Das Doppelgestirn als weißen Zwerg erkennen
Das für mich eigentliche bewegende ist doch, dass offensichtlich die 68er-Revolte nichts wirklich durchgesetzt hat. Die „freie Liebe“ so wenig wie die „gewaltlose Pädagogik“. Ganz im Gegenteil: gerade auf den „Reformschulen“ geben sich Päderasten und Gewalttäter ein Stelldichein.
Über Jahre hinweg. Beobachtet und offenbar toleriert, gerade von denen, die davon betroffen hätten sein müssen: von den Eltern derer, die dort gezüchtigt werden. Für mich verweist das auf ein Problem, das tiefer liegt als gleich welche Ideologie. Es ist das Patriarchat, das gerade im Römerreich seinen ersten Höhepunkt erfuhr. Die Familie der Römer ist immer noch eine Züchtigungsanstalt. Sei es auch, dass man damals schon wusste, wie wenig erfolgreich man dabei bleibt. Zumindest in Bezug auf die Durchsetzung eines Gehorsams. Doch geht es ja nicht wirklich darum. Nicht hauptsächlich.
Mit der Krise der „bikameralen Psyche“ einhergehend, werden die Herrschaftsmethoden härter. Julian Jaynes beschreibt das sehr plastisch anhand des neueren Assyrerreiches unter Tukulti-Ninurta I., z.B. (um das Jahr 1230 vor Christus), der nicht nur mit eines bis dahin unbekannten Brutalität herrschte, sondern der auch einem sog. Tyrannenmord erstmals zum Opfer fiel (Der Ursprung des Bewusstseins, VIERTES KAPITEL Metanoia in Mesopotamien, S. 308 ff.)
Die neue „Individualität“ (das „Selbst“, qua Analogon/Jaynes) ist zugleich männlich wie auch herrschaftlich konnotiert. Der erweiterte Handel, den die neuen Herren zur Sicherung ihrer Großreiche nun benötigten, stürzte das Regime des „Gottesgeflüster“ (die verinnerlichte theokratische Macht ob der bikameralen Psyche des vorzeitlichen Menschen, s.a.) in eine fundamentale Krise. Die Macht erforderte von nun an gewaltigere Mittel – gewaltsame Mittel. Vom Gotte nun verlassen, waren Sklaven wie Bürger, Frauen wie Kinder dieser bedingungslos ausgeliefert. Nicht dem Gotte, sondern den Dienern der Götter, den Herren über Familie, wie Grundbesitz und Sklaven („vgl. das biblische Baal hatten sie zu gehorchen. Deren Macht war von nun an schriftlich fixiert. Die Staatsmacht entstand. Mit dieser Gesetze, Verbote, Polizei, Justiz, und nicht zuletzt Erziehungsanstalten/Züchtigungsanstalten.
68 war der Staat in einer Krise. Nicht zuletzt auch ob dessen Hartleibigkeit, infolge eines offenbar bereits verinnerlichten Naziregimes. Die neue Generation war aber nicht mehr bereit sich dessen Schalmeienklänge zu ergeben, dessen Macht zu respektieren. Die Jugend hatte bereits ein neues Taktgefühl, eines, das dem Taktstock sich verweigerte. Das dem kleinbürgerlichen „Standard“ wie dem großbürgerlichen „Marsch“ hingegen den Kampf ansagte. Den Züchtigern/den „Kriegsherren“/den Kriegsdienern (Korea, Vietnam, Kuba waren überall) wurde der Krieg erklärt. Die Gewalt wurde aus den Spielzimmern, Schlafzimmern und Erziehungsanstalten auf die Straße verlegt. Der Rest ist Geschichte…
Was geblieben ist, ist eine Idee, eine Hoffnung. Eine, die ob all der Exzesse des Patriarchats, des kapitalistischen, nicht tot zu kriegen ist.
Pädagogik und Gewalt sind die Entsprechungen von Patriarchat und Klassenherrschaft. Doppelgestirnig, janusköpfig quasi, beherrschen sie den ansonsten verfinsterten Himmel aller bisherigen Geschichte.
Diese Verfinsterungen zu erhellen, bleibt die Hauptaufgabe aller revolutionären Bewegungen. Dann vielleicht erkennen wir das Doppelgestirn als weißen Zwerg.
faz.net/blogs/antike/archive/2012/03/20/gepruegelte-roemerkinder-eine-spurensuche
Ein Trackback
[…] ). Ich verwies schon des Öfteren (http://blog.herold-binsack.eu/?p=2079 […]