Wechselwirkung ungleicher Kräfte

Wechselwirkung ungleicher Kräfte
Ins politische übersetzt, impliziert das, dass die Wahl eines Trump zum Präsidenten mit seiner Re-Nationalisierungs-Agenda nicht die Ursache sein wird für den Rückgang der Globalisierung, sondern die Folge derselbigen. Also quasi das politische Eingeständnis eines im Verborgenen bereits wirkenden ökonomischen Trends. Diese ausgelöst durch die Finanzkrise 2008. Ganz sicher eine Prämisse im Sinne der Marxschen „Kritik der Politischen Ökonomie“, in der die politischen (Klassen-)Kämpfe letztlich auf ökonomische Prozesse zurückgeführt werden. Man muss sich aber die Frage stellen, inwieweit ein solches Programm, auch wenn es eine ökonomische Tendenz ausdrückt, durchsetzungsfähig ist, und wenn ja, mit welchen Mitteln. Denn, und mit Engels zu reden, handelt es sich um „Wechselwirkung ungleicher Kräfte“ (Engels an Schmidt, Marx-Engels, Briefe über „Das Kapital“, vgl. auch: blog.herold-binsack.eu/2015/07/ein-schritt-vor-zwei-schritte-zurueck). Die politische Sphäre drückt ökonomische Prozesse aus, wirkt auf diese relativ selbständig zurück, wird aber dann wieder von den ökonomischen Prozessen eingeholt. Wenn man die „Globalisierung“ als entfremdeten Ausdruck der Tendenz zur Vergesellschaftung der Produktionsmitteln betrachtet, als einen polit-ökonomischen Prozess, der über eine ganze Epoche hinweg wirkt, und die Zukunft quasi vorwegnimmt, wenn auch wie gesagt verfremdet und begleitet von sozialen Kämpfen, dann kann man nicht umhin mit Marx festzustellen, dass „die soziale Revolution des neunzehnten Jahrhunderts (…) ihre Poesie nicht aus der Vergangenheit schöpfen (kann), sondern nur aus der Zukunft“ (Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte). Und da scheinen wir auch bei Trump angekommen. Doch wie Marx gleich zu Anfang seiner Ausarbeitung feststellt, und dabei auf Hegel rekurrierend, „ereignen sich alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen (…) sozusagen zweimal (…)“, allerdings, und dahingehend Hegel korrigierend, „das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce“.

Doch diese „Farce, und das führte uns Bonaparte vor, und das sollten wir auch in Bezug auf Trump beachten, kann großen Schaden verursachen. Doch wenn wir an die Schadensbegrenzung gehen, sollten wir nicht die Klassenkämpfe, wie sie sich damals in Frankreich abgespielt haben, und wie sie dann in Folge auf ganz Europa rückwirkten, als bloße „Geschichte“ betrachten, sondern für die aktuelle Geschichte als Lehre verstehen. Wenn das Finanzkapital sich eines Hasardeurs bedient, muss es wissen, dass ihm das am Ende sehr teuer zu stehen kommt. Teurer gar als den betrogenen Massen. Im Falle Frankreichs lässt sich im Nachhinein mit wenig Fantasie feststellen, dass die französische Bourgeoisie mit Bonaparte nicht nur die wichtigsten Vorteile der französischen Revolution aufs Spiel gesetzt hat, man denke nur an die schmähliche Niederlage gegenüber dem zaristischen Russland, sondern auch die französische Vorherrschaft auf dem europäischen Kontinent schließlich ganz verloren hat. Und noch weiter gegriffen, mit etwas mehr Fantasie, zugegeben, könnte man konstatieren, auch wenn das erst unter dem 3. Napoleon zu verantworten war – man denke nur an den Verrat der reaktionären Regierung Thiers an der „Pariser Kommune“, wo Thiers Bismarck erlaubte, ja diesen gerade darum bat, die Kommunarden niederzumetzeln (eine Haltung, die die bürgerliche Klasse mit ihrer Kapitulation vor Bonaparte schon mal einübte) -, dass das schließlich dazu führte, dass Deutschland über Frankreich – über einen Zeitraum von rund 150 Jahren gemessen – ökonomisch triumphierte, und das über zwei – für Deutschland – verlorene Weltkriege hinweg. Und exakt vergleichbares steht für die USA aktuell mit Trump auf dem Spiel. Von den Folgen für die globale Entwicklung mal ganz abgesehen. Diese wiederum wird, gleich wie stark sie zwischenzeitlich geschädigt worden sein wird, auch eine USA wieder einholen. Es bleibt Wechselwirkung ungleicher Kräfte.

blogs.faz.net/fazit/2016/11/14/eine-antwort-auf-das-produktivitaetsraetsel-8217

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