Patriarchat und erste Klassengesellschaft „fallen zusammen“ (Marx/Engels/Kommunistisches Manifest)

Patriarchat und erste Klassengesellschaft „fallen zusammen“ (Marx/Engels/Kommunistisches Manifest)
Kenne Heinsohn und das Buch nicht, kann dazu also im Konkreten nichts sagen (werde die Lektüre aber ganz sicher nachholen, sage vorneweg: bin misstrauisch gegen alle, die dem Feminismus zu sehr nach dem Mund reden, und dann auch noch von Sloterdijk „empfohlen“ werden!), zu dieser Reflexion aber doch ein wenig. Auf Marx (und auch Engels) geht die Feststellung zurück, dass mit dem Patriarchat, der Unterdrückung der Frau, die erste Klassengesellschaft, also die Unterdrückung und Ausbeutung von Klassen ganz allgemein „einher gingen“ (vgl. Kommunistisches Manifest). Die spezielleren und solchermaßen als marxistische Urtexte zu verstehenden Untersuchungen, z.B. durch Engels, beruhen auf den damals besten Vorarbeiten bürgerlicher Wissenschaftler, bzw. Forscher (Bachofen, Morgan, Darwin), entsprechend dürre waren die Ergebnisse noch. Letztlich ging es Engels darum, die Herausbildung des Privateigentums und des Staates zu erklären. Dabei stieß er darauf, dass „Familie“ nicht immer dasselbe meinte. Wie sich Patriarchat und Klassengesellschaft ganz konkret entwickelt haben könnten (ich betone: könnten, denn alles sind bisher nur Modelle, anhand einzelner bekannter Vorkommnisse und Entdeckungen) haben dann spätere Marxisten versucht zu untersuchen. Ich verweise hier stellvertretend auf „Das Patriarchat“ von Bornemann, der dies anhand der griechisch-römischen Antike versucht.

Es ist so billig wie eben auch verbreitet, sich als „Antimarxist“ zu positionieren, und sich dabei auf die speziellen und vor allem dann auch ersten Texte zu kaprizieren, die Marxisten hervor gebracht haben. Auch der Marxismus, und gerade der, entwickelt sich weiter, und am Allerwenigsten ignorieren Marxisten neuere Forschungsergebnisse. Aber sämtliche „neuere Forschungsergebnisse“ gehen so sehr in Richtung eben dieser ersten marxistischen Erkenntnissen, dass dem Bürgertum (den bürgerlichen Wissenschaftlern und Forschern) eigentlich permanent die Schamesröte übers Gesicht laufen müsste, wo sie doch nicht müde werden zu erklären, dass das alles nichts beweise. Also verkaufen sie ihre Stories mal postmodern mal postmarxistisch.

Vergessen wir doch nicht, dass der Zusammenhang zwischen Patriarchat und Klassengesellschaft sehr lange, ja sehr sehr lange, überhaupt bestritten wurde. Und gerade jetzt entdeckt der Postfeminismus (der gegenderte wie der pseudorevolutionäre) schon wieder, dass die „Geschichte des Klassenkampfes“ doch nur „linke Folklore“ sei, bzw. doch recht eigentlich eine „Geschichte des Fetischismus“ sei (Robert Kurz – „Geschichte als Aporie“ – , Roswitha Scholz – „Das Subjekt ist der Mann“- , Gerold Wallner – „Die Leute der Geschichte“ – , die ganze Wert- und Wertabspaltungskritik also, ich verweise auf meine diesbezügliche Polemik „Philosophus Mansisses“, und vielen Einzelbeiträgen.

