„Der Bourgeois“ ist der andere Begriff für den „Juden“

„Der Bourgeois“ ist der andere Begriff für den „Juden“
Das Zitat Mussolinis ist das eigentlich interessante. Pardon, das war nicht persönlich gegen Sie gerichtet. Denn offenbar war aus dessen Sicht ein d’Annunzio ebenso ein „Bourgeois“. Und an dieser Stelle hätte es sich gelohnt über den Bourgeoisbegriff zu diskutieren, den faschistischen. Der Futurismus feiert im Übrigen gegenwärtig fröhlich Urständ – in so manchem Blog, in so manch Computergemeinde. Der Glaube an den Fortschritt der Technik, eben ohne eine Vergewisserung der Haltung der Klassen hierzu, ist die Grundlage für diesen wie jenen Futurismus. Eines Jüngers „Der Arbeiter“ ist so ein Ausdruck hiervon. Die Technik ist schöpferisch, denn sie gestaltet, so schafft sie „Gestalten“, die über jedes reale Subjekt hinaus ragen. Der Arbeiter nicht als Klassengegner des Bourgeois, sondern Arbeit wie Kapital als Amalgam einer jenen „Gestalt“ , für die die Materialschlachten der Moderne, der natürliche Hyperraum für eben „Übermenschen“ sind, für subjektfreie Heroen. Im gewissen Sinne nehmen sie die menschenleere Produktionsstätte der Gegenwart voraus. Ein Subjekt kommt dort wie hier nicht mehr vor, kein proletarisches, kein bürgerliches. Und der „Bourgeois“ ist der, der den Heroismus seiner Tat nicht würdigt, Materialschlachten als Konsumgelage missversteht, oder als Handel mit „wertlosen Finanzprodukten“. „Der Bourgeois“ ist ein anderer Begriff für „den Juden“, den nichtproduktiven Kapitalisten. Ein hochaktueller Begriff.

Die Gretchenfrage
@Holly01: Den Krieg haben wir bereits, wenn auch noch nicht als ein erklärter und vorerst in der Form eines Währungskrieges (siehe hierzu meinen Beitrag „Die ‚blaue Bohnen’ Alfred Herrhausens und der Währungskrieg“).
@Rosinante: Was ist denn ein Linksfaschist – um Gotteswillen? Die EG-Bürokraten, die Sie da erwähnen, sind so wenig links wie Sie vermutlich! Und ob sie (Sie) Faschist(en) sind, weiß ich nicht. Ich schlage vor solche Begriffe doch von der (und vom dialektischen Materialismus beseelten) Klassenanalyse her zu betreiben. Dann wüssten wir, warum nur die bürgerliche Klasse faschistisch sein kann (nicht zu verwechseln mit Versatzstücken faschistischer Ideologie, die jeder teilen kann!). Dass die ehemalige DDR letztlich ein faschistischer Staat war, verweist auf den Kern ihrer Klassenherrschaft – der Machtergreifung durch die neue Bourgeoisie (einer solchen Bourgeoisie übrigens die sich nahtlos in den Westen, das westliche Kapital, in die alte Bourgeoisie, hat integrieren lassen!).

Letztlich ist der Betriff „linker Faschismus“ denunziatorisch, soll er doch die Diktatur des Proletariats mit der faschistischen Diktatur gleichsetzen. Dass allerdings die Diktatur einer Klasse auch unter demokratischen Formen (oder sollen wir sagen Formeln?) stattfindet, zeigt doch die bürgerliche Herrschaft (oder will da jemand behaupten, dass diese Entscheidung am Wochenende zugunsten eines Rettungsschildes für den Euro eine demokratisch legitimierte war, schon das Grundgesetz hätte eine solche Entscheidung untersagt!).

Was wir allerdings lernen müssen besser einzuschätzen – und das macht vielleicht auch die Diktatur des Proletariats von der Theorie her schon verdächtig -, ist das Fehlen von klaren Unterscheidungen zwischen objektiven und subjektiven Tatbeständen in einer solchen Diktatur. Die Diktatur des Kapitals ist zunächst mal ein objektiver Tatbestand, der sich an der Macht der realen wirtschaftlichen Verhältnisse (und natürlich auch an der verobjektivierten politischen Wirklichkeit) orientiert. Der Faschismus hingegen ist die unmittelbare Macht der reaktionärsten Elemente des Finanzkapitals. Dazwischen liegen politisch besehen Welten, nicht aber ökonomisch.

