Die metaphorische Ebene nicht unter den Tisch kehren
Was in diesem Beitrag leider zu kurz kommt, ist die Klarstellung, dass wir zwischen den Perspektiven aus der Sicht des Pathologen und des Philosophen unterscheiden müssen. Wenn wir sagen, dass die Gesellschaft krank ist, dann verwenden wir „krank“ als Metapher. Wenn ich z.B. von einer Borderline-Struktur unserer Gesellschaft rede, ist das eine sehr komplexe Aussage. Ich meine damit, dass unsere soziale Strukturen, bzw. unser soziales Verhalten dem Borderline-Syndrom immer ähnlicher werden. Das kann bedeuten, dass Borderliner in einer solchen Gesellschaft zur Normalität werden, bzw., dass unsere Normalität zunehmend pathologischer wird. Vor allem aber bedeutet es, dass die notorische Leugnung von Klassenwidersprüchen in unserer Gesellschaft zu vergleichbaren Störungen führen kann, wie die symbiotische Objektbeziehung beim Borderliner. Ähnliches bzgl. der „autistisch“ wirkenden Gesellschaft. Frank Schirrmacher hat darüber auch geschrieben; wir sollten solche Vergleiche schon ernst nehmen.
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