Untergang oder Überwindung
@Berger: Marx hat im Gegensatz zu Spengler keine Kritik des Abendlandes vorgelegt und schon gar nicht dessen Untergang geweissagt. Daher wohl die 0 Punkte. Aber so wie bekanntlich – mit Aristoteles – das Ganze immer mehr ist als die Summe seiner Teile ist, so ist auch Marx mehr als die gesamte ihn ausmachende Wissenschaft (incl. all der darin eingebetteten Pseudowissenschaften). Überhaupt: der Vergleich Spengler-Marx ist starker Tobak. Während Spengler eine reaktionäre Vision im Angesicht der Krise der Moderne imaginierte, verwies Marx auf den möglichen Ausweg, den letzten vielleicht („Last Exit“/Selby), dennoch möglichen, daher notwendig-revolutionären. Ansonsten kann ich Ihnen nur zustimmen, nur dass zu ergänzen wäre, dass eine solche Bildung – für die Massen – im Kapitalismus ein Traum bleibt. Glücksrezepte, gleich ob sie als Einnahme von Hormonen, bzw. Opiaten oder auch nur als „Training“ vorgestellt werden, sollen davon ablenken, dass aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, also jenes kollektiv zu bewältigende „Abenteuer“, den notwendigen Ausgleich zwischen Stresshormonen und Glücksopiaten schafft.
Spenglers düstere Ahnungen stoßen auf Adornos „negative Dialektik“
@Berger: Danke für Ihre Antwort. Ich werde das tun, denn ich weiß natürlich, dass Spengler nicht durchgängig reaktionär rezipiert wird. Aber: eine Beschäftigung mit dem Kapitalismus, gleich ob mit oder ohne Finanzwirtschaft, ohne auf einen revolutionären Ausweg hin zu steuern, endet zwangsläufig „reaktionär“, die Gegenwart verteidigend, bestenfalls. Marx hat den Gang zum Sozialismus als objektiv unausweichlich beschrieben, aber ihm schwante auch ein katastrophisches Finale. Nicht umsonst mahnte er im Kommunistischen Manifest mit dem Doppeldiktum – Kommunismus oder Barbarei – den revolutionären Weg an. Die Diktatur des Proletariats ist nicht das Ziel, sondern der Weg zum Kommunismus. So betrachtet, also gewissermaßen mit offenen Ausgang beschrieben, hat auch der Marxismus apokalyptische Gehalte, doch sind diese nicht als Vision festgeschrieben, sondern nur als Möglichkeit angedeutet. Denn letztlich machen die Menschen ihre Geschichte selber und nicht selten damit auch ihren Untergang. Und das ist der Punkt, wo Spenglers düstere Ahnungen auf Adornos „negative Dialektik“ stoßen (können). Vielleicht aber ist das auch der Grund, warum ein Adorno nicht wirklich als Marxist durchgehen kann. Er ist zu pessimistisch, zu kulturkritisch, zu „kleinbürgerlich“.
faz.net/Pädagoge Ernst Fritz-Schubert:Keine Nachhilfe, kein Ritalin, 01.09.2010
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[…] haben. Auf das Massaker an den Pariser Kommunarden folgte Marxens Theorie von der Notwendigkeit der Diktatur des Proletariats. Auf das maschinelle Massenmorden im 1. Weltkrieg und dem diesbezüglichen feigen Verrat der […]