Weniger ideo-logisch, nämlich logisch und dialektisch
@aloa5: Besser wäre es weniger ideo-logisch, nämlich logisch zu denken, bzw. dann auch dialektisch. Die Eigentumsfrage ist ganz generell entscheidend für die Verteilung dessen, was da an „Mehrwert“ aus der Arbeit des Menschen gezogen wird. Aber noch wesentlicher ist die Tatsache, dass überhaupt nur unter einer Privateigentümergesellschaft „Werte“ statt Produkte (ein Gebrauchswert, so sehr er dem Käufer entscheidend erscheint, ist nicht wirklich Handelsgegenstand) geschaffen wird. Und dieser „Wert“ ist nichts anderes als eine bestimmte Form von Arbeit, die es nur im Kapitalismus, also in einer den Wert verwertenden Gesellschaft gibt – abstrakte Arbeit. Und da somit auf dem Markt mit abstrakter Arbeit gehandelt wird (die Produkte, auch als Gebrauchswert, sind nur die wohlfeile Hülle; der abstrakten Arbeit und dem Geld gegenüber, bleibt es gleich, ob mit Strumpfhosen oder Parisern gehandelt wird; das Geld ist die eigentliche Form wie der Zweck des ganzen Handels), stellt sich Lohnarbeit letztlich als „Sklavenhandel“ (nicht als Sklavenarbeit!) dar. Somit ist der Abgleich Lohnarbeit – Sklavenarbeit – Sklavenhandel nicht nur seriös, sondern auch produktiv. Kapitalismus bedeutet, dass Geld wegen des Geldes wegen gehandelt wird, über den Umweg einer dem allen gegenüber gleichen Ware. Und dass Geld zu Kapital geworden ist, verdankt es der Tatsache, dass es den Mehrwert, den es aus der Ware Arbeitskraft erzielen konnte (mit Geld wird Lohnarbeit eingekauft), re-investiert und somit akkumuliert. Und dieses wiederum sichert dem „Kapitalbesitzer“ den dauerhaften Besitz der Ware Arbeitskraft, es macht ihn zum Eigentümer an Produktionsmitteln (= Eigentümer an fixem wie variablem Kapital – Maschinen und Arbeiter). Die „politische Aktivierung“, die Sie in die Nähe von „Demagogie“ schieben, ist damit logische Konsequenz aus all dem. Der Klassenkampf wird nicht geschürt, er verläuft kohärent zu einer solchen, abstrakte Arbeit dauerhaft ausbeutenden (wie juristisch abgesicherten) Wirtschaftsweise.

Die von Anft hervorgehobene Trennung von Eigentum und Besitz ist somit sehr evident, denn sie macht deutlich, dass, wenn Kapital von Eigentum redet, es generell das Eigentum an Produktionsmitteln und nicht jedermanns Recht auf Eigentum an all dessen, was er produziert, meint. Das private Eigentum an Produktionsmitteln, sichert den Besitz der Ware Arbeitskraft (faktisch wie juristisch), und dies wiederum das Recht auf Aneignung des Mehrwertes, macht einen solchen Privateigentümer dauerhaft zum Kapitalisten, zum Teil der Kapitalistenklasse. Der Lohn sichert bestenfalls nur die Reproduktionskosten der Ware Arbeitskraft, eben nicht den Mehrwert, und damit macht es den Arbeiter zum „Lohnsklaven“, dauerhaft zum Proletarier.

Falsche Vorrausetzungen – falsche Polemik
@aloa5: Ohne jetzt mal auf Ihre Anspielung „wenn es stimmen würde“ einzugehen, stimmt ganz sicher nicht, Ihre Annahme, dass Privateigentum im Zeitalter eines transnationalen Kapitals, gar weniger bürokratisch, machtzentriert und somit eben nicht „nicht regiertes Eigentum“ wäre, mal ganz abgesehen davon, dass Sie dem Staatsapparat eine völlig unabhängige Rolle in diesem so schönen Demokratie-Verteilungsspiel zuordnen. Der Staatsapparat des Kapitals ist nicht nur der „Kumpane der Börse“, wie sich Marx ausdrückte, sondern mittlerweile nur noch der bürokratisch organisierte Vollzugsausschuss eben dieses Kapitals. Selbst das Parlament, das Perlenstück in dieser oberfaulen Verkettung von Demokratie und Markt, ist nur noch reine Politur. Sie kommen nicht drum herum, mehr als nur Vorurteile gegen den Sozialismus loszutreten, wenn Sie was lostreten wollen. Auch bzgl. Ihrer Formulierung, „solange die Menschen fehlerhaft sind“, gehen mir fast seriöse Gegenargumente aus, so tief liegen die unter jeder theoretischen Debatte, ja gibt es denn was anderes als „fehlerhafte Menschen“. Ja ich erweitere: gab es denn je fehlerfreie Systeme? Meine Kritik am Kapital richtet sich doch nicht gegen die Fehlerhaftigkeit, sondern gegen die grundsätzliche Funktionsweise, selbst bei einer angenommenen Perfektion. Ein Sozialismus wäre allerdings zum ersten Mal ein selbstkritisch arbeitendes und solchermaßen lernendes System – eben per Definitionem nicht fehlerfreies System -, soweit es sich an Marx orientieren würde, jedenfalls, einem System, in dem gerade die Fehler die Grundlage für den Fortschritt wären. Das Kapital hingegen macht nicht nur einfach Fehler (so ist auch die gegenwärtige Krise nicht Ausdruck von Fehlern gewisser gieriger Manager), sondern es ist insgesamt ein fehlerhaftes System, ein solches nämlich, das nur funktioniert, da es nicht funktioniert. Die „unsichtbare Hand“ eines Adam Smith ist nicht wirklich unsichtbar, sondern einfach nur eine geleugnete Hand, oder eine nicht begriffene. Der Markt und dessen Aporien werden einfach nur beschönigt, nicht wahrgenommen, das ist doch die eigentliche Wahrheit. Es wird mit Begriffen operiert, die pure Ideologie sind, und genau das wird dann dem Gegner unterstellt: dessen Widerstand sei doch nur ein ideologisch aufgeladener oder so ähnlich.

