Von der Kapriole zur Dialektik, vom tragischen Helden zum Pharisäer
Über dieses Thema haben wir uns schon einmal unterhalten. So gibt es für mich eine Dialektik zwischen konservativ und revolutionär, was eng damit zusammenhängt, wer Subjekt, wer Objekt in der Geschichte sein will. Und eine revolutionäre Taktik zeichnet sich dadurch aus, dass sie diese träge also im Prinzip konservative Masse in eine revolutionäre zu verwandeln versteht. Und das gelingt ihr in dem Maße, wie sie diese Dialektik zwischen der objektiven und subjektiven Bewegung begreift. Doch die Todsünde der revolutionären Taktik wäre den Unterschied zwischen Sozialismus und Nihilismus zu verkennen, sich somit den (konservativ besetzten) Angstgefühlen der Massen zu beugen.
Im Verhältnis zwischen konservativ und revolutionär gibt es so manche Kapriole. Erkennbar z.B. daran, wie es einer vormals ultrarevolutionären Alice Schwarzer offenbar wenig ausmacht, sich einerseits für die Bild zu verdingen, jenem Prototyp des sexistischen Massenblatts, andererseits sich mit dem BND-lastigen Burdakonzern auf der Jagd nach (männlichen) Sexisten zusammen zu schließen.
Dass Frau Schwarzer heute so etwas ist wie die Galionsfigur offen reaktionärer Thinktanks, von Bertelsmann bis Sarrazin, mag eine Erklärung dafür sein. Nur erklärt dies nicht, woher das kommt.
Es ist der Mangel an Bewusstsein, der den tragischen Helden zum Pharisäer macht.
Vom „gescheiten Wort“ bis zum „guten“ Kommunisten
@Antagonist: Freisler war „am Anfang“ so wenig ein „überzeugter Kommunist“, wie Mussolini ein Sozialist. Und Übrigens, selbst Hitler hat sich eine Zeit lang unter linken Behomien herum getrieben. War er also Kommunist, als er „Mein Kampf“ verfasste? Dem Don ist recht zu geben: deren einzige Überzeugung war ihre Menschenverachtung.
Und ob man Subjekt oder Objekt in der Geschichte ist, ist eine Frage des Bewusstseins. Darüber sollten Sie mal nachdenken!
Zu Ihrer Information: Kommunist ist man ein leben Lang oder nie (gewesen). Es ist kein Zufall, dass sog. ehemalige Kommunisten die schlimmsten Renegaten sind. Und Renegat wird man, ob des Opportunismus, nicht des Kommunismus. Ein Beispiel wäre der Koenen vom KBW. Heute nennt er sich Historiker. Und als solcher ist er jetzt bemüht, sich mit seinem „Schwarzbuch des Kommunismus“ jene Hände reinzuwaschen, die einst vielleicht eines Pol Pot Hände geschüttelt haben. Kommunist kann nur der sein, der sich ein Leben lang nicht nur kritisch mit der Welt, sondern vor allem auch mit sich selbst – also selbstkritisch – auseinander setzt. Und das bedeutet vor allem: Kampf gegen Opportunismus und Karrierismus. Selbstkritik bedeutet mitnichten Rechtfertigung des Renegatentums. Solange die Klassengesellschaft existiert, bleibt das Ziel eines revolutionär eingestellten Menschen die klassenlose Gesellschaft. Und wer dieses Ziel irgendwann verleugnet, hat nie etwas vom Kommunismus begriffen, war also nie Kommunist, sondern ein bürgerlicher Karrierist – Trittbrettfahrer des Kommunismus. Er greift sich eine ideologische Nische, aus der heraus er sich den Herrschenden anzubieten sucht, mal teuer, mal wohlfeil. Unvergessen der Schachzug von Schmierer und Koenen, nämlich die Parteimassen, noch kurz vor der Liquidierung der Partei, in der SPD oder bei den Grünen untergebracht zu haben. Schmierer gar avancierte als Belohnung dafür zum Assistenten in Fischers Auswärtiges Amt.
Nicht der Kommunismus war ein Irrtum. Diese kleinbürgerlichen Karrieristen waren der Irrtum des Kommunismus.
@Jeeves: „Ein gescheites Wort, schon ist man Kommunist“. Wenn man das umgekehrt formuliert, erkennt man den Funken der Wahrheit. Denn in Zeiten, in denen nur von Kommunisten „gescheite Worte“ kommen, sind abgesehen davon, dass es düstere Zeiten sein müssen, da das gescheite Wort offenbar gefährdet ist, auch Zeiten einer schweren intellektuellen Krise. Und was waren denn die 68er? Übrigens, darin heute nicht unähnlich.
@Ephemeridenzeit: Wie recht Sie doch haben. Und gerade diese Kombination aus „Gutmensch“ und „Kommunist“ sind aus dem Munde gewisser (verleumderischen) Subjekte eine indirekte Bestätigung dafür, dass ein guter Mensch wohl Kommunist sein sollte, und vice versa. Die Dialektik diesbezüglich, erschließt sich einem in der kapitalistischen Welt aber nicht so leicht. Sonst wären Werke wie „Der gute Mensch von Sezuan“ nicht so bedeutungsvoll.
faz.net/blogs/stuetzen/archive/2013/02/16/das-kreuz-mit-dem-konservativen-leben
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[…] „Mittelalten“ (da zähle ich wohl auch dazu – nicht zu den Konservativen!, wo ich das nur wenig anders formuliere), sollte nicht unterschlagen werden, dass auch dieses Europa keines der Völker ist. Ich […]