Im Sozialismus sollte es nicht viel anders sein. Zunächst einmal ist die Diktatur des Proletariats ein Hinweis auf die Umkehrung der objektiven Machtverhältnisse zuungunsten von Kapital und Markt. Durch die Macht der Partei aber, wird das Schwergewicht hin zum Subjekt verlagert, und zwar unmittelbar und ungefiltert. Hier liegt die Besonderheit der sozialistischen Klassengesellschaft gegenüber allen anderen bisherigen Klassengesellschaften und darin begründet sich auch ihre größte Herausforderung. Dies gedeckt eigentlich nur durch die proklamierte Perspektive die letzte aller Klassengesellschaften sein zu wollen/zu müssen – eine Übergangsgesellschaft.

Daher (auch vor dem Hintergrund, dass die Bourgeoisie in diesem Kampf nur siegen kann, wenn sie die politische Macht okkupiert und dann den Gegner mit allen Mitteln niederhalten muss) kann ein Sozialismus, wenn er die Farbe wechselt, unmittelbar zum Faschismus mutieren – zum Sozialfaschismus. Dass das nicht passiert, dafür soll der Klassenkampf sorgen, die Beteiligung der Massen (nicht nur und gar nicht hauptsächlich in Form der „Rätedemokratie“ – auch diese ist noch eine Spielart der bürgerlichen Demokratie -, sondern in Form der unmittelbaren Massenbewegungen). Bisher leider nur mehr oder weniger Theorie. Denn es ist nicht gelungen.

Und hier muss auch die Selbstkritik linker Theorie beginnen, nicht nur bezüglich der politischen Theorie, sondern auch hin Hinblick auf die philosophischen Grundlagen – dem historischen wie dialektischen Materialismus. Liegt der Fehler im System, dann liegt er auch in der Theorie!

Das Problem des Subjekts scheint mir noch nicht richtig erfasst. Zunächst einmal ist das Subjekt Teil der bürgerlichen Welt, in der es dem Objekt entgegen gesetzt wird. Ein solches Subjekt wurde in der marxistischen Theorie vorausgesetzt. Es ist kein Zufall, dass auch in der marxistischen Theorie gegenwärtig um die Rolle des Subjekts („automatisches Subjekt“ versus revolutionäres Subjekt) gestritten wird. Diese Diskussion ist noch lange nicht abgeschlossen, und sie wird sowohl befördert als auch erschwert durch die „Krise des Subjekts“ (vgl. Robert Kurz, bzw. meine Kritik in „Philosophus mansisses“), wie sie sich im Kapitalismus darstellt.
Überwindet der Klassenkampf (welcher ohne Subjekt nicht denkbar ist!) diese Krise oder wird er von ihr erfasst? – das ist die Gretchenfrage.

Futuristisch daherkommende Arroganz
@Rosinante: Offenbar verstehen Sie gar nicht, worum es hier (mir) geht (von dem ignorierten Angebot eines selbstkritischen Diskurses ganz abgesehen). Und ganz offensichtlich gedenken Sie dieses Miss-Verstehen durch markige Sprüche zu übertünchen. Glauben Sie wirklich, dass ich irgendjemanden brauch, der „mir erklärt wie es geht“? Und was soll das mit dem Abendessen bei Muttern? Sprechen Sie da etwa aus eigener Erfahrung? Hochnäsigkeit ist übrigens ein deutlicher Beleg für „futuristisch“ daherkommende Arroganz. Nur dass von einer Villa zu Ihren Gedenken weit und breit nichts zu sehen ist.

