Déjàvu
Den deutschen Dichterfürsten als Kronzeugen in Sachen Islamismus/Antiislamismus bemühen zu wollen, ist eine selbstentlarvende Finte. Wenn es ein Interesse des deutschen humanistischen Geistes gegeben hat, damals zu Goethes Zeiten, dann doch wohl eben eines, das auch schon die deutsche Romantik beflügelt hat. Es war/es ist das Gefühl einer Artverwandtschaft. Einer jenen, die Deutsche wie Orientale mal als Minderwertigkeit, mal als Selbstverliebtheit erfahren mögen. Die Verlierer der Geschichte begegnen sich da, im Westen die Zuspätgekommenen, im Osten die, die ewig dem verlorenen Anschluss ans Abendland nachtrauern. Das Selbstwertgefühl der Perser befindet sich seit Alexander im freien Fall, das der Deutschen seit Arminius in einem mystisch-heroischen Narzissmus verpackt, der immer schon mit dem Nihilismus schwanger ging. Und eben diese Begegnung der Deutschen mit Hafiz zum Beispiel dürfte ihnen als ein Déjàvu daher kommen. Der „Prophet“ könnte auch Goethe heißen. Anders bei Voltaire. Der – eloquent wie er war – stand da wohl schon dem späteren muselmanischen Gegner ahnungsvoll gegenüber. Und nun sind es die Deutschen – wieder mal zu spät -, die den nun auch ausmachen – den Gegner. Nun sei dieser aber schon Teil der deutschen Kultur. Kommt einem bekannt vor.
faz.net/Die „Divan“-Debatte geht weiter: Viel Dichtung, wenig Wahrheit, 16.01.2011
Ein Trackback
[…] Krieg hat er mitverdient. Und genau das meint mein Vorwurf der Doppelbödigkeit, wie ich ihn in „Déjàvu“ behaupte. In dem Maße, wie ein Goethe „Araber“ war, war er dann wohl auch „Antisemit“. […]