Es wird unter Bereitstellung von Unterstellungen polemisiert, so ist es gar nicht der Konsum oder Nichtkonsum eines Bill Gates, welcher den Marxisten so Probleme bereitet, sondern die Konsequenzen, die ein Privateigentum an Produktionsmitteln, das sich natürlich auch in einem solchen märchenhaften Reichtum materialisiert, grundsätzlich und im Detail mit sich bringen. Es geht nicht in erster Linie um Verteilungsgerechtigkeit, das ist ein vulgärmarxistisches Statement, sondern um die Verwertung des Werts – ich habe es mehrfach ausführlich dargestellt -, die Verteilungsungerechtigkeit ist nur eine jener „Konsequenzen“.

Das wichtigste Argument ist aber, dass Kapitalismus die Vorstufe zum Sozialismus oder zur Barbarei ist. Zur Barbarei geht es planmäßig, wenn diese Entwicklungstendenz versucht wird zu unterdrücken. Das Kapital untergräbt seine eigene Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung und beschwert sich dann noch gegenüber seinen Kontrahenten. Wirft diesen Revolutionsgelüste vor, obwohl es doch selber diese Revolution herbeiführt, kraft eigener Unfähigkeit, sprich Ignoranz und Klassendünkel. Dank eigener Entwicklungsgesetze, die es nicht wahr haben will. Darum geht es, nicht um die so gefährliche Omnipotenz eines sozialistischen und damit zentralistischen Staatsapparats. Ein solcher Staatsapparat, sollte er wirklich so sein oder werden, ist auch die Frucht eines entsprechend hart geführten Klassenkampfes. Und wie hart dieser geführt wird, muss ich doch wirklich nicht näher belegen.

Ein dicker „Zaun“ drum
@aloa5: Es liegt nicht in meiner Absicht, mich jetzt in eine Privatauseinandersetzung mit Ihnen (oder auch mit einer anderen Person) zu begeben. Die Schwierigkeiten, die mir Ihre Beiträge bereiten, sind dabei weniger der polemische Stil, als eher diese Sammlung von rein ideologischen Vorbehalten. Warum soll man da noch gegen argumentieren? – Das ist doch völlig zugemüllt (oder um mit Heinsohn zur reden, s.u.: da ist doch ein dicker „Zaun“ drum). Auf Ihre Frage nach der Differenzierung von „Verwertung des Werts“ und „Verteilungs(un)gerechtigkeit“ gehe ich jetzt nicht gesondert ein. Stattdessen kopiere ich einen Beitrag zu Heinsohns Kapitalismuszukunft in der FAZ, der auch ganz gut hier her passt. Nur ein Stichwort, damit Sie den Ansatz verstehen: Abstrakte Arbeit! – Lohnarbeit! Das ist das Schlüsselwort zum Verständnis von Wert, Verwertung des Werts (Profit, Zins…) und Verteilungs(un)gerechtigkeit. Nach meinem Verständnis hätte Marx sein Buch „Das Kapital“ auch genauso gut „Die abstrakte Arbeit“ nennen können, weil diese nämlich die Problematik von der anderen Seite her beschreiben würde. Eine kleinere Schrift hatte Marx daher auch „Lohnarbeit und Kapital“ genannt.