Die Ziele sind klar gesteckt
@Tiger: Ich glaube, dass der Ackermann mehr ist als ein Hintermann, einer der irgendetwas „zu merken“ hätte. Nach meinem Verständnis gehört er zu den Frontleuten, auch wenn er sich so nicht verkauft. Er ist ein Macher, auch dieser Krise übrigens. Siehe hierzu auch meinen hoffentlich allseitig satirisch verstandenen Beitrag „Greenspan, der über die Zeit gehievte Hagen“, bzw. auch, die oben schon erwähnten ‚blauen Bohnen’ um Herrhausen. Es war mit Sicherheit – auch und gerade nach dem Mord an Herrhausen – keine Nebenabsicht einen Schweizer zu nehmen, für neue deutsche Ziele. Ziele, die infolge der „Wiedervereinigung“ auf ganz andere Weise dann zu verwirklichen, sich ermöglichten. Herrhausen war noch ein Stratege alten Schlages, ein wohl fein gebildeter, aber ein dennoch nicht wenig und solchermaßen typischer plump-deutscher Marktakteur.

Die USA auf solch vordergründige Weise aus dem Feld schlagen zu wollen, wie er es versuchte, unter Ausnutzung „antiimperialistischer Losungen“, nämlich der Forderung nach einem Schuldenmoratorium für die zahlungsunfähige 3. Welt, war nicht nur durchsichtig, zumal die Deutsche Bank zuvor kräftig Wertberichtigung vorgenommen hatte, sondern eben auch eine extrem plumpe Attacke gegen die schließlich als einzig noch überlebt haben wollende Supermacht und das Signal zum Angriff gegen die aufsteigenden „asiatischen Tiger“ (nicht als Anspielung auf Sie zu verstehen).

So zeitgemäß der Angriff wohl war, Deutschland spürte nicht nur die neue Macht in sich, sondern auch den scharfen Wind um die Nase, infolge nicht nur der Schwierigkeiten bei der Aufteilung der Beute, sondern eben auch in Vorahnung dessen, was da bald kommen wird. Ich bin überzeugt, dass die klugen Leute damals schon wussten, wie sich in etwa die Krisen gestalten werden, die wir da gerade durchmachen dürfen. Erst der Schlag gegen das britische Pfund, dann die Attacke von 9/11 – von wem auch immer -, mit der dann folgenden Verschleppung der abzusehenden großen Krise, einer, vor der Greenspan immer warnte, und schließlich nun, dieser Angriff auf den Euro. Niemand soll hier glauben, dass das nur Anekdoten der kapitalistischen Wirtschaftsgeschichte sind, plumpe Wiederholungen sozusagen, infolge eines immer schon verrückten Marktes oder der Skrupellosigkeit einiger herausragender kapitalistischer Persönlichkeiten gar. Die Skrupellosigkeit folgt Gesetzen, ehernen wie es scheint, denen des Marktes. Aber auch dem Klassenkampf. Je mehr dieser geleugnet wird, desto deutlicher zeigt er sich. Allerdings hinter verschobenen Fronten und sehr selten zum Vorteil der subalternen Klasse. – Klassenkampf von oben eben!

Der Krieg zwischen dem Dollar und dem Euro enthält alle Elemente eben nicht nur der innerkapitalistischen Konkurrenz, sondern auch der Wirkungen und Gegenwirkungen auf dem Feld des Klassenkampfes. Wenn ein nationalistischer Populist wie Sarkozy die französische Wirtschaft zu schützen vorgibt, um den französischen Arbeiter zu befrieden, dann wird das wohl ein Friedensangebot an die arbeitende Klasse Frankreichs sein, aber auch und eigentlich mehr noch eine Kriegserklärung an alle: an die deutsche Konkurrenz, ganz besonders, und an die internationale Arbeiterklasse – auch an die französische; denn dieses Aufgebot will mir nicht als Hochzeit zwischen Kapital und Arbeit erscheinen, sondern als heimtückische Falle, gerade für die französische Arbeiterklasse. Die Mitgift wird dementsprechend sein, nämlich in Form von noch niedrigeren Löhnen, aber vor allem als triste Abhängigkeit vom Partner-Klassenfeind. Der Klassenkampf soll gelenkt werden. Gegen wen aber?

