Der Abstieg geht schnell

Der Abstieg geht schnell
Schon möglich, dass nun so einige sog. Reiche sparen müssen, das sind aber die Leute, die sich gestern noch auf einen Lebensstandard hoch geschaukelt haben, den sie jetzt so nicht mehr halten können. Hinzu kommt, dass man in jenen Kreisen „mehr Angst hat, als die Polizei erlaubt“, wie man bei uns zu Hause zu sagen pflegt, also mehr spart, als vielleicht gar nötig wäre. Aus der Perspektive der Krisenüberwindung ist das zudem tragisch, da genau diese Einkommensbezieher den Konsum nun in den Keller ziehen. Irgendwo gehört hab ich mal, dass man über der Krise schwebe, mit einem Vermögen von 500 Millionen Euro, drunter wäre prekär. 3400 Euro netto, als Arbeitnehmer, ist so in etwa das Durchschnittseinkommen eines Fachhochschulabsolventen – Dipl.-Ing, etc. -; und genau diese Leute sind von der Krise extrem gefährdet. Das sind Leute mit hohen Verpflichtungen: Doppelhaushälfte auf Kredit etc. (und die Ehefrau, die vielleicht nebenbei ein wenig arbeit, sucht jetzt schon nach einem Ganztagsarbeitsplatz). Der Abstieg geht schnell. Zunächst Kurzarbeit, dann Arbeitslosengeld, und wenn die Krise sich nicht mehr beruht – innerhalb von ein bis zwei Jahren -, haben wir ein nettes Prekariat neuen Stils.

Wertverfall auch in den teuren Lagen
@Don Alphonso: zur halben Milliarde: Statisch besehen haben Sie Recht, aber mit dieser Summe, hat man auch ein wenig Spielgeld, kann in der Krise noch mal absahnen (= Gewinnmitnahmen), wenn man über Insiderwissen verfügt, was ich hier unterstelle, man verliert u.U. viel, aber das treibt einem nicht so schnell den Schweiß auf die Stirn. Mit ner halben Milliarde bleibt man Global Player, bestimmt das Geschehen, hat die Nase also tendenziell oben. Das alles natürlich vorausgesetzt, dass das nicht die „Mutter aller Krisen“ wird. Und welcher Kapitalist, mit einer solchen Summe in der Tasche, glaubt daran, dass das die letzte der Krisen sein könnte, denn überhaupt das Ende des Kapitals.
Es gibt so einige, die diesbezüglich mal weiterdenken, das sind dann die, die „rechtzeitig“ versuchen, sich aus dem Geschäft zurück zu ziehen, wie ein Soros, der nun in Argentinien den Großgrundbesitzer spielt, aber das ist nur die Rolle rückwärts. Es gibt nämlich kein Zürück mehr, so wenig wie ein seitwärts, von wegen in die Büsche schlagen. Vorwärts oder untergehen, scheint den meisten immer noch die bessere Alternative, denn wer will schon vorwärts und doch untergehen, dann ist Glauben die beste Hoffnung. Das ist im Übrigen auch der Grund, warum alles so weitergehen dürfte, wie bisher.
Die kleinen Millionäre hingegen sind ja gerade das Problem. Diese kleinen „Hosenscheißer“ neigen dazu nun Still zu halten, ihr Geld zu halten, Grundbesitz zu halten, also erst mal in Deckung zu gehen, denn sie wissen, wie schnell sie Pleite sind, bei nur einem Fehler. Sie leben von der Substanz, wagen aber keine neue anzulegen. Grundbesitz bei tendenziell fallenden Mietpreisen ist auch nicht so lustig, mal abgesehen vom Wertverfall. Und der Wertverfall in den teuren Lagen folgt, je länger die Krise dauert. Spätestens dann, wenn in den City-Innenstädten nicht mehr nur Karstadt abgerissen wird. Die einzige Option: Abschreibung, also negative Mieteinnahmen!
@Dipsy: Sie haben vermutlich Recht, umso schlimmer – und dafür der ganze Aufwand. A13 ist die Entlohnung im Übrigen für einen Dipl. Ing., wenn er Sachgebietsleiter ist im Öffentlichen Dienst, oder für einen Lehrer, oder für einen Teamleiter im gehobenen Dienst in einer x-beliebigen Verwaltung.

