Noch nie in der Geschichte hat es Sinn gemacht, sich was vor zu machen!

Noch nie in der Geschichte hat es Sinn gemacht, sich was vor zu machen!
Nach meinem Verständnis wird die Diskussion völlig falsch geführt. Dass die Printmedien irgendwann erledigt sein werden, dürfte so wahr sein, wie meine sich auf Karl Marx beziehende Behauptung, dass auch die Klassengesellschaft dereinst Geschichte sein wird. Die Frage ist doch nur – für mich jedenfalls: wie das passiert und in welchem Zeitrahmen? Da wir aber in der letzten aller Klassengesellschaften (noch) leben, diskutiert man so, wie das in Klassengesellschaften so üblich ist: im Konkurrenzgeschäft oder eben als Ausdruck von Klassenkampf.

Schirrmachers Beitrag – und wie ich in Ihrem anderen Blog schon erwähnte -, wurde auch meine Kritik nicht freigeschaltet (jetzt sogar auch aus der „mein-faz.de“ gelöscht, wohl in der nicht unbegründeten Angst davor, dass ich den Beitrag dort bei Twitter verlinken könnte) ist Teil des Konkurrenzgeschäftes und ist Ausdruck eines (ideologischen) Klassenkampfes. Auch die Zensur ist Teil hiervon. Auf jeden Fall ist dieser Beitrag deshalb richtig schlecht, rein affirmativ. Da gibt es nichts zu deuteln.
Das enttäuscht ein wenig, denn, obwohl ich mir im Klaren darüber bin, über eines Schirrmachers Rolle und Ideologie, erweckt er doch gelegentlich den Eindruck eines souveränen Intellektuellen. Eines quasi aufgeklärten Konservativen. Was auch immer man darunter verstehen mag.
Nun ja, er ist ein bürgerlicher Intellektueller. Und das sagt – für mich jedenfalls – alles.
Und auch dieser Beitrag, lieber Don Alphonso, gefällt mir nicht. Anstatt Klartext zu reden, wie ich das in Deus ex Machina gewohnt bin, gießen Sie nur weiteres (zudem schon mal vorgeheiztes) Öl in dieses Feuer. Wozu das?
Ist es wirklich so schwer, aufklärend, kritisch wie selbstkritisch über die weitere Zukunft unseres Medienzeitalters – und solchermaßen offen – nachzudenken? Gerne auch im Kontext des Klassenkampfes, wie ja nicht nur ich das gerne tue? Auch und gerade weil wir alle davon betroffen sind. Die (Konkurrenz-)Profis (die um ihre berufliche Zukunft bangen), die sog. Laien/die „Plagiateure“/die „Trittbrettfahrer“ (die davon zu profitieren suchen), und last not least die Klassenkämpfer (die natürlich die Krise des Kapitals von allen Seiten beleuchten).
Noch nie in der Geschichte hat es Sinn gemacht, sich was vor zu machen!