Das jüngste Bündnis zwischen eben diesem Frankreich und den USA (noch zu Bush-Juniors Zeiten) ist mir die logische Konsequenz hieraus. Nur ein Ackermann hat da die Nase immer etwas weiter vorn. Sein Coup mit Goldman-Sachs ist schon genial. (Der „Juniorpartner“ hat halt so einige Privilegien, wenn er kuscht. Dennoch könnte man das aus der Perspektive der USA auch als einen Akt des Hochverrats werten – seitens Goldman-Sachs’ -, wenn es ein solches Delikt in Zeiten des transnationalen Kapitals noch gäbe. Dass Teile von US-Banken dabei drauf gehen, wird durch den Niedergang deutscher Banken – der HRE z.B. – mehr als kompensiert. Herrhausen hätte es vielleicht nicht weniger blutig gemacht, aber doch „deutscher“ vielleicht.)

Der Mord an Rohwedder wurde nur von wenigen verstanden, nämlich als nachdrückliche Klarstellung dessen, was zuvor schon auf allen Parketts laut geflüstert worden war: diese Beute gehört allen (und das „Projekt Großdeutschland“ wird kritisch beäugt, und ich wüsste nicht, was da eine RAF mit zu tun gehabt haben wollte!). Also wurde die DDR schnellstmöglich billig verhökert (Rohwedder wollte das „Volksvermögen“ zuvor noch gesichert haben – und nun wurden mit gewissen fetten Anteilen alte-neue Freunde zufrieden gestellt, wie in der „Leuna-Affäre“). Kohl wollte Frankreich mit einbinden, den Gegner also korrumpieren, bzw. sich als korrumpiert zu verstehende Braut anschmeicheln.

Es wird Zeit zu begreifen, dass Ackermann die Antwort auf all das war und ist– nachdem die Deutsche Bank nach Herrhausen das Schuldenmoratorium sang- und klanglos versenkt hatte -, nämlich als Rückbotschaft: „Großdeutschland“ vielleicht, aber unter Führung eines Schweizers und eingebunden in einem größer zu werdenden Europa (nur keiner glaubt das den Deutschen noch, und der Ackermann ist doch längst assimiliert). Und Frankreich scheint infolge seines Techtelmechtels mit den USA nicht mehr genug bündnissicher! (Auch das britische Pfund sitzt da auf der Mauer, bedroht vom Absturz, bzw. auf der Lauer, um genau das zu verhindern – auf Kosten des Euros, auf Kosten Deutschlands und eben auch Frankreichs. Die Griechenlandkrise ist (bzw. war bis zu jenem historisch zu nennenden Beschluss am Wochenende) zuvorderst eine Frankreichs und Deutschlands. Den „Euro mit allen Mitteln verteidigen“, heißt eben auch alle anderen angreifen: den Dollar, das Pfund, den Yuan…- und nicht zuletzt: die Massen.

Ist nun das französisch-deutsche Bündnis neu geschaffen? Ich bezweifle es. Denn wenn der Druck wieder wächst – und der Feind schläft nicht – , kracht es als erstes unter den Bündnispartnern. Und wen wundert’s, wenn jetzt Europa – resp. der Euro – von allen angegriffen wird. Die Ziele sind doch klar gesteckt, nur die Mittel variieren.

Die Probleme der Wertschöpfung und das Wildern der Rechte im linken Lager
@Holly01: Ich möchte Ihnen da gar nicht widersprechen, nur scheint es mir ein wenig zu kurz gegriffen, anzunehmen, dass Deutschland seine Wertschöpfung gerettet hätte, und dies auch noch durch Lohnkürzung. Umgekehrt scheint mir doch ein Schuh daraus zu werden. Der ständige Druck auf die Lohnkosten – wegen der globalen Konkurrenz -, führt in hochentwickelten kapitalistischen Ländern mittelfristig zu Problemen bzgl. der Wertschöpfung. Sind nicht unsere „Abwrackprämien“ ein all zu deutlicher Beleg dafür? Solches verstärkt im Übrigen die Tendenz zum „Autokannibalismus“ (vgl. diesen Begriff bei Robert Kurz in seinem „Das Weltkapital“, ich teile diesen Begriff, wenn auch nicht Kurzens apokalyptische Vision bzgl. einer absoluten „inneren Schranke“), und das wiederum treibt die Entwicklung auf genau diesem Weg voran: das Weltkapital bekommt zunehmend Schwierigkeiten sich auf hohem Niveau zu reproduzieren, es tritt in Konkurrenz zur Billigkonkurrenz auch auf der Produktivitätsseite. Lediglich die Militärmaschinerie – und da sind die USA kaum einzuholen -, erzwingt eine weitere hohe Produktivität. Der Witz dabei ist nur, diese ist nicht produktiv. Somit auch dort nichts Neues. Die Barbarisierung findet daher sowohl auf hohem wie auf niedrigem Niveau statt – China und Russland zeigen uns genau wie das funktioniert, die USA und der Rest werden folgen.

