“, aus „Deus ex machina“/„Ägypten abgeklemmt aber nicht unverkabelt“) nach dem anderen auf den Thron setzte. Dann der 2. Weltkrieg und die neue Aufteilung auch und gerade dieser Welt. Von da an erledigen die Geheimdienste dort ihr dreckiges Geschäft. Ein Mann des Militärs?, ja, das war er auch, der letzte Diktator dort – und dessen Geheimdienst. Ich rede schon in seiner Vergangenheit, denn die Zukunft ist bereits Gegenwart. Vielleicht kommt er jetzt, der arabische Aufstand, der mit Lawrence in Akaba sein (vorläufiges) Ende fand, welcher jetzt aber endlich Europa erschüttert.
Wenn die Opfer nicht umsonst sein sollen
@Mayer: Wenn hier der Eindruck entstanden sein sollte, dass ich über Aufstände oder Revolten freudig erregt sei, dann möchte ich das schon korrigieren. Aufstände sind in Klassengesellschaften unvermeidlich, deswegen aber noch lange kein Grund zur Freude. Ich sterbe mit jedem Einzelnen, der in solchen Aufständen zu Schaden kommt, sein Leben gar verliert. Aber ich lebe mit jedem Tag wieder auf, an dem ein solcher Aufstand positive Früchte hervor bringt. Und um diese geht es – die positiven Früchte. Nicht zynisch kommentieren möchte ich solches, sondern möglichst optimistisch, dennoch real. Meinen Optimismus (meine „freudige Erregtheit“) schöpfe ich aus meinem Vertrauen in die Massen, was sich oft in den Anfangstagen solcher Aufstände als berechtigt erweist. Wenn dann aber die alten Mächte, die ja mehr als erfahren im Umgang mit der Manipulation dieser Massen sind, jede nur denkbare Gelegenheit zur Konterrevolution nutzen, dann wird von den Massen erwartet, dass sie klüger sind als solch erfahrene Spezialisten. In Sachen Macht. Hier kommt dann meine Hoffnung hinzu, dass kein Opfer umsonst gewesen ist. Und all die Opfer wären umsonst, wenn Europa da nicht getroffen wäre, denn Europa ist das Zentrum der Konterrevolution.
Wenn es zweckmäßig ist, springt der einzige Verbündete über die Klinge
@Sundt: Ich würde das israelische Regime nicht als liberale Demokratie bezeichnen, bestenfalls als liberaler Militärstaat, den man vielleicht, wenn dieser Vergleich nicht völlig unhistorisch wäre, mit dem antiken Sparta gleich setzen könnte. Aber so wenig damals Sparta als Demokratie durchgehen konnte, im Verhältnis zu Athen, so sehr war eben auch dieses Athen immer auch eine Diktatur, die der herrschenden Klasse, und manchmal auch die von Tyrannen. Und während die Militärdiktatur Spartas den Mitgliedern der Herrenschicht eine quasi liberale, wenn auch weitestgehend korporatistische Verfassung ermöglichte, schlachtete sie regelmäßig ihre Heloten ab. So in etwa könnte man auch das Verhältnis zwischen dem jüdischen Israel und Palästinensern beschreiben. Rein polemisch hingegen ist Ihre Unterstellung, dass die Linke in den Islamisten sowas wie Jakobiner oder Bolschewiki sähe. Als Münzersche Freischärler habe ich sie mal beschrieben, auch hierbei wissend, dass dieser Vergleich unhistorisch wäre. Ebenso fundamentalistisch wie bäuerlich-kleinbürgerlich sind sie aber allemal. Und was die USA betrifft, nun ja: der imperialistische Pragmatismus kennt keine Verbündete, sondern nur Zweckmäßigkeit. Wenn es zweckmäßig ist, springt der einzige Verbündete über die Klinge.
Deutsch wie doppelzüngig
@Zießler: Oh ja, das ist den Deutschen geradezu auf den Leib geschneidert. Und der Papstbesuch, der des „deutschen Papstes“, in „Palästina“ – nicht in Israel (!) – war dessen deutlichster Beleg für. Doppelzüngig, wie nun mal die deutsche Diplomatie schon immer war. Dieser Strategiewechsel in den USA begann nicht mit Obama, sondern zeigte sich erst mit ihm! Mit dem Krieg gegen den Irak hat die Bush-Administration das Kräfteverhältnis in dieser Region zuungunsten des Staates Israel verschoben. Mag sein, dass sich die Neocons darüber nicht bewusst waren, darauf wetten würde ich aber nicht. Saddam mag ein intimer Feind Israels gewesen sein, doch durch den Krieg mit dem Iran und durch den ersten Irakkrieg war dieser längst soweit geschwächt, dass der 2. Irakkrieg einem wohlfeilen Abschlachten eines geschlagenen Gegners gleichkam. Und wenn genau das Absicht war, denn darin Israel zu schwächen, so ist es auch das Ziel die Araber zu schwächen. Und vice versa. Denn ein und dieselbe Sache. Ein und derselbe Feind. Denn wenigstens die Freunde Israels
welche auch seine Feinde sind, wissen ob der Unteilbarkeit Palästinas. Es kann mir keiner erzählen, dass die Militärstrategen der USA nicht wussten, dass sie damit den Iran stärken und somit zugleich die Türkei zum iranischen Verbündeten befördern, womit Israel seinen wichtigsten Natoverbündeten – nach den USA – verlieren sollte. Einem Verbündeten, der bis dato das islamische Lager von innen her schwächte.
Schicksalsverbündete
@Sundt: Ich denke, dass ich mehr als einmal bewiesen habe, dass ich kein Feind Israels bin, doch bin ich auch kein Freund von Verniedlichungen, etwa in der Art wie die Kennzeichnung dieses Staates als liberale Demokratie. Welche Rolle das Militär in Israel spielt, müssen wir hier wohl kaum diskutieren, oder doch? Im Übrigen habe ich den Vergleich zu Sparta in den Konjunktiv gesetzt, wohl wissend, dass all solche Vergleiche nur gewisse Äußerlichkeiten betrifft. Ich sagte ja: es wäre unhistorisch. Liberal zu den Herrenmenschen, militaristisch zu den Sklaven, das wäre ein liberaler Militärstaat, eben ähnlich zu Sparta. Der Unterschied zu einer liberalen Demokratie wäre der, dass selbst die Sklaven gewisse Rechte hätten. Von der Befreiung der Sklaven aus der Sklaverei mal ganz abgesehen. Dass die Palästinenser nicht per se die „Besseren“ sind, habe ich verschiedentlich auch schon dargelegt. Aber wie soll man sich auch bessern – in der Sklaverei? Sollte Israel doch noch zu Vernunft kommen, und die Palästinenser nicht als Kriegsgegner, sondern gar letztlich als Schicksalsverbündete begreifen, wäre das zum Wohl ganz Palästinas (und hier verwende ich den Begriff bewusst, denn dann wäre das zu Recht der bessere Begriff auch für den Staat der Juden).
faz.net/Kommentar:Die Welt, wie sie ist, 03.02.2011
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[…] werden. Unbestreitbar erweisen sich erneut als der Motor der arabischen Revolution. Doch als die arabische Revolution auf die Türkei übergriff, wie vorhersehbar war („Es wird bald ‚zurück geschossen‘“), […]
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