Wo Ethik und Interessen zusammen stoßen

Wo Ethik und Interessen zusammen stoßen
Wissen als Leihgabe, als „Lehen“, ist in der Tat eine Tendenz, allerdings nicht in der Form, wie Sie das jetzt polemisch auf den Punkt bringen, als ein Zurück zum Feudalismus, sondern aus einem recht komplexen gesellschaftlichen Grunde, hin zur Ausbeutung gesellschaftlichen Wissens.

Da wäre nämlich ein jenes vergesellschaftetes Wissen, und dies auf einem Niveau (ich rede jetzt nicht von „Pisa“), dass es sozusagen in einem Kopf nicht mehr zu tragen wäre (wer kennt da nicht die Vorstellung von superintelligenten Wesen, wo der Kopf überdimensioniert wäre?), gesellschaftliches Wissen, das der ganzen Gesellschaft, dem ganzen Planeten eigentlich gehört. – Beispiel „CERN“, macht das nicht jetzt schon deutlich, wie viel 1000 Wissenschaftler zur Lösung eines Problems engagiert werden müssen?

Die technische Entwicklung wird daher dahingehend laufen, all diese Gehirne dann zusammen zu schließen, direkt, als Supercomputer. Jedes Wissen, was da durchläuft, ist durchlaufendes Wissen, zeitweiliges, danach (nach der Lösung) womöglich obsoletes, und eigentlich nur geliehenes. Eigentum an Wissen wäre daher auf jeden Fall ein Widersinn. Diese Geschichte nimmt Google im Moment schon ein wenig vorweg, indem sie die Wissenden enteignet. Und das noch im Kapitalismus! Keine Frage, dass dieses Wissen nicht den Massen übereignet wird, das ist keine soziale Revolution, sondern dem Kapital, es also auf diese Weise besser nur besser ausgebeutet wird, ohne individuelle Eigentumstitel dazwischen.

Der Intellektuelle wird damit nicht nur einfach proletarisiert, er wird mittellos, prekarisiert, bevor er dann ausgeschlachtet wird. Zurück bliebe dann nur noch die Hülle des vormals Intellektuellen, ein Geistwesen, aber mehr „Geist“ als Wesen, bzw. nur noch „Wesen“ ohne Geist, gewesener Geist. Und die Geschichte mit Kindle zeigt, dass Amazon, als ein großkapitalistisches Unternehmen, sich zum wahren Eigentümer über dieses und jenes Wissen, über all die Geister, erklärt, die Rechte darüber hat, und diese nutzen kann, wie es will.

Eine solche Entwicklung wird nicht zu verhindern sein, nicht als eine des Geistes, es sei denn als ein Projekt des Menschen ganz generell, als ein Aufstand der Massen gegen eine solch ultimative Versklavung, als ein Aufstand des menschlichen Wesens, des ausgebeuteten Menschen, dem Proletarier.

Der Intellektuelle wird dem Proletarier nunmehr noch mehr zugeführt, nicht mehr eben nur geistig (wie in der Romantik – auch in der marxistischen), das zunehmend sogar weniger, sondern ganz materiell, ganz material, im Wesen beider Ausbeutungsverhältnisse.

Umso wichtiger, dass der Intellektuelle, der Revolutionär, der Wachgewordene, der wach Machende, dies begreift und seine Aufgabe wahrnimmt. Wer, außer ihm, soll das den Massen klar machen?

Er ist betroffen, ja, und daher weiß er es, aber er soll sich hier nicht als Betroffener positionieren!

Denn wo Ethik und Interessen zusammenstoßen, blamiert sich immer die Ethik“ (Ernst Bloch).

faz.net/blogs/stuetzen/archive/2009/07/19/digitale-buecherverbrennung-und-feudalismus-bei-amazon

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Ein Trackback

  • Von Der Kosmos ist nur dialektisch zu begreifen am 11. April 2011 um 17:12 Uhr veröffentlicht

    […] einen künstlich erzeugten Strahl zu werfen, den wir dann wiederum brechen (warum denke ich da an CERN?), gleicht dem Versuch ein Stück aus dem Ganzen heraus zu reißen, um das Ganze zu betrachten. […]

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