Dort wo die Angst sitzt

Dort wo die Angst sitzt
Unbegreiflich, dass auch zu diesem Beitrag die Kommentarfunktion geschlossen ist. Ist es, weil Precht inzwischen ein anerkannter Philosoph ist, will heißen: ein Prophet der Mitte – für die „Mitte“? In etwa so wie Sloterdijk, ein den Deutschen auf den Leib geschneiderter Haus- und Hofphilosoph? Ein Mann der Gerechten – der Selbstgerechten? Seine Weisheiten scheinen zumindest auch aus der „Mitte“ zu kommen. Weniger selbstgerecht. Doch nicht weniger gerecht, und nicht weniger geistreich.

Doch während bei Sloterdijk die Mitte ein eher uncooler Ort ist, wo die Unruhe über die Ruhe dominiert, das Gefühl über den Verstand, der Bauch über den Kopf, also der Wutbürger über den Gutbürger, schlicht: der „Thymus“, scheint dem Precht die Mitte ein Ort zu sein, wo Ausgewogenheit herrscht. Der Kopf wandert zur Mitte. Der Verstand in Richtung „Thymus“. Die Differenz zwischen Wutbürger und Gutbürger bleibt; doch sie wird minimal.

Das passt natürlich in diese Zeit, wo die korrekte Politik selbst den Wolf zum Schaf macht. Wo sich Konservative hinter Sozialdemokraten verbergen, Liberale zu Revolutionäre mutieren, und die „Revolutionäre“ der BILD den Rang abzulaufen suchen. Wo also mit der Philosophie die Straße gepflastert wird. Doch wo ein Safranski – auch so ein Philosoph – (s)ein Mitspracherecht einfordert, nämlich dort, wo „Deutschland geflutet“ wird, da heulen sie wieder, die Wölfe, wenn auch noch mit Resten von Kreide im Maul.

Die „Mitte“ verlässt den philosophisch-ethischen Raum. Baut Barrikaden. Nicht, dass sie diese nicht wieder räumen würde, doch die Barrikaden im Kopf, die bleiben. Und der Thymus? Die Mitte rutscht weiter nach unten – in die Hosen. Dort wo die Angst sitzt, also das Essen wieder raus kommt.

Und da schließt sich der Kreis, und beantwortet auch die anfänglich gestellte Frage! Warum ist die Kommentarfunktion geschlossen? Weil das alles auch so in der Brigitte stehen könnte? Unter dem Titel vielleicht: Die moderne Frau, die nachhaltige Küche und der Philosoph? Vielleicht! Und weil die FAZ diese Nähe – jetzt und für längere Zeit – noch aushalten muss.

faz.net/aktuell/feuilleton/moralisch-essen-richard-david-precht-im-gespraech

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