Gleich ob Aristoteles oder Konfuzius – uneinholbar aus heutiger Sicht

Gleich ob Aristoteles oder Konfuzius – uneinholbar aus heutiger Sicht
In der Tat: Das ist nicht nur chinesisch. Ich kenne das auch aus dem Iran. Da werden Kinder ebenso gedrillt. Kunst und Musik gelten dort als ebenso brotlos wie Literatur und Philosophie. Entsprechende Leidenschaften werden dem Zögling ebenso abgewöhnt wie das Saugen an der Brust der Mutter oder am Daumen – oder auch die Linkshändigkeit. Jeder will am liebsten Arzt werden. Und Ordnung wie Sauberkeit werden dem Kind wahrscheinlich schon beigebracht, bevor dies ohne Windeln schläft. Es ist Erziehungsterror, nicht nur im Dienste eines (äußeren) Erfolgs, sondern mehr Ausdruck des gelebten puristischen Ideals in der orientalischen Welt. Leer sind die Räume, sauber wie geleckt die Böden, weiß die Lieblingsfarbe der meisten, immer ordentlich und adrett – die Kinder ab der Mittelschicht aufwärts.
Man darf sich ruhig fragen, ob einem der vielleicht etwas narzisstisch nämlich selbst verliebte Europäer nicht doch lieber ist als der nihilistische Selbstzerstörer in einem solchen Orient. Und es gibt mir zu denken, dass unsere postmoderne Managerkaste sich daran ein Beispiel nehmen möchte.
Mit Konfuzius hat das im Übrigen nur noch die äußeren Regeln gemein. Das Prinzip der Gelassenheit vielleicht, das aber bis zur Unterordnung dehnungsfähig ist. Denn „gelassen“ kann man einen solchen Ehrgeiz wohl nicht mehr nennen.
Wenn es einen nicht ökonomischen Grund gab, für die Vormachtstellung des Westens, gegenüber dem Osten, einen, der sich schließlich auch in der Kriegsführung zu beweisen hatte (schon im Ansatz bei Alexander!), dann lag der wohl in der Kultur der Anerkennung der Vielfalt, der Begünstigung von Selbstverantwortung und eben nicht von devoter Unterordnung.
Selbst solche ungerechten Kriege wie sie sich zum Beispiel auch in der Niederschlagung eines Boxeraufstandes in China zeigten, sind eben nicht nur dank besserer Waffentechnik, sondern eben auch wegen des freierer (wenn auch nicht eines unbedingt besseren) Geistes in Armeeführung wie auch unter den Soldaten für den Westen gewonnen worden, was auch immer das für den Westen (und den Osten) gebracht haben mag.
Wer das heute zu relativieren sucht, täuscht sich bezüglich des Grundes für einen solchen Systemwechsel im Denken. Das ist nicht Ausdruck einer größeren Offenheit, oder gar einer globalen Philosophie, sondern verzweifelter Ausdruck eines ebenso verzweifelten Kampfes um Vormacht in der Phase des Niedergangs des Kapitals.
Gleich ob Aristoteles oder Konfuzius, beide sind nicht nur überholt, sondern auch nicht mehr rückholbar, quasi uneinholbar – aus heutiger Sicht.

faz.net/blogs/antike/archive/2011/02/02/konfuzius-vs-aristoteles-erziehungsstile-in-der-diskussion

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