Da geht man doch lieber in Deckung
@ Marco Settembrini di Novetre: Also ich gebe den Suchbegriff „Bildungselemente“ in meinem Blog ein und finde: „Klassenkampf“. Damit will ich Sie wirklich nicht veräppeln. Aber dort finden Sie nicht nur einen Hinweis darauf, im welchen Kontext man das alles lesen sollte – dem „Klassenkampf“, wie ja auch der Titel des Beitrags heißt. Sie finden nämlich des Weiteren einen verlinkten Hinweis zu jenem Diktum eines Karl Marx (und Friedrich Engels) aus dem „Manifest der Kommunistischen Partei“, welches darauf verweist, dass dem Proletariat „ständig neue Bildungselemente zugeführt werden“. Vor allem aber finden Sie einen weiteren verlinkten Text, der Sie schließlich zu der Auseinandersetzung mit eines Schirrmachers Erkenntnis bzgl. des „Hirns, das der wichtigste Rohstoff der Zukunft“, sein wird, führt. So ganz nebenbei erfahren Sie, wie man den sog. „Menschencomputer“ plant. Usw. usf. Das ist natürlich keine wissenschaftliche Ausarbeitung, aber, wie ich denke, ein nicht unnützer Leitfaden, entlang dessen wir dieses Thema bearbeiten könnten.
Finden Sie nämlich auch eine nützliche Kritik an jener Mediengesellschaft, die ganz offensichtlich dabei ist, die Rolle rückwärts zu machen. Denn auch so ganz nebenbei beschäftigen sich diese und ähnliche Beiträge (in einer Form allerdings, wie ich sie leider nur von mir kenne) mit eines D. Daths „Gemeinwissen gegen Geheimwissen“, und damit, wie ich finde, vielversprechenden Text.
Zusammengefasst: Wer sich weigert, zu erkennen, dass hinter dieser Krise der Mediengesellschaft, eine kategoriale Krise des gesamten bürgerlichen Wissensbetrieb steckt, der mag schimpfen, jammern oder polemisieren, es hilft ihm nichts. Und wer weiter nicht zu erkennen vermag, dass sich genau darin das abspielt, was ich oben von Karl Marx wieder gegeben habe, dem ist überhaupt nicht mehr zu helfen.
Die „Vergesellschaftung der Arbeit“ wird durch das Kapital selber über alle Maßen vorangetrieben. Und zwar letztlich damit über das Kapital hinaus, über dessen Produktions- wie Eigentumsformen. Das sog. Intellektuelle Prekariat ist nämlich nichts anderes als eine unter kapitalistischen Bedingungen mögliche Bildungsschicht, die man, sozial betrachtet, allerdings dem Proletariat zuordnen darf. Und genau dieses geistige Proletariat scheint sich zunehmend auf die Krise des Kapitals selber auszuwirken. Die kapitalistische Gesellschaft zu bedrohen. Dieses Prekariat ist der äußerste Ausdruck von Vergesellschaftung der Arbeit unter den Bedingungen der „Aufhebung der Arbeit“, noch in der „ökonomischen Formation“. Aufhebung der Arbeit, nicht in Form der Befreiung von Lohnarbeit, sondern in Form neuer Sklaverei.

Die Krise äußert sich im Besonderen dahingehend, dass „geistiges Eigentum“ obsolet wird, und zwar durchaus im Kontext der Krise, in der Eigentum überhaupt in Frage gestellt wird. Die letzte Bankenkrise stellte das System des Kapitalismus so sehr in Frage, dass der bürgerlichen Klasse kein Aufwand zu groß war, um z.B. verstaatlichte Banken ins Privateigentum zurück zu führen. Die Krise des Wissensgeschäfts , welche eigentlich schon mit der 2. Industriellen Revolution Anfang des letzten Jahrhunderts begann, sich aber erst in der 3. Industriellen Revolution als solche auch in der Realwirtschaft zeigte, spiegelt die Krise des Kapitals nicht nur wider, sondern zeigt sich in der Form der äußersten Zuspitzung dieser Krise. Sie stellt nämlich die („ältere“) Arbeitsteilung, also die Teilung, die Klassen immer wieder hervorbringt, schlechthin zur Disposition.

(Man könnte auch sagen, das aber nur so nebenbei, dass als Folge dieser 2. Industriellen Revolution – und damit als Ausdruck ihrer Krise -, sich der Faschismus im Besonderen auch als Krise der bürgerlichen Geisteswissenschaften präsentiert. Die Pervertierung der Psychiatrie in Deutschland nur mal so zum Beispiel. Alexander Mitscherlich, vormals so wie Heidegger ebenfalls ein Anhänger des Nationalsozialismus, wollte darin „die Pathologie der Normalität“ erkannt haben.)

Die Postmoderne stellt gesichertes Wissen in Frage. Die Jugend der Postmoderne die Trennung zwischen geistiger und körperlicher Arbeit, die Trennung überhaupt zwischen Wissenden und Unwissenden, Lehrenden und Belehrten, Führung und Masse, Individuum und Klasse… Es entstehen merkwürdige Konstellationen und Koalitionen. Wo Marxisten das „gesicherte Wissen“ verteidigen, stehen sie plötzlich in einer Kampffront mit Konservativen, die nur ihre Privilegien damit gesichert wissen wollen, ihre Klassenprivilegien, ihre bevorzugten Einkommensquellen. Stellen sich also gegen die Masse. Wo also die Revolutionäre die Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft eigentlich in Frage zu stellen, und damit die Massen zu erreichen suchen, finden sie sich mir nix dir nix plötzlich in der Nachbarschaft der sog. „Ewiggestrigen“, all derjenigen also, die viel zu verlieren haben. Solange der Wissensbetrieb die Wissenden zu ernähren hat, verteidigen natürlich auch linke Geistesarbeiter ihr „geistiges Eigentum“. Das scheint berechtigt. Doch in dem sie das tun, verbauen sie sich den Ausweg aus dem Elend der Abhängigkeit von diesem Eigentum.
Um in diesem Dschungel des Klassenkampfes eine revolutionäre Linie zu bewahren, bedarf es der revolutionären Dialektik. Einer Dialektik, die zwischen den (objektiven) Zerfallserscheinungen und den (subjektiven) revolutionären Bewegungen und Möglichkeiten zu unterscheiden weiß, dennoch dabei die möglichen wie nötigen Klassenbündnisse erkennt und nutzt.

