Heimliches Verlangen

Heimliches Verlangen
Da stellt sich sogleich die Frage, was Liebe überhaupt ist, bzw. was sie nicht ist, und womit sie in aller Regel dann vermischt wird? Dem Begriff nach kann Liebe nur selbstlos sein. Doch die Geschlechtsliebe ist dies definitiv nicht. Die einzige Liebe, die selbstlos ist, ist die Liebe der Eltern zu ihrem Kind; im engeren Sinne der Mutter zu ihrem Kind. Denn das Kind ist Teil ihrer selbst. In Bezug auf den Vater ist es weniger Teil als Produkt. Und das sollten wir nicht aus den Augen verlieren. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Denn ein Produkt besitzt man! Selbstlos kann diese Liebe nur sein, weil das Objekt der Liebe mehr oder weniger identisch ist mit dem Subjekt (des Liebenden). Also recht eigentlich Selbstliebe. Wenn die Geschlechtsliebe den Begriff der Liebe zu missbrauchen versteht, dann, weil sie den Liebenden für einen Moment eine Identität zwischen (fremdem) Objekt und (eigenem) Subjekt vorgaugelt. Das sexuelle Begehren wird zur Symbiose. Und dann kommt die Erotik ins Spiel. Noch die alten Griechen verstanden darunter ein mehr oder weniger ambivalentes Verlangen. Ein gefährliches, das der Symbiose entgegensteht. Es ist das Wissen wollen, über das Selbst, via dem Anderen. Die Liebe zur Weisheit. Doch die Antwort kann entsetzen, die Liebe zerstören, die Sexualität ermüden. Die wenigsten ahnen, was ihr erotisches Thema ist, noch das des Anderen, wie uns Stanley Kubrick in „Eyes wide shut“ unzensiert vor Augen führt.

zeit.de/community/2015-03/offene-beziehung-schwierigkeiten

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