Eine höchst lehrreiche Erfahrung wäre das
Vielleicht ist das der Grund für, warum Deutschland keine „Elite“ hat, daher auch besser keine Elite versuchen sollte zu schaffen. Weil die Guttenbergs nämlich das sind, was in Deutschland als Maßstab anerkannt ist. In Allem Durchschnitt, von Allem etwas, von Manchem (dem „Besten“) zu wenig, von dem Meisten zu viel. Es sollte uns lehren, dass nur die Bescheidenheit in solchen Fällen „adelt“. Denn dies bewiese ein gutes Maß für Selbstkritik. So gesehen wäre das Scheitern eines Guttenberg, ein guter Anfang. Denn ein Schnitt, ein überfälliger. Die Anmaßung wäre nämlich gescheitert. Das Mittelmaß zurecht gerückt. Und ein Höchstmaß für die Selbstkritik als Notwendigkeit endlich erkannt. Wenn die Massen, die da den Guttenberg so verherrlichen, dies vor allem deshalb tun, weil es ihnen schwant, dass da einer der ihren vor ihnen steht, dann projizieren sie eben ihre Selbstgenügsamkeit, die ja nur bequeme Bescheidenheit ist, nämlich die Verherrlichung des Mittelmaßes, auf den „Adel“, den sie damit zu missbrauchen suchen. Wären sie sich dessen aber klarer bewusst, dann gäbe es sowenig Raum für eine falsche Scham wie auch für den falschen Stolz. Eine höchst lehrreiche Erfahrung wäre das. Wenn sie denn als solche endlich erkannt sei.
faz.net/Das Leben zu Guttenbergs: Die Last, Elite sein zu müssen, 01.03.2011