Auf „abstrakter Arbeit“ gelagert
Hinter der „Eigentumsgesellschaft“, welche Heinsohn nicht ganz zu Unrecht, aber wenig originell, als das Wesen unserer Wirtschaft, einer jenen „Zaunwirtschaft“ bezeichnet, verbirgt sich ein noch abstrakterer Begriff: „abstrakte Arbeit“. Das Eigentum bildet den Zaun, aber der Zaun ist gebildet aus abstrakter Arbeit. Und es war niemand anders als Karl Marx, der das aufdeckte. Heinsohn möchte sich mit seinen Begriffen und Kategorien von Marx abheben – wer möchte das nicht? -, das schafft er aber nur, in dem er ihn ignoriert. – Schwacher Versuch! Das Eigentum an Produktionsmitteln, die Verfügungsgewalt über die Ware Arbeit, all das sind wesentliche Formbestimmungen unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Sie wären aber ohne Substanz, wären sie nicht auf „abstrakter Arbeit“ gelagert. Ja mehr noch: Das ganze Wertverhältnis lässt sich ohne Analyse von „abstrakter Arbeit“ nicht verstehen (Aristoteles musste hier passen, vgl. Marx, Kapital, Bd. I), denn „abstrakte Arbeit“ ist ein gesellschaftlicher Begriff, welcher Lohnarbeit voraussetzt, einer solchen, die nur als solche „Wert“ und „Mehrwert“ generiert, und damit auch die Grundlage schafft für den Zins, welcher ja nur Teil des Mehrwertes ist (vgl.: Die nächste Blase schwillt schon an

Die Theorie, das bedingungslose Grundeinkommen und die Liebeslyrik
@aloa5: Es tut mir selber leid, dass nunmehr alle sozialistischen Versuche restlos zerstört sind, dann hätten wir praktischer diskutieren können. Der Sozialismus, sprich: die kommunistische Theorie, muss sich weiterentwickeln, um den daraus entwachsenen Anforderungen gerecht zu werden, und natürlich auch den weiter entwickelten Zumutungen des Kapitals. Und die Theorie ist im Moment das Einzige was es noch gibt an Sozialismus, also entschuldigen Sie, wenn ich mir das nicht nehmen lasse. Das ist im Übrigen kein Ausweichen, sondern die einzig seriöse Möglichkeit neu zu beginnen. Nur lass ich mir die Themen nicht aufzwingen, dazu fehlt mir leider die Zeit. Mit Ihrem „bedingungslosen Grundeinkommen“ weiß ich jetzt wenigstens, woher diese ganzen ideologischen Verquastungen kommen. Habe mich früher schon mit dem Thema aus einander gesetzt. Habe da einen Bekannten, der das ebenso propagiert, nicht zufällig ist er ein Liberaler. Leider ist meine Website im Moment nicht vollständig, denn dort wäre das nachzulesen. Das Archiv muss wieder von Hand aufgebaut werden, hatte da ein Updateproblem. Dauert vielleicht noch einen Monat, dann können Sie, wenn Sie wollen, meine Auffassung dazu lesen.
@Strobl zu: „…der Patriarch selbst war seiner Frau durchaus zugetan“. Das dürfte unbestreitbar sein, zumindest für einen Teil der Patriarchen (es sollen ja auch Zuhälter manche ihrer Huren lieben). Ich gehe sogar soweit, zu behaupten, dass nur so, so etwas wie „Liebe“, Geschlechtsliebe, entstehen konnte (der Begriff selber ist modern, bürgerlich, westlich, apologetisch). Nur wie immer, in einer Gesellschaft, in der die wichtigsten Dinge als Nebensache daherkommen, doch ziemlich kaputt, von Anfang an. Darüber hinaus wäre wohl auch so was wie Lyrik, resp. Liebeslyrik nicht entstanden. Daher bin ich so kühn und behaupte, dass mit dem Verschwinden des Patriarchats auch diese Lyrik wieder verschwinden wird, so schade das im Einzelfall sein mag. Habe mich mit diesem Thema schon befasst, z.B. anhand meiner Eindrücke bei der Befassung mit der Lyrik eines persischen Hafiz (Der Diwan des Hafiz). Siehe: Hafiz_die_Homo_Erotik_der_Nihilismus.pdf.

