Schöner Einblick in die bewegend-traurige Epik des Kapitals

Schöner Einblick in die bewegend-traurige Epik des Kapitals
Ein solch schöner wie auch bewegend-trauriger Einblick in das Innenleben des Kapitals, ja in dessen Epik, ist einen selten vergönnt. Und wenn Döpfner verzweifelt aufmerkt: „Freiwillige Selbstunterwerfung kann nicht das letzte Wort der Alten Welt gewesen sein“, fällt mir spontan jener unbekannte Autor ein, der da 2004, in Reaktion auf die noch frische Hartz-IV-Gesetzgebung, die er als von der Prekarisierung stets bedrohter Intellektueller nicht selten selber zu spüren bekommt, eine bemerkenswerte Schrift verfasst hat, unter dem Titel „Zwang zur Selbstunterwerfung“ (Frank Rentschler, 2004). Es bewegt und es amüsiert mich ein wenig, nun dieselbe Verzweiflung jetzt in der auch formal wunderschönen Prosa (hätte nicht gedacht, das ich ein solches Lob jemals in Richtung Springer ausspreche) eines der mächtigsten Männer des deutschen Kapitals wieder zu finden. Und ja: der Wettbewerb wird im digitalen Zeitalter generell nicht mehr funktionieren. Das hat Marx dem längst beantwortet, der ihn zu lesen versteht.

Auch Google hat keine Zukunft
So sehe ich das auch, Herr Werlau. Als Marxist hätte ich mir ein Ei drauf backen können. Aber nein, es ist die Wahrheit, wenn auch eine durch die Brille des Kapitalisten erkannte. Diese Wahrheit ist zu wichtig, um eifersüchtig über ihre Herkunft zu streiten. Doch wir müssen darüber streiten, auf welche Weise wir der Gefahr begegnen. Und hier wird vermutlich meine eh schon leicht irritiert habende Sympathie für die Prosa des Herrn Döpfner beendet sein. Er glaubt noch an eine Zukunft des Kapitals, an dessen Werte, die nur eitle Selbstansichten – „notwendiges Phantasma“ (Marx) – sind. Ich sehe da mit Google und über Google hinweg einen Bruch, der nicht nur den freien Markt beendet, sondern auch über die Klassengesellschaft hinausreicht. Auch Google hat keine Zukunft. Und solange ein Herr Döpfner diese Klassengesellschaft verteidigt, und ich sie bekämpfe, können wir uns vielleicht hin und wieder die Hände reichen – über die zwischen uns liegende Barrikade hinweg.

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