Der Weltgeist ist nicht zu überlisten

Der Weltgeist ist nicht zu überlisten
„Diskontinuität“, Teil der Dialektik, wenn nicht gar ihr Wesen. Abbruch des Allmählichen. Was aber ist damit gemeint, wenn ein Studierender eine Formel entwickelt, eine neue, die, wie in diesem Fall, einer sog. künstlichen Intelligenz sowas wie Intelligenz erst zu verleihen vermag, während wir – die biologische Intelligenz – offenbar nicht mehr wissen (noch nicht wissen, bzw. evtl. niemals wissen werden), nicht nur wohin das Ganze führt, sondern wessen Intelligenz das sein wird? Der Bezug auf Heidegger? Sehr problematisch. Die Antizipation eines Wissens, das sich von jeglicher Erfahrung, von jeder „Geschichte“, gelöst zu haben scheint, und sozusagen einen Blick ermöglicht in das sog. „Kant’sche Ding an sich“, in die Welt des Noumenalen. Blanke Metaphysik! Auch der Roboter wird so etwas wie eine verinnerlichte Geschichte haben müssen, um „selbstständig“ (die Mindestanforderung an erwachsene menschliche Intelligenz) „geistig“ zu werden. Und geistig werden heißt das „Ding für uns“ zu schaffen. Ja, der Bezug auf Hegels „Weltgeist“ scheint in diesem idealistischen Ansatz durchaus angebracht, zumindest in dem Sinne, dass der Geist bei Hegel noch auf dem Kopf stand. Doch vermutlich tun wir dem guten Hegel mehr Unrecht, als er verdient hat. Ihm war dieser Weltgeist Anfang wie Ende seines dialektischen Prinzips. Vom Abstrakten zum Konkreten aufsteigend, und wieder zum Abstrakten „zurückkehrend“. Doch die jeweils letzte Abstraktion ist nicht identisch mit der vorhergehenden. Wissen bedeutet für ihn letztlich vollständiges Wissen – „absolutes Wissen“. Doch was ist absolutes Wissen? Es ist der Geist in uns – schlechthin. Genau genommen: die „Absolutität“ dieses Geistes. Die Unbedingtheit eines solchen Geistes im geistigen Kosmos. Sein Fehler war eigentlich nur, dass er den geistigen Kosmos dem realen Kosmos, der Welt des Praktischen, idealistisch vorherstellte. Schwer zu glauben, dass eine Maschine diesen Möglichkeiten eine weitere hinzufügt. Der Weltgeist ist nicht einholbar, noch weniger überholbar, oder gar zu überlisten.

blogs.faz.net/digital/2017/03/25/diskontinuitaet-eine-neue-intelligenz-in-silicon-valley

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