Lange Rede kurzer Sinn: all dies verstärkt die objektive Tendenz zum Sozialismus, aber eben, mangels entsprechendem Bewusstsein auf Seiten der arbeitenden Klassen, auch zur Barbarei.
Entweder überwindet das Subjekt seine diesbezügliche Krise im Klassenkampf oder der Klassenkampf wird durch die Krise des Subjekts derart beschädigt, dass der Kommunismus über den Weg der Barbarei, der absoluten Anarchie und einer Reihe von verheerenden völkermordenden imperialistischen Kriegen kommt. Ein solcher Kommunismus, sollte er denn einer sein, wird jede bisher erlebte diesbezügliche Form – auch eine jene des Stalinismus – weit in den Schatten stellen. Ein solcher dann „kommunistische Terrorismus“ wird ohne gleichen bleiben.

@Zerlina: Ich hoffe, dass ich auch Sie mit diesem Beitrag etwas zufriedener machen konnte (dass ich auch zu Ihrer Zufriedenheit auf „den Punkt gekommen bin“, von wegen meiner „Suada“). Im Übrigen denke ich, dass man viele Begriffe zunächst mal wieder klären muss, auch und besonders wegen der diversen Missbräuche in den letzten 150 Jahren. Aber noch schlimmer als der Missbrauch scheinen mir doch die Missgriffe zu sein, nämlich die ins eklektische Lager der Theorie. Eine Rosinante ist da nur ein zu gutes Beispiel für. Denn ganz besonders übel wird es, wenn hier die politische äußerste Rechte im linken Lager wildert (umgekehrt war es schon schlimm genug!). Das wiederum macht lange Vorträge geradezu zur Ehrenpflicht.

Ohne Netz und sicheren Boden
@Grenzgänger: Ich wüsste nicht, worin ich Ihnen widersprechen sollte, außer vielleicht darin, falls ich das richtig verstanden habe, dass Sie glauben, dass „vom Zusammenbruch jene ausgenommen“ seien, die über „mehr Kapital oder Produktionsfaktoren verfügten“. Wenn Sie das rein ökonomisch betrachten – den Zusammenbruch -, dann mögen Sie recht haben, aber eben genau dies, scheint mir ja der Denkfehler, nicht nur der Ihrige. Der Kapitalismus zeichnet sich durch eine p o l i t i s c h e Ökonomie aus, zu der nicht nur Markt, Kapital, Lohnarbeit, Profit, Zins, Grundrente…gehören, sondern eben auch Klassen, Konkurrenz, Krieg, Naturzerstörung, Völkermord…

Und auch wenn sich dazwischen nicht nur dialektische Sprünge offenbaren, sondern auch abartige Abgründe, bzw. Rückfälle (gemäß Lenins „Zwei Schritte zurück, einer vor“) auftun, muss das doch alles im Ganzen gesehen werden. Heute interessiert es jeden einzelnen von uns, wenn in „China ein Sack Reis platzt“, so wie es uns auch interessiert, wenn die Chinesen in Afrika ein Remake des alten Kolonialismus veranstalten. Jede kleinste Veränderung im letzten Winkel dieses Planeten spüren wir genau so, wie seinerzeit die Bewohner an der iberischen Küste als in Fernost der Tsunami tobte.

Das allerdings ist kein rein objektiver Tatbestand, sondern ein von subjektiven Bedingungen abhängiger. Nicht Esoterik sondern marxistische Theorie, nämlich materialistische Dialektik, scheint mir absolut vonnöten. Und das werde ich nicht müde zu wiederholden, selbst auf die Gefahr hin, dass da einige unter Ihnen „meine Persönlichkeit“, bzw. Anteile von dieser, in längst vergangene Zeiten verortet gesehen haben möchten (ich gestehe es: ein Balzac war für mich das letzte literarische Genie, so wie ein Goya das letzte malerische).