Die Geschichte ist noch nicht abgeschlossen, sowenig wie die „Vorgeschichte“
@Amft: Der „reale Sozialismus“, wie Sie Ihn nennen, und den es ja nie gegeben hat – das war ein Kampfbegriff gegen marxistische Kritiker -, ist deswegen gescheitert, und er hat deswegen diesen Begriff „ruiniert“, weil er die sozialistische, genauer die kommunistische, Utopie pragmatischen, machtpolitischen Erwägungen geopfert hat. Eine sog. Sozialistische Marktwirtschaft ist in aller Regel der Anfang eines unumkehrbaren und damit desaströsen Prozesses. Der Sozialismus ist die Kampfansage an die Marktwirtschaft, nicht nur an die kapitalistische, er ist der Beginn der Auflösung der Klassengesellschaft schlechthin und damit von Markt, Ausbeutung, Kapitalanhäufung, etc. p.p.

Marktwirtschaftliche Elemente innerhalb des Sozialismus sind immer Kompromisse, die Ausdruck und Ergebnis einer wirtschaftlich rückständigen Gesellschaft waren und sind. Sie sind niemals notwendig, wenn ein entwickeltes kapitalistisches Land eine sozialistische Revolution durchläuft. Allerdings ist die Rechnungsführung noch angelehnt an die „Errungenschaften“ einer kapitalistischen Ökonomie; einzig und allein deswegen, weil eine andere sich innerhalb des Kapitalismus nicht hat herausbilden können, und weil daher neue Erfahrungen und neue Methoden erst noch gemacht, bzw. entwickelt werden müssen. Die Geldwirtschaft steht definitiv auf der Abschussliste ganz oben, so wie Lohnarbeit, Kapital, Profit und Zins. Die Preise sind von Anfang an keine Marktpreise, also nicht an Wertkategorien angepasst, sondern gesellschaftlich notwendige Preise, Preise, die die Bedürfnisbefriedigung der Massen unterstützen. Diese und ähnliche Ideen und Theorien sind nicht desavouiert oder gar obsolet; erledigt sind Vorstellungen, die uns glauben machen wollen, dass die Arbeitsteilung das letzte Wort sind. Denn diese ist mit eine Grundlage für die Klassenteilung. Und sie ist deshalb obsolet, da die Massen zunehmend selber das „Geschäft“ erlernen – im Sozialismus, was ja der ganze Grund für diese Übergangsformation zum Kommunismus ist -, das ökonomische, das politische, das wissenschaftliche und zwar auf der Grundlage einer großen kulturellen Revolution, einer solchen, wie es sie in der Geschichte der Menschheit noch nicht gegeben hat.

Mit dieser treten wir ein in das Reich der Freiheit, und lösen uns vom Reich der Notwendigkeit.
Erledigt sind auch Theoretiker, die uns glauben machen wollen, dass Arbeitsteilung, so wie Klassen, Hunger, Unwissenheit „gottgegebene“ oder natürliche Verhältnisse seien.
Der Untergang des „realen Sozialismus“, den solche Leute mit zu vertreten haben, wird kein Grund dafür sein, diesen Leuten auch noch im Nachhinein recht zu geben.

Auch die Prekarisierung der Klassen und die Barbarisierung der Gesellschaft sind ein Prozess von nicht absehbarer Dauer und Qualität. Jederzeit kann der Klassenkampf hier eingreifen und die Richtung ändern. Solange das nicht erkennbar unmöglich geworden ist, kann man von einer abgeschlossenen Barbarisierung nicht sprechen, es sei denn, man ist ein hoffnungsloser Defätist. Und solange bleibt der Begriff des Sozialismus hoch aktuell und klärend. Nur die Inhalte müssen offensichtlich immer wieder hervorgehoben und gegen Leute verteidigt werden, die sie im reformistischen und revisionistischen Ideologiemorast zu versenken wünschen.

