Fragmentierte Biographie
Auch ich kenne nicht einen einzigen Fall, und ich habe beruflich wie privat nicht wenig Zugang zu traumatisierten Menschen, dem man eine positive Wendung (von außen betrachtet – natürlich) andichten dürfte. Und auch ich sehe mich als traumatisiert – als Opfer brutaler Polizeigewalt, schon vor Jahrzehnten -, und würde daher auch aus der „Innenansicht“ heraus keine „Stärkung“ erkennen. Vorsichtiger bin ich. Und vermutlich ist mein Verständnis für Gewaltopfer dadurch noch einmal befördert worden. Doch gebraucht habe ich es sicherlich nicht, wie so manches, das mir schmerzhafte Erfahrung beschert hat. Ich denke auch, dass wir uns gerne die Realität schön reden. Wer möchte schon ein Leben lang „Opfer“, bzw. „Verlierer“ sein. Darin nicht ganz unähnlich der Ehescheidung, die uns von einem „unangenehmen Partner“ befreite. Doch der Verlust einer Liebe hinterlässt nicht nur eine Leerstelle im Herzen, sondern oft auch in der ganzen Biographie. Und die Gewalterfahrung lässt einem die eigene Biographie nicht nur als entleert erscheinen, sondern als zweifelhaft – fragmentiert.
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