Und wenn das den Eindruck erwecken sollte, dass ich selber der „Ochse bin“, der da „an der Leine geführt“, wird, von mir selber gar, dem will ich gar nicht widersprechen. So sind die größten Gedanken auch eines „Graciáns“ (@V: keineswegs möchte ich mich mit diesem verglichen haben, genieße ich doch weder dessen gesellschaftliche Stellung noch besitze ich das Privileg einer vergleichbaren Bildung, sodass mir auch seine genialsten Zirkelschlüsse noch reichlich Respekt abfordern; so muss es mir Genugtuung bleiben, wo ich glaube zu erkennen, wo auch die Scholastik endlich der Dialektik auf die Spur gekommen ist, nämlich dort, wo auch jene endlich das Werden begriffen zu haben scheint, obwohl sie sich immer noch in den nicht enden wollenden Sphären eines transzendierten Seins wähnte) gerade die, die er aus seinen eigenen Abgründen hervor schleuderte. Man muss nicht immer die der anderen suchen.

Eine revolutionäre Theorie, gerade eine solche, die die „Phasenübergänge“, will heißen: die Realabstraktionen, und nicht eben die „Konkretismen“ („Nicht nur die Wahrheit wird geschändet“) zum Ausgangspunkt ihrer waghalsigen Wanderungen nimmt, ist für jede Erdung dankbar. Meinen, dem einen oder anderen akrobatisch vorkommende, theoretischen Balanceakten, muss man beileibe nicht folgen, wer es abgesichert mag, dem empfehle ich familienfreundliche Trampelpfade, wie z.B. unter nachdenkseiten. Da ich solchen Abkürzungen aber sehr misstraue, sind mir all Ihre Beiträge so teuer wie nützlich. Nur bei Beleidigungen – und ich bin wirklich nicht empfindlich -, da will es gefährlich schwingen unter meinen Füssen, man verzeihe mir dann, dass ich vergesse, dass doch Höflichkeit den Gegner am besten trifft. Ich kämpfe da ums eigene Gleichgewicht.

So will mir auch der Spaß vergehen, wenn man mir Beiträge unterzujubeln gedenkt, solche, die definitiv nicht von mir sind, geehrter Don Fernando: Der Beitrag, auf den Sie sich da beziehen (ohne Überschrift, und beginnend mit: „Mir ist nicht verborgen geblieben, ist mehr als ein übler Scherz, wenn Sie auf den Link gehen, werden Sie auch nicht auf die Quelle eines solchen Textes stoßen!). Doch kann ich meine Hochachtung auch dem Fälscher nicht ganz verhehlen, ist doch die Sprache derart gut der meinigen nachempfunden, dass ich selber kurz glaubte, dass das von mir sei. – Chapeau, lieber Feind.
Ach Ja, lieber HansMeier555: Ihre Beiträge sind es dann doch, die mir schließlich wieder ins Gleichgewicht verhelfen, mehr können Sie wirklich nicht für mich tun, danke!

Intrige und Gewalt
@Don Alphonso: Ich liebe diese Schmonzette auch, den Don Camillo glaube ich sogar persönlich erlebt zu haben (die Prügel bezog man zu meiner Zeit vom Pfarrer wie vom Oberlehrer (vgl. „Stillschweigende Übereinkunft“), vielleicht daher auch meine etwas paradoxe Empfindung: den Don Camillo glaubte ich mir vertrauter als ein Peppone, letztlich aber weiß ich nun, dass ich keinerlei Orthodoxie mag, und sei sie noch so sehr der meinigen verwandt. Dummheit kommt mir daher wie offenkundige Gewalt. Doch in einem widerspreche ich: Die Rechte hätte seinerzeit keine Chance gehabt ohne die gewaltigen Spenden der CIA an Kirchen, Kirchenparteien, Faschisten und Geheimdienste, ohne die Schmiedung des Bündnisses zwischen diesen Kräften (vgl. „Das größte Lügenkartell aller Zeiten“). Und genau von dieser Intrige, und eben weniger von einem Peppone und dessen Orthodoxie, hat sich Italien nie erholt.