Der Sozialismus ist „Gemeinwirtschaft“, jeder anderer Begriff liegt weiter unter dessen Klarheit, ja noch mehr: alle anderen Begriffe knüpfen an an diverse bürgerlichen Konzepte eines 3. Weges.
Und genau das ist es, was diese Leute, die sich nun frech als Postmarxisten positionieren, eigentlich wollen: bürgerliche Konzepte in die Revolutionäre Linke hineinschmuggeln. Die Geschichte ist noch nicht abgeschlossen, sowenig wie die „Vorgeschichte.“

Ein brutaler Klassenkampf erzeugt brutale Subjekte
@Lemming: Ich stimme Ihnen zu, sogar in Ihrem letzten Absatz. Nach Marx ist das Reich der Freiheit, die klassenlose Gesellschaft, nicht die eines christlichen Paradieses. Widersprüche, Ambivalenzen… wird es wohl immer geben, da haben Sie völlig recht. Was das friedliche Übergangsszenarium angeht, stimme ich Ihnen so nicht zu, allerdings glaube ich, dass da erst ein paar Begriffe zu klären wären.

Was ist schon friedlich? Ein Kapitalismus der per se 1 Milliarde Menschen in die dauerhafte Not verweist, ist niemals friedlich; auch Kriege sind nicht friedlich. „Autokannibalismus“ (Robert Kurz, hierzu zitiere ich ihn gerne), kann auch nicht friedlich sein. Und ob die Herrschenden im Angesicht ihrer Götterdämmerung friedlich bleiben, ist mehr als fragwürdig. Schon Marx bezweifelte diesen Willen zur Friedfertigkeit bei den Herrschenden, selbst wenn, bzw. gerade wenn, eine Mehrheit des Volkes für den Sozialismus mal mehrheitlich demokratisch stimmen würde, wie er das eine Zeit lang für England annehmen wollte (Engels über Marx im Vorwort zur englischen Ausgabe des 1. Bandes des Kapital, MEW, Bd. 23). Der Begriff der sozialen Revolution speist sich aus all diesen Kriterien. Und ein Dummkopf wäre, der sich auf seinen eigenen guten Willen verlässt.

Zu Stalin habe ich mal was geschrieben, leider ist meine Homepage im Moment nicht vollständig. Das ganze Archiv muss handverlesen wieder rein. Arbeite dran. Nur in aller Kürze: Ich bin bemüht auch einen Stalin historisch zu beurteilen, nicht ideologisch. Auch kritisch und vor allem selbstkritisch. Stalin kritisieren heißt für die ganze revolutionäre Bewegung Selbstkritik üben, und zwar ob ihrer nicht enden wollenden Unfähigkeit den Marxismus zu begreifen und ihn weiter zu entwickeln. Stalin war ein Produkt seiner Zeit, ein typisches, ein gewissermaßen tragisches und doch vermutlich „notwendiges“. Er wurde immerhin nicht nur von seiner Partei, sondern von der ganzen kommunistischen Weltbewegung seiner Zeit getragen, unterstützt und verehrt. Das spricht Bände. Schon unter Stalin wurde die sozialistische Entwicklung gestoppt, das steht für mich fest (aber nicht mit der gleichen Absicht und Zielrichtung, wie das dann nach Chruschtschow geschah, Stichwort: Gulaschkommunismus); und somit völlig anders als das das Gros seiner Kritiker zu begreifen sucht. Ich sagte ja: er war eine tragische Gestalt, so wie alle seine Gegner, und wie die kommunistische Bewegung dieser Zeit insgesamt. Aber die Zeit war auch tragisch, und wer von uns Gutgenährten, vielleicht Gemobbten, aber nicht im Klassenkampf Erwürgten, möchte da den ersten Stein heben. – Ich sage es ehrlich: Ich hätte damals nicht leben wollen, auch und gerade nicht als Kommunist. Auch die Gegner Stalins sind verantwortlich für diese Figur. Ein brutaler Klassenkampf erzeugt brutale Subjekte – auf allen Seiten. Hoffen wir, dass wir diese Erfahrung nicht all zu bald nachleben dürfen.

