Was mich in diesem Blog nun überrascht, um nicht zu sagen: freut, ist, dass meine Beiträge offenbar nicht mehr ganz so kritisch beäugt werden. Ich musste wirklich nicht lange warten, um ihn gesendet zu sehen – ungekürzt.
Das Gerstenkorn im Auge des Betrachters
Mit Einstein, oder vielleicht besser: parallel zu Einstein, hat sich in der Wissenschaft ein Agnostizismus, bzw. Relativismus (Lenin nannte dies Empiriokritizismus, siehe: Materialismus und Empiriokritizismus. LW Bd. 14, Dietz Verlag) breit gemacht, der bis heute nicht überwunden scheint, ja diesbezüglich geradezu neue Blüten treibt (man muss sich nur mal „Das Elegante Universum“, von Brian Greene oder noch besser „Verborgene Universen“ von Lisa Randall anschauen, letztere scheint mir nicht nur aus stilistischen Gründen auf Vorgaben der Popmusik zu referieren).
Dennoch wage ich folgenden Satz zu kritisieren:
„Ein Relativismus scheint offensichtlich nicht einfangen zu können, warum unsere Wissenschaft so erfolgreich in der Erklärung und Vorhersage von Phänomenen ist.“ Ist es nicht eher so, dass wir nur das „einfangen“, was wir vorher sorgsam dafür präpariert haben?
Wenn es stimmt, was Hegel sagt, nämlich, dass die Wirklichkeit („die Wahrheit“) durch das Subjekt hindurch geht (Die Phänomenologie des Geistes), und wir in Folge die Welt immer doppelt sehen (ohne uns dessen aber bewusst zu sein, denn wir sehen bekanntlich, was wir sehen, und uns sehen wir eben nicht, jedenfalls nicht als Objekt), dann schließen wir bei unseren Experimenten genau denjenigen aus, der da sieht und zugleich (mit) gesehen wird. Wenn der, der da sieht, sich selbst nicht mit sieht, dann kann das Gesehene nicht vollständig sein. (Ja, es ist schon merkwürdig: Das Objekt sieht das Subjekt!)
Zudem unterschlagen wir womöglich auch, dass die Welt, je bevölkerter wir sie mit unseres Gleichen machen, desto reicher, desto größer, desto anders eben wird sie sein. Was wird schneller sein: die Bevölkerungsexplosion oder unser Wissen über diese – zumal aus der Perspektive all derer.
Die Quantenmechanik erst hat uns mit der Nase in den Dreck gestoßen.
Die mögliche Tatsache, dass unsere Messgeräte für die sog. Unschärfe verantwortlich sind, stellt ja im Prinzip nichts anderes dar. Nur in der Quantenwelt lässt es sich eben darstellen, da die Objekte entsprechend klein sind, und die Messgeräte dementsprechend groß. In unserer Alltagswelt, in der Makrophysik, wird es wohl nicht weiter auffallen, wenn unser Blickwinkel ein Objekt verändert. Die Macht des Blickwinkels erkennen wir nur an unserem eigenen Schatten. Doch selbst über den gehen wir ignorant hinweg. Nur das Kind wundert sich noch ob seines überdimensionalen Schattenwesens.
Wir sollten also nicht versuchen, die subjektive Betrachtung auszuschließen, sondern diese angemessen einzubeziehen!
Im Übrigen, um da noch mal auf Einstein zurück zu kommen (und indirekt auch zu Lenin, welcher in seiner Kritik eines Machschen Relativismus eben seine eigene Perspektive auch noch keiner Kritik unterzog), so scheint Einstein mit seiner These „Gott würfele nicht“, eben demselben „Objektivismus“ zu frönen. Nicht Gott (als unabhängiger Betrachter quasi) würfelt, oder würfelt nicht, wie Einstein da so verzweifelt meint – u n s e r Blickwinkel, und zwar genau der unter dem Einfluss des Lichtes (welches wir überhaupt wahrnehmen), macht den Würfel!
Mathematische Betrachtungen mögen den Vorteil aufweisen, dass sie den Einfluss des äußerlichen Lichtes (und damit die Manipulation desselbigen) ausschließen, dennoch nicht den des längst verinnerlichten. Die Welt, wie wir sie im Kopf mit uns tragen (und welche uns nicht nur Bilder, sondern auch Gleichungen und Formeln schaffen lässt), können wir nicht mehr ausschließen, gleich wie sehr wir uns bemühen.
Wenn es also so etwas wie ein Graviton oder ein Higgs-Teilchen geben sollte, um mal auf ein schon besprochenes Beispiel zurück zu kehren, dann vielleicht nur, weil ein Gerstenkorn uns den Blick verzerrt, bzw. weil dies Gerstenkorn, nachdem wir es vielleicht entfernt haben, längst eine „Lücke“ (Zizek) in unserem inneren Blickwinkel zurück gelassen hat.
Die wichtigste Erkenntnis hieraus könnte vielleicht lauten: Weniger denn je, sind Wahres, Notwendiges und Zufälliges dem Betrachtungswinkel eines Einzelnen zugänglich, gleich was er studiert hat oder studieren wird.
Mag sein, das Sokrates mit seinem Skeptizismus genau in diese Kerbe der Erkenntnis zielte.
faz.net/blogs/planckton/archive/2011/05/02/kritik-der-reinen-physik-4-die-kunst-der-wissenschaft
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[…] Masse hat. Eine Art Hermaphrodit vielleicht – es „befruchtet“ sich selber. (Siehe auch das „Gerstenkorn im Auge des Betrachters“, Blog Planckton, Kritik der reinen […]
[…] Zeit ein Anhänger Machs. Zuletzt allerdings hat er sich von ihm distanziert. Lenin hat sich in „Materialismus oder Empiriokritizismus“ ausgiebig mit Machs Agnostizismus und Empiriokritizismus beschäftigt. Und damit indirekt auch […]