Kein leichtes Unterfangen. Daher kommt auch meine Ambivalenz bürgerlichen Intellektuellen wie Schirrmacher z.B. gegenüber. So wie das Kapital insgesamt, so ist er selber. Als Visionär der Klasse, der bürgerlichen, ist er nicht unbedingt konservativ, doch als Klassensubjekt, wie wir jetzt sehen, durch und durch. Ein von Ängsten geplagtes Subjekt. Das genau aber kennzeichnet die Grenzen eines „Bündnisses“ zwischen Revolutionären und Nichtrevolutionären Schichten und Klassen, die Grenzen eines Bündnisses, zwischen denen, die ihr Tagesanliegen verteidigen und denen, die für die Zukunft streiten.
Die Ängste sind berechtigt, aber nur dort, wo man sich auf die Verteidigung, die Erhaltung, eingestellt hat. Wo man also konservativ agiert. Der bürgerliche Intellektuelle wird untergehen, mit der ganzen bürgerlichen Klasse zusammen. Wo er das nicht zu erkennen vermag, wird er zur tragischen Figur. Und der geistige Lohnarbeiter ebenso. Im Kontext aber eines sich zuspitzenden Klassenkampfes – zwischen Lohnarbeit und Kapital. Doch aufgrund des kleinbürgerlichen Klassenstandpunktes im geistigen Proletariat (nicht unähnlich darin jener sog. Arbeiteraristokratie) wird sich dieser Kampf am Anfang als Konkurrenzkampf abspielen. Und zwar solange bis dieses geistige Proletariat mit der lohnabhängigen Klasse vollständig verschmolzen ist. Bis es vermutlich gar kein anderes Proletariat mehr gibt als ein geistiges. Das Schicksal dieses geistigen Proletariats wird somit ein doppeltes sein: einerseits ist es Träger (Subjekt) der Veränderung, andererseits ihr bestes Opfer (Objekt).
Dass das das Schicksal des Proletariats insgesamt kennzeichnet, denn auch dieses kann sich nur befreien, wenn es die ganze Gesellschaft (von sich und dem Kapital) befreit, wird daher innerhalb dieser Schicht für lange Zeit nur wenigen eine Genugtuung sein.
Vielleicht mit ein Grund dafür, warum es aus der Intelligenz heraus so wenig brauchbare Texte zum Schicksal ihrer eigenen „Schicht“ gibt. Denn mal abgesehen davon, dass es diese einheitliche Schicht, im Sinne von Klasse z.B. gar nicht gibt, wird es nur wenige geben, die über ihr eigenes Ende bereit sind zu räsonieren. Da geht man doch lieber in Deckung.

Historischer und dialektischer Materialismus (Histo-/diamat) versus Positivismus
@Tylerdurdenvolland: Da hier offensichtlich Aufklärungsbedarf besteht, empfehle ich fürs erste die immer noch aktuelle Streitschrift Lukacs‘ gegen jede Art von imperialistischer Philosophie, wozu ja auch der von Ihnen dem Marxismus (Histodiamat) angelastete Positivismus gehört. Siehe hier.

faz.net/blogs/deus/archive/2012/11/29/in-10-schritten-zum-todsicheren-sieg-des-netzes-ueber-die-zeitung

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  • Von Die Rolle des Bewusstseins und der Mut aus dem Optimismus am 24. November 2013 um 13:19 Uhr veröffentlicht

    […] wir deutlich, auch und gerade anhand dieses Skandals. Doch aber auch das Subjekt. Denn gerade die Bildungselemente dieses Subjekts reagieren im Angesicht der Janusköpfigkeit der revolutionärsten Technologie, die […]

  • Von Wenn die Klassengesellschaft nicht wäre am 14. Januar 2014 um 12:18 Uhr veröffentlicht

    […] nicht formuliert haben, nämlich, dass wir das Elend auf dieser Welt eben nicht nur als ein geistiges Elend verstehen dürfen, bleibt die Bespitzelung dessen, was ich „am Computer treibe“, nicht […]

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