Im Kreisen um uns selbst

Im Kreisen um uns selbst
Die Franzosen haben da schon eine ganze Reihe merkwürdiger Köpfe auf die Welt gebracht, den kürzlich verstorbenen Lévi-Strauss, z.B., um nur noch einen von ihnen genannt zu haben. Strukturalist, wie er, sind sie wohl alle – mehr oder weniger. Ob das an ihrem katholischen Impetus liegt? Der Unglaube an eines Seins Entität! Es gibt nur einen, den ich kenne, und der ist kein Franzose, der den Weg da irgendwie raus gefunden hat, aus diesem Engel-Hölle-Zirkel – Zizek. Für ihn gibt es nun die „Lücke“. Immerhin etwas mehr als das bloße Nichts, das dem Sein irgendwie entwichen war, bzw. welches dem Sein doch übergeordnet sein wollte. Kein Zufall, dass hier der heilige Thomas ins Spiel kommt, und mit ihm die Scholastik, letztlich die scholastische Logik. Und von da zur Mathematik, der mathematisch formulierten Logik, eines Frege vielleicht?, ist nicht mehr weit. Was will uns das alles sagen? Dass wir nichts haben, kein Zentrum gar, nur das Chaos, nur ein Begriff von allem? Wie heimisch das Chaos doch sein könnte, erfahren wir, wenn wir uns das Zentrum im jeweiligen Gegenüber schaffen, ein bisschen Buber, ein wenig Konstruktivismus. Weit sind wir nicht gekommen, im Kreisen um uns selbst, dem vermutlich einzig nachweisbaren Zentrum.

faz.net/Michel Serres wird achtzig:Der Philosoph ist der Bote, 01.09.2010

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