Wann hätten wir je einen solchen Zustand gehabt?
„Sicheres Wohnen jenseits von slums“, warum eigentlich „jenseits von Slums“? Kann es sein, dass es hier nur um Sicherheit der Bürger geht, der Wohlstandsbürger, deren nun eben auch leiblicher nicht mehr nur am Leib sich angehängter Wohlstand gesichert werden soll? So langsam sich fürchtend, hier in unseren „Kristallpalästen“ (Sloterdijk), ob jener Verhältnisse, wie sie längst an den Rändern der Wohlstandsregionen, den sog. Schwellenländern der 3. Welt, üblich sind. Bei den Einen, in Kenia zum Beispiel, mauert man hochräumig die Slums ein, damit man diese erst gar nicht sehen muss – aus dem Blick, aus dem Sinne -, bzw. jene eben die Gesicherten nicht erblicken können, so erst gar keine Gelüste auf deren Wohlstand aufkommen könnte, von dort aus, bei den Anderen, wie in Südafrika zum Beispiel, oder in Buenos Aires oder Rio de Janeiro, mauern sich die Gesicherten ein, damit die Slums da erst gar nicht hinein wachsen können. Wieder andere schlagen allen Ernstes vor, gewisse problematische Quartiere mit Drogen ruhig zu stellen. Nicht dass man das nicht schon täte, aber deren Vorschläge unterlaufen jede kriminalistisch zu denkende Evidenz: so sollte man doch gewisse beruhigende Drogen ins Grundwasser von Neukölln geben, das sparte dann den Zaun drum (so auf einer Wissenschaftlerversammlung zum Thema „intelligentes Auto“ („Ekelhafte Arroganz“, oder: „Der repressive Staat, die ‚Schuld der Sozialisten’ und der französische Pass“).
Nun ja, da hilft uns dann wirklich auch die Antike, oder eine vorwestfälische Vormoderne, nicht wirklich weiter, denn die Klassengesellschaft ist nun mal noch etwas älter. Es wäre doch mal interessant dahingehend zu forschen, wie die Menschen aus der Zeit davor, wann auch immer man diese anzunehmen meint, für ihre ganz persönliche Sicherheit gesorgt haben. Nun ja: Mundraub wird es wohl schon zu allen Zeiten gegeben haben, wenn der Hunger größer war, als der Respekt vor dem Leben des Anderen; und die Antwort auf dementsprechende Übergriffe wird wohl anders gewesen sein als heute. Man hatte dann sowieso auf so was wie Blutrache Rücksicht zu nehmen. Blutsverwandte durfte man nicht so ohne weiteres schädigen! Bezüglich der anderen gab es wohl auch damals schon so eine Art zweckmäßiges Denken. In welchem Verhältnis stünde das zu Erwerbende dann zum Beispiel zu dem zu Verlierenden, der persönlichen Ehre zum Beispiel, wenn nicht gar eben jene persönliche Ehre, soweit man diese schon kannte, durch eine solche Tat eine Erhöhung erfahren würde?– aber das dürfte man sich schon ziemlich nahe an der Klassenrealität vorstellen. Fahrlässigkeit konnte dann aber ungewünschte Konflikte auslösen, zwischen ganzen Gruppen, später Stämmen, und war daher immer sehr gefürchtet.
Eine Beachtung einer solchen Fahrlässigkeit scheint heute aber obsolet, im Zeitalter von Drohnen, also Waffen, die den Anschein erwecken, als wären die nicht mit einem ganz bestimmten Menschen verbunden, einem Wesen, dass da einem anderen was antut.
Und wie fahrlässig (unter dem Schutz der Anonymität) erst sind solche Vorschläge, wie die da mit den Drogen ins Grundwasser?
Es hilft nichts: Die Gesellschaft(en) globalisieren wohl, nähern sich an, gleichzeitig verrohen sie, vermutlich irreversibel, auf der nur denkbar niedrigsten Stufe. Globalisieren wir daher gar in Richtung einer neuen nie da gewesenen niedrigen Stufe? Auf welche historische Stufenleiter sollen wir uns denn hinab begeben, wollen wir diese „spätmoderne“ Unsicherheitsgesellschaft überhaupt auf den Begriff bekommen? Nicht wegen eines Mangels an Respekt gegenüber einem Dritten, sondern ob des Fehlens eines jeden Gefühls für Mangel (bei all den Anderen), ob des Überflusses, des eigenen. Und wann in der gesamten menschlichen Geschichte hätten wir je einen solchen Zustand gehabt?
faz.net/blogs/antike/archive/2010/10/11/antike-ohne-sicherheit
Ein Trackback
[…] einzuleiten, das „spare dann den Zaun rundum“. Ich kommentierte das damals unter dem Titel „Ekelhafte Arroganz“. Und wenn wir wissen, dass die „Blaupausen“ zum intelligenten Auto, von der amerikanischen […]