Die virtuelle Mauer
Ein wirklich interessanter, ja überzeugender, um nicht zu sagen: von Überzeugung getragener Beitrag. Nur eine kleine semantische Änderung hätte ich vorzuschlagen. Wenn Sie schreiben: „Gerade im Zeitalter der Bits und Bytes ist das soziale und wirtschaftliche Gefälle im globalen Maßstab erschreckend“, bin ich mir nicht sicher, wie Sie das meinen. Ich würde es so verstehen: Gerade im Zeitalter der Bits und Bytes zeigt sich das soziale und wirtschaftliche Gefälle, obwohl wegen der globalen Vernetzung für jedermann nahezu fühlbar eben ob derselbigen, ergo: ob der „Vernetzung“, sprich: Virtualisierung, kaum noch fassbar. Und doch zeigt sich hinter dieser „Unfassbarkeit“ ihr erschreckendes Ausmaß. Neu ist nicht das soziale Gefälle. Und neu ist auch nicht, dass es weiter steigt. Neu ist, dass es sich hinter einer virtuellen Mauer zeigt, quasi wie in einem Museumsschrein, dennoch dabei aus der aktuellen Realität stammend. Eine solche Realität scheint, obwohl eben aktuelle Realität seiend, nur noch durch eine „Zeitreise“ fassbar. Die Sprache ist das Vehikel dieser Zeitreise. Und in der Tat: ein „Vehikel“ scheint sie zu sein – diese Sprache. Klingt nicht jede Semantik, die soziale Verhältnisse zu fassen sucht, daher so furchtbar antiquiert?
faz.net/Cyberwar: Alles wird zur Ware, 21.06.2011