Diener zweier Herren

Diener zweier Herren
Die Option, da nicht mitzuspielen, ist immer gegeben.“ Wenn im Grundsatz auch möglich, wenn nicht gar u. U. wünschenswert (im Zizekschen „Ich möchte lieber nicht“, wobei zu beachten ist, dass Zizek der technischen Entwicklung gegenüber positiv eingestellt ist) doch ganz praktisch besehen, wohl eher nicht. Und zwar analog hierzu, wie ich es hier beschreibe (und was leider als Kommentar in der FAZ noch nicht gesendet wurde):

„Der Freiheitsbegriff des Kapitals
Und was passiert, wenn hier bei uns ein Aufstand vor der Tür steht? Angesichts der dramatischen Zuspitzung um die Frage der Transferunion kein all zu ferner Gedanke, oder? Werden wir dann auch vom Netz abgeschaltet, bzw. nach den genannten Rastern observiert? Der Cyberkrieg auch und gerade in der Form des Bürgerkrieges ist längst reale Option. Wie alles andere, so ist auch und gerade der Datentransfer vor allem Geschäft. Das Geschäft der Zukunft gar. Und es wird sich immer ein Geschäftspartner finden. Wir wissen ja aus China wie das geht. Dennoch sollte man sich Gedanken darüber machen, inwieweit es den Herrschenden gelingen darf, solche Netze wasserdicht zu machen. Im Übrigen gilt das gleiche für andere lebensnotwendige Güter – Wasser, Nahrung, Energie. Die Konzentration des Kapitals führt geradezu mit einer gewissen Notwendigkeit zur kartellartigen Kontrolle genau solcher Güter. Wie mächtig solche Kartelle sind (wie sehr sie die eigentliche Regierung bilden) sehen wir am Ölkartell, am Energiekartell, am Kartell der Sicherheitsindustrie. Der Freiheitsbegriff des Kapitals meint die jeweils eigene absolute Kontrolle über sog. strategische Güter. Wie das gegenwärtig aussieht, sehen wir an der Priorisierung der Biotechnik durch Kapital und Staat der USA.“

Einer revolutionären Bewegung wird hier implizit aufgetragen, sich rechtzeitig um eine diesbezügliche Lösung zu kümmern. Die Organisation der revolutionären Bewegung dieser Tage ist ohne Zugang zur jeweils modernsten Kommunikations- und Informationstechnologie so wenig möglich, wie es der Sturm auf die „Bastille“ ohne Waffen gewesen wäre. Schon Lenin wollte die Ernsthaftigkeit einer revolutionären Partei an ihrer Haltung zur Bewaffnung erkannt haben.

„Ich möchte lieber nicht“, muss an dieser Stelle wohl lauten: „Ich möchte mich lieber nicht geistig (wie auch materiell) entwaffnen lassen“. Die Technik ist nicht der Feind, selbst dann nicht, wenn sie dem Feind als Waffe dient. Die Technik ist immer die allererste Voraussetzung. Unhintergehbar für jede moderne revolutionäre Bewegung. Ausgesprochene Technikfeindlichkeit ist immer ein Beleg für einen konterrevolutionären Geist. Dies gilt ganz besonders im Hinblick auch auf die revolutionäre Theorie – „ohne die es keine revolutionäre Bewegung geben kann“ (Lenin/WasTun?).

Diese Theorie hat sich an der bürgerlichen Wissenschaft abzuarbeiten. Dennoch hat sie sie letztlich so zu begreifen, dass diese (wie auch die darauf basierende Technik) niemals eindeutig konterrevolutionär sein kann. Als Diener zweier Herren. In dem Maße wie sie das Herrschaftswissen generiert, untergräbt sie es. In dem Maße wie sie die Produktivkräfte revolutioniert, formiert sie die revolutionäre Armee.

Ein revolutionäres Subjekt ist kein gewöhnlicher Konsument. Indem Maße wie es an der Revolution arbeitet, ist es ein produktives, kein konsumtives. Auch nicht unter dem Aspekt des „Konsums“ der dafür notwendigen Theorie. Denn auch diese ist nur revolutionär im Hinblick auf ihre damit einhergehende Weiterentwicklung – der Theorieproduktion. Ein revolutionäres, also nicht „automatisches“, ergo: nicht passiv konsumtives, Subjekt nimmt bewusst Teil an der Produktion der dafür notwendigen technischen Ausrüstung – der Hardware -, wie der Logistik – der Software.

faz.net/blogs/deus/archive/2011/09/30/die-meta-maschinerie

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Ein Trackback

  • Von Das falsche Bewusstsein des Herrn Žižek am 5. Dezember 2011 um 17:54 Uhr veröffentlicht

    […] mag“, das könnte genauso gut von einem Aristokraten stammen. Ich bin entsetzt! Nach der (bisher optimistischen und von mir mehrfach kommentierten) Lektüre von „Die Parallaxe“ hätte ich solches nicht […]

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