Toplagen in der Krise
@Stilkritik: „Was passiert, wenn es eine solche Klasse von Menschen nicht gibt, war zu Zeiten der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern anschaulich zu besichtigen.“ Wollen Sie mich damit verärgern oder belustigen? Die EX-DDR ist ein Musterbeispiel dafür, wie eine westliche Mafia mit einer östlichen EX-Stasi-Connection all das aufkauft – für’n Appel und Ei -, was gestern noch – zumindest der Form nach – „Volkseigentum“ war, unterstützt von einer nicht weniger innovativen Bürokratie. – Und da wo sie nicht aufkauft, in der Tat, dort ist Ebbe. Mehr oder weniger kriminelle Neureiche, die so nebenbei auch noch ein paar Dummköpfe abzocken (selbst bekannte Schauspieler sind offenbar nicht klug genug!), das sollen die Leute sein, die die „eigentliche Stütze der Gesellschaft sind“? Für die Dummköpfe wohl, mehr fällt mir dazu nicht ein!
@Alphonso: Wie sehr ich wohl richtig liegen könnte, mit meiner Vermutung, nämlich dass vor allem nun Toplagen gefährdet sind, könnte folgendes Zitat belegen:„„Amerikanische Gewerbeimmobilien, zu denen Bürohochhäuser oder Einkaufszentren gehören, gelten in der Rezession weiter als gefährdet. „Es sieht so aus, als ob dies eine Anlageklasse ist, die sich noch verschlechtern wird, bevor es wieder zu einer Erholung kommt“, sagte ein hochrangiger amerikanischer Bankmanager.““ (Standard & Poor’s nimmt Herabstufung zurück: faz.net)
Und genau das ist der Grund, warum diese Leute eben nicht investieren (siehe oben und auch Stilkritiks Einlassung) – sie sollen allerdings dazu gebracht werden, das ist wohl wahr. Der Ruf ist ruiniert, für lange Zeit. Und selbst der dümmste Kopf – der kleinste Hosenscheißer – zieht diesen nun ein. Ob sie damit aber ihr Vermögen halten, wage ich sehr zu bezweifeln. Es ist das Krisenkapital, da nämlich das Großkapital, bzw. eben Finanzkapital, das die Richtung vorgibt. Nicht investieren ist auch eine Form von Selbstmord, da ohne Risiko, vielleicht etwas langsamer. Bei all dem bleibt allerdings noch die Option des Staatsbankrotts, der ultimativen Geldentwertung, des Währungsschnitts, mit all den bekannten und noch nicht bekannten Möglichkeiten. Hiervon bleiben dann nur ganz wenige verschont, die Spitzen des Kapitals, ganz wenige Global Player, nämlich die, die das veranstalten, auf deren Weisung das geschieht.
Und wem das zu „ideologisch“ ist, der kann weghören, bis es dann passiert ist.

Urlaubs-/Kurzeit
@Don Alphonso: Ich bin ab 5.08.09 für 3 Wochen auf Rügen – nur keinen Neid -, mache dort eine Kur – Vater/Kind-Kur, ja das gibt es! -; ich werde dort jedem Computer aus dem Weg gehen – wegen des Stressabbaus (und der Ideologieausleitung). Wünsche euch schönen Urlaub, Südtirol ist ja auch ganz nett. Der Wein dort ist trinkbar, die Berge sind begehbar/die Pässe befahrbar, und die Einheimischen sind noch locker, vor allem beim „Viertel“ Rotwein. Nur ein wenig warm könnte es dort werden. Aber da ihr euch wahrscheinlich meistens in Kirchen aufhaltet, wird’s wohl nicht so schlimm werden.

Zwangsmaßnahmen?
@Mawu: „in Zwangsmaßnahmen denken“. Erklären Sie mir das doch bitte. Oder meinen Sie etwa, da der Sozialismus eine „Zwangsmaßnahme“ sei, könnte ich – als Sozialist – nur in solchen Kategorien denken?
Wenn dem so wäre, wäre nicht nur der Sozialismus zum Scheitern verurteilt, denn jede Kategorie ist per se eine Zwangsmaßnahme – eine geistige.

Klassen gehen auch kulturell auseinander
@Mawu: Sorry, war nicht Online – wegen eines neuen Computers, und den damit verbundenen Problemen.
Kurze Antwort, und die mit Brecht (und glauben Sie mir, ich kenne die Branche, denn es ist die meinige): Erst kommt das Fressen, dann die Kultur. Das ist dann nicht nur eine finanzielle Angelegenheit, sondern eben eine kulturelle, eine Frage der Prioritäten. – Klassen gehen auch kulturell auseinander.
http://faz-community.faz.net/blogs/stuetzen/archive/2009/07/22/reichtumsbericht-2009

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