Nette Aussichten
@Amft u.a.: Wenn man den Werttheoretikern (Wertabspaltern) auf den Busch klopft, dann kommt diese Mischung aus bürgerlichem Psychologismus und opportunistischem, reformistischem, revisionistischem Amalgam heraus. Wer Marx ohne das revolutionäre Subjekt „Proletariat“ für sich veranschlagt, reduziert Marx auf einen rein ökonomischen Theoretiker, also genau auf das, was die Bourgeoisie im besten Falle aus ihm macht. Den 1. Weltkrieg, und damit die Epoche des Imperialismus als Beginn der Barbarei zu betiteln, ist wohlfeil, erübrigt sich so jeder antiimperialistischer, antiopportunistischer, antireformistischer und antirevisionistischer Kampf. Das ist zum Erbrechen moralisierender Nichtmarxismus (nicht Post-, nicht „Nichtmehrmarxismus“, wie solche Leute, von sich annehmen wollen). Man überlässt den opportunistischen Richtungen (der Bourgeoisie!) die Interpretation dessen, was Sozialismus meint. Das ist linker Defätismus reinsten Wassers, und wird nur als solcher nicht durchschaut, weil er sich mit dem marxistischen Kritizismus eines Adorno („negative Dialektik“) zum Beispiel schmückt. Im Kern ist das auch Nihilismus, also die Sabotage an revolutionärem Gedankengut, da der „Abgesang eines Kapitalismus“ (so das große Versprechen eines Robert Kurz) zu einem Abgesang des Sozialismus wird. Wo sollen denn die sein, die der „Magie des Kapitals“ noch nicht „verfallen“ sind? Abgesehen von den Wertkritikern – nehme ich mal an -, die letzten indigenen Völkern auf dieser Welt? Damit wäre nicht nur die Revolution zu einem romantischen Event verkommen, sondern eben auch die marxistische Dialektik, die eben das revolutionäre Proletariat genau deshalb entdeckt hat, weil es das ureigene Produkt des Kapitals ist; und weil das Kapital nur von seinen eigenen Produkten, im Rahmen seiner eigenen Entwicklungstendenzen geschlagen werden kann. Der Sozialismus hat nur deshalb eine Chance, weil er vom Kapital selbst hervorgebracht wird, natürlich wider Wollen und wider Wissen. Da aber zur Durchsetzung dessen, ein revolutionäres Subjekt erforderlich ist, bleibt auch immer die Option der Barbarei.
Wäre es anders, könnte man sich in aller Ruhe auf das Ende des Kapitals freuen; man müsste nur Geduld haben. Der Sozialismus, der Kommunismus (auf der Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus eines Marx) sind immer möglich, auf jeder Stufe der Entwicklung des Kapitalismus. Und die Barbarei ist kein absoluter Endpunkt, sondern von Anfang an Option dieses Kapitals, und relativer Begleiter auch eines revolutionären Kampfes; auf jeder Stufe eben dieses Kapitals und des daraus resultierenden Klassenkampfes. Selbst aus einem siegreichen Sozialismus kann diese Barbarei erwachsen, denn der Sozialismus bedeutet eben noch nicht irreversibles Ende des Kapitals. Die Entwicklung der Sowjetunion, der VR China und anderer ehemals sozialistischer Länder, machen das all zu deutlich. Das Umschlagen von Sozialismus in den Kapitalismus beinhaltet auch immer die Installation eines faschistischen Regimes. Und was wäre nicht ein deutlicheres Symptom der Barbarei? Folgen wir diesen Defätisten, dann wird die revolutionäre Veränderung der Gesellschaft zu einem ewigen Wunschtraum, wenn nicht gar zu einem nicht enden wollenden Albtraum. Es bleiben dann tatsächlich nur noch apokalyptische Visionen, oder eben Konsumverweigerung – also Selbstmord. Nette Aussichten!