Wäre der Sozialismus nur entbehrlich…
@Grenzgänger: Die Klassen und der Klassenkampf werden im Kapitalismus auf den ultimativen Punkt zugetrieben. Alles was es vorher schon gab – und da widerspreche ich Ihnen nicht, es gab das alles schon! -, treibt nun auf die klassenlose Gesellschaft zu, oder auf deren Barbarisierung.

@Plindos: Eigentlich interessieren mich solche Anekdoten nicht, aber da Sie es nun mal bringen, in aller Kürze:
Zu dem Thema Hitler-Stalin-Pakt habe ich mich an anderer Stelle, und wie ich meine, ausreichend geäußert: schließlich und endlich verurteile ich ihn, aber nicht aus den allgemein bekannten Gründen, auch nicht mit einer „verkappt-trotzkistischen“ Argumentationsweise. Ein Nichtangriffsvertrag wäre so wenig zu verurteilen wie seinerzeit Lenins Friedensvertrag mit den Deutschen (letzterer war die Voraussetzung für eine siegreiche bolschewistische Revolution, und bekanntlich war da Trotzki die Menschewiken darin um Nuancen verpassend) wenn nicht all die anderen unschönen Dinge damit verbunden gewesen wären (Massaker an Polen, Auslieferung von Juden und Antifaschisten an Nazideutschland, ja schließlich der fatale Irrglaube, dass ein Hitler sich daran hielt), siehe weiter „Stalin, der großrussische Chauvinismus, die USA und die Antihitlerkoalition“.
Nicht die Theorie und Praxis sind unversöhnlich, sondern die Theorie darf der Praxis nicht folgen, sie darf nicht zur Hure der Praxis werden.

@Cornelius: Ich gestehe es, auch ich bin vermutlich käuflich. Und wüsste ich ganz sicher, dass es einen solchen Kapitalismus gäbe („soziale Marktwirtschaft“, wie Sie sie beschreiben), ich würde mich von ihm bestechen lassen. Der Klassenkampf, der Sozialismus ist die Antwort darauf, dass das Kapital nicht anders kann als es tut, und daher das Proletariat nicht anders handeln wird als es muss.
Wäre der Sozialismus entbehrlich, ich gehörte zu den ersten, der auf ihn verzichtete. Oder glauben Sie wirklich, dass es mir Spaß macht, mich mit all diesen Ignoranten herum zu schlagen?

@specialmarke: Wen das nicht „überzeugt“, oder wenigstens beeindruckt, dem ist ehe nicht zu helfen:

Wenn das Kapital sich selbst besiegen muss…

könnte das auch so aussehen: „Diese Expropriation vollzieht sich durch das Spiel der immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion selbst, durch die Zentralisation der Kapitale. Je ein Kapitalist schlägt viele tot. Hand in Hand mit dieser Zentralisation oder der Expropriation vieler Kapitalisten durch wenige entwickelt sich die kooperative Form des Arbeitsprozesses auf stets wachsender Stufenleiter, die bewußte technische Anwendung der Wissenschaft, die planmäßige Ausbeutung der Erde, die Verwandlung der Arbeitsmittel in nur gemeinsam verwendbare Arbeitsmittel, die Ökonomisierung aller Produktionsmittel durch ihren Gebrauch als Produktionsmittel kombinierter, gesellschaftlicher Arbeit, die Verschlingung aller Völker in das Netz des Weltmarkts und damit der internationale Charakter des kapitalistischen Regimes. Mit der beständig abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten, welche alle Vorteile dieses Umwandlungsprozesses usurpieren und monopolisieren, wächst die Masse des Elends, des Drucks, der Knechtschaft, der Entartung, der Ausbeutung, aber auch die Empörung der stets anschwellenden und durch den Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses selbst geschulten, vereinten und organisierten Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, die mit und unter ihm aufgeblüht ist. Die Zentralisation der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit erreichen einen Punkt, wo sie unverträglich werden mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt. Die Stunde des kapitalistischen Privateigentums schlägt. Die Expropriateurs werden expropriiert.“ (Das Kapital, Bd. 1, MEW 23, S.790 f.,  vgl. auch: blog.herold-binsack.eu)

faz.net/blogs/stuetzen/archive/2010/05/13/triumph-und-verfall-der-unbuergerlichkeit

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