Der hier kommentierte Beitrag in der FAZ war ohne Kommentarfunktion. Ein guter Beitrag, dem Grunde nach, denn so total gegen den üblichen, von Wolfgang Günter Lerch über Jahrzehnte konsequent durchgehaltenen, diplomatischen Stil, dass die FAZ wohl die Reaktion ihrer Leser fürchtet (vgl. auch Höchstrichterliche Heuchelei).
Die Lunte neu entzünden
Die Möglichkeit für die junge Türkei hätte es natürlich gegeben, nämlich eine nationale Revolution ohne Völkermord, doch dann wäre das keine nationalistische, sondern sehr wahrscheinlich eine bolschewistische Bewegung geworden. Die Sympathie großer Teile der muslimischen Landbevölkerung für den Bolschewismus, wie eine nationalrevolutionäre Bewegung, die alle Völker des osmanischen Völkergefängnisses befreit hätte – von nationaler wie sozialer Unterdrückung -, wurde im Blut des armenischen Volkes erstickt. Es galt dem Westen zu beweisen, dem eigentlichen Gegner einer unabhängigen Türkei, dass diese Türkei die Sprache des imperialistischen Kapitals gelernt hat. Eine perfide Strategie. Wie auch der heimtückische Mord an den damaligen Kommunisten unter Mustapha Suphi – 1922. Er war das Signal: der Bolschewismus hat in der Türkei keine Chance, denn nur die Bourgeoisie – die türkische – durfte eine solche haben. Beide Verbrechen sollten der Türkei den Weg bereiten in einen unabhängigen kapitalistischen Nationalstaat. Letzteres dürfte sich als Illusion erwiesen haben, so wie auch der eitle Glaube, den revolutionären Funken dauerhaft ausgelöscht zu haben. Vielleicht wird sich gar die Lunte an der nicht gelösten armenischen Frage neu entzünden.
Ein Trackback
[…] nicht gelang, war natürlich nicht zuletzt einem Mustapha Kemal zu verdanken, der eine Zeit lang die Gunst der bolschewistischen Revolution zu nutzen wusste, dann aber dem Westen zu beweisen hatte, was für ein famoser Antikommunist er […]