Ein schweres Thema all zu leicht abgehandelt. Auch wenn es hipp scheint, dem Benedikt den barocken Rauschgoldengel abzunehmen und ihn dementsprechend zu verhöhnen, so ist das genau eine der Rollen, die er spielt. Mit Bravour. Und sie gefällt ihm. Er gefällt sich darin. Er ist durch und durch ein Jesuit. Er beherrscht sogar die Dialektik des Klassengegners. Er lässt die Piusgesellschaft den Part des orthodoxen Glaubenskrieger spielen – dazu hat er sie heim ins himmlische Reich geholt –, während er die Rolle des modernen, um nicht zu sagen postmodernen Theologen spielt, mit starken theoretischen, gar wissenschaftlichen Attitüden. Dabei polarisiert er nur bis zu einem gewissen Punkt (er prüft den Gegner, er schmeckt ihn sozusagen, andere lässt er dann kämpfen, für sich und gegen sich), dann spielt er den Harmlosen, den gütigen Vater, den missverstandenen, wenn nicht gar noch einmal den geprügelten Stellvertreter Gottes auf Erden, qua den wiedergeborenen Sohn Gottes, den eigentlichen. Seine Weltanschauung passt in diese weltanschauungslose Welt. Die Religion, so wie er sie vorgibt, kann sich jeder ausmalen wie er will, die Hauptsache abrahamitisch sei sie (und wem das nicht gefällt, für die gibt es die Piusbrüder). Selbst dem Islam bietet er die Annäherung an, nachdem er ihn „probierte“. Er spielt den Dalai Lama des Westens. Gleichzeitig aber organisiert er die gesamte Reaktion um die katholische Kirche, die politische Reaktion. Denn das ist seine eigentliche Rolle. Die Medicis könnten diesbezüglich sein Vorbild sein. Nur ist er nicht der Hohepriester der Renaissance, sondern des Barock. Die Macht liegt schwer, nicht leicht in seiner Hand. Und er ist auch ein deutscher Papst, voll in deutschem Solde. – Daher auch ein Recht der deutschen Kanzlerin auf Kritik seiner Heiligkeit. „Wir sind Papst“, war keine euphorische Überhöhung, sondern voll realistisches Gefühl deutscher Massen. Nationalistischer Massen. Mit ihm probieren die Deutschen ihr „Come Back“ auf höheren Stufen, auf höchsten gar, wenn auch zunächst noch dialektisch und solchermaßen hegelisch-transzendental gewendet auf außerpolitischen Sphären. Der Deutsche kommt vom Geiste her. Warum mal nicht vom Höchsten.
faz.net: Aufgeklärte Verachtung für katholischen Popanz
2 Trackbacks
[…] den deutschen Bischöfen im Kampf gegen die Anhänger eines gewissen englischen Bischofs, jenes Williamson. Es ist nichts als Heuchelei, dabei noch so zu tun, als ginge es den Römern um das Schicksal der […]
[…] Arg in Bedrängnis geraten scheint mir da besonders ein christlicher Fundamentalismus. Selbst einem Ratzinger misslang da die Abhilfe. Voll des Neides schaut man da hinüber zu all jenen, denen der wahre Glaube noch nicht abhanden […]