Dem Hütchenspieler auf die Finger hauen
Habe ich das jetzt richtig gelesen? China sei ein sozialistisches Land? Ich glaub, mich laust der Affe!
Ein „Vergeudungskapitalismus“ war der Kapitalismus von Anfang an. Es geht nämlich nicht darum, dass Güter produziert werden, die Bedürfnisse befriedigen, sondern die Mehrwert und Profite realisieren, ja die „Werte“ sind. Sonst nichts. Was diesen Maßstäben nicht entspricht, konnte immer schon vernichtet werden!
Das ist wahrlich eine Art esoterischer Marxismus, den wir hier zu hören bekommen. Jede Art von bürgerlicher Spekulation wird gnadenlos mit marxistischen Begriffen und Kategorien vermengt.
Und was bedeutet bitteschön vom marxistischen Standpunkt aus „Marktsättigung“? Ist es nicht eine Binsenweisheit, dass das Kapital alles zu Wert macht und jedermann in seine Arbeitskraft wie in seinen Konsumenten; so wie es auch jeden Vermögenden in seinen Schuldner zu verwandeln versteht? Lehrt uns letzteres nicht gerade wieder mal das Finanzkapital?
Eine solchermaßen eben nicht nur arithmetisch wachsende Welt kann niemals gesättigt sein. Die Fragen sind allerdings:
Wer darf satt sein, wer muss weiterhin hungern?
Mit welchen Produkten werden wir gesättigt. Mit welchen nur geködert?
Die Biotechnologie wird uns da noch mit so einigen Überraschungen aufwarten. Die Technik, also das Hilfsmittel, ist längst der größte Markt. Und dieser kann nicht satt sein. – Niemals.

Wovon hier womöglich die Rede ist, ist das Obsolet-werden der Ware Arbeitskraft. Richtig ist, dass es eine solche Tendenz gibt; richtig ist aber auch, dass eine wachsende Weltbevölkerung – eine solche, deren größter Teil noch unter sehr primitiven Verhältnissen ausgebeutet wird – vom Weltkapital auf sehr komplexe Weise verwertet wird. Es ist eine Art sich ständig bewegende und damit sich vor allem unten verändernden Pyramide. Die Entwicklung des Kapitals verläuft somit recht ungleichmäßig. In einem solchen System kann die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen noch einige Zeit so vor sich gehen, ohne dass das technische Limit erreicht wäre. Ein ganz kleiner Teil wird es vielleicht in den nächsten 10 bis 20 Jahren geschafft haben, fast ohne menschliche Arbeitskraft zu wirtschaften; dies aber auch nur, weil der größte Teil der Weltbevölkerung eben genau dies nicht schafft. Damit bleiben die Ware Arbeitskraft, der Markt und die Verwertung des Werts erhalten. Quidproquo – so lautet die heimlich-unheimliche Devise!

Das Paradox: Das was als Schwäche des Kapitals erscheinen mag – seine Unfähigkeit die Massen satt zu machen -, scheint seine wahre Stärke zu sein. So wird die Spannung erhalten. – Den Hunger, mit dem Hunger besiegen, Zeit gewinnen, neue Produkte auf den Markt bringen, neue Hungernde generieren, neue Versprechen, neue Lügen, neues Warten, neue Produkte. Ein solches System hat was von einem Hütchenspiel, und es kennt keine „inneren Schranken“; es kann nur gestoppt werden, indem man dem Hütchenspieler auf die Finger haut. Ganz kräftig.
Seine Krisen sind der letzte Grund für die Möglichkeit es irgendwann zu stoppen; denn da gerät es ins Stocken und alle Tricks und Machenschaften kommen ans Tageslicht, so wie all seine Entwicklungstendenzen und Aporien. Nicht überall zur gleichen Zeit, aber immer wieder, immer wo anders und ständig gründlicher. Die Menschen sind es, die diese innere Schranke sein müssen. Sie tun dies nicht, indem sie sich vom Markt verabschieden (das können sie gar nicht, und solange gibt es keine Marktsättigung, in diesem Sinne bleiben sie immer Teil des Systems!), sondern indem sie diesem System den politischen Kampf erklären, aus dem Geschehen des Klassenkampfes heraus (parallel zu ihrem Marktidiotendasein, aber organisiert und eben nicht individualisiert) auf eine wissenschaftliche Theorie hin orientiert. Dort, von wo aus dem System der Hütchenspieler der Kampf angesagt wird, prinzipiell und unerbittlich.

faz.net/blogs/chaos/2009/05/27/eigentum-ist-maennlich

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