Das Gegenstück zum Prekariat
@Aloha: wenn schon, dann müsste es UdesSR heißen, denn dann hieße es: Union der europäischen sozialistischen Sowjetrepubliken. Es ist übrigens lächerlich den Brüsselern Sozialismus zu unterstellen, nur weil Deutschland angeblich von diesem Europa ausgeplündert wird. Es verhält sich natürlich ganz strikt kapitalistisch, also genau umgekehrt: Der Steuerzahler, vorneweg der deutsche, zahlt ein, damit das europäische, vorneweg das deutsche, Kapital abkassieren kann. Gewinnmaximierung und ausgeglichene Handelsbilanzen können nur noch auf diese Weise, nämlich durch die Nettoeinzahlungen von solventen Steuerzahlern, unter einen Hut gebracht werden. Ich gebe allerdings zu, dass das schon ein komischer Kapitalismus ist, ein solcher, der seine Profite über innereuropäische Transferleistungen und nicht mehr über den direkten Kundenkontakt realisiert. Das ist natürlich auch eine Art „Sozialismus“, aber nur einer in der Tendenz, nämlich als ökonomischer Zwang, der schließlich und endlich nicht nur das Ende des Kapitals vorweg nimmt, in Form eines solchen „Transferkapitalismus“(das Gegenstück zum „Prekariat“), sondern auch und darin liegt seine revolutionäre Option: die sozialistische Zukunft.
Die kapitalistische Aneignung untergräbt die Marktmechanismen
@Land: Danke, dass Sie mir antworten, gibt mir das doch die Möglichkeit an dieser Stelle mal einen grundsätzlichen Unterschied zwischen einem sozialistischen und einem kapitalistischen Europa darzustellen. Das deutlichste Merkmal (wenn auch nicht das einzige) für ein sozialistisches Europa, wäre doch, dass im Gegensatz, zum gegenwärtig kapitalistischen, die Profitmaximierung ausgeschlossen wäre (nicht etwa die Transferleistungen zum Zwecke ausgeglichener Handels-bzw. Leistungsbilanzen). Es wäre also nicht möglich, dass sich zwischen den Transferleistungsströmen die Kapitalistenklasse bereichert. Die Möglichkeit auch einer Verteilungsgerechtigkeit ergibt sich überhaupt erst durch diesen Ausschluss des Kapitals. Und das etwa nicht, weil die Sozialisten so an ihrer Marotte hängen und nicht aufhören das Kapital zu verfolgen. Denn warum sollte im Sozialismus etwas aufrecht erhalten werden, was schon im Kapitalismus als überflüssig in Erscheinung getreten war. Wo Bürokraten bereits den Markt im Kapitalismus ersetzen, wäre es doch im Sozialismus „Perlen vor die Säue“, wenn man jenen Pseudomarkt dann nicht restlos beseitige. Hier liegt übrigens die „sozialistische Tendenz“ eines Kapitals, nämlich dass es die Marktmechanismen untergräbt.
Bürgerliche Revolution nicht die sozialistische
@Aloha: Fällt Ihnen was dabei auf? Mir schon! Marx beschreibt hier die bürgerliche Revolution, soweit diese sich als solche gefiele, und eben nicht in der Kollaboration mit dem untergehenden Feudaladel, wie in Deutschland. Daher die scheinbaren Ähnlichkeiten. Der Sozialismus wäre in all diesen Punkten noch weit radikaler.
faz.net/Vor dem G-8-Gipfel:Eine neue Weltordnung?, 30.03.2010
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[…] den europäischen Markt sauber unter einander aufteilen und mittels Monopolpreise und Kartelle den Transfer der Profite in ihre Richtung lenken, so wird auch die Verwaltung der Arbeitslosigkeit nur mithilfe einer […]
[…] anderer Stelle erwähnte ich es schon (siehe auch: http://blog.herold-binsack.eu und: http://blog.herold-binsack.eu): In der Ära des tendenziellen Falls der Profitrate, die zugleich die Epoche des Finanzkapitals […]
[…] Mobilität. Das dürfte auch eine Lehre sein, nach Lissabon, nach dahin, wo man zuletzt glaubte, Europa gehöre den Bürokraten. Dies ist vielleicht die demokratischste Art eine Verfassung […]
[…] niemandem klar, dass das Problem nicht zugleich die Lösung sein kann. Ein planwirtschaftlicher (durch Transferleistungen gereizter) Kapitalismus scheint genauso wenig zu funktionieren wie ein marktwirtschaftlicher Sozialismus. Und […]
[…] Wenn der Patient keine Krankheitseinsicht hat „Manchmal nämlich werden Produktionskosten nicht vom Produzenten direkt getragen und daher eingepreist gegenüber den Konsumenten, sondern auf krummen Wegen auf die Allgemeinheit.“ Ganz grundsätzlich formuliert, könnte sich das dann auch so anhören: „Der Steuerzahler, vorneweg der deutsche, zahlt ein, damit das europäische, vorneweg das deutsche, Kapital abkassieren kann. Gewinnmaximierung und ausgeglichene Handelsbilanzen können nur noch auf diese Weise, nämlich durch die Nettoeinzahlungen von solventen Steuerzahlern, unter einen Hut gebracht werden.“ („Das Gegenstück zum Prekariat“) […]