Wo das Recht der „Mehrheit“ endet
„Die Regierung in Ungarn hat für ihr Vorhaben, den Staat umzubauen, in freien Wahlen eine überwältigende Zustimmung erhalten und kann sich besser legitimiert fühlen als alle Koalitionsregierungen in den meisten Ländern, deren Handeln im Widerspruch zu Programmen und Absichtserklärungen der Politiker und dem Willen der Wähler steht.“
„Legitimiert fühlen“, Sie sagen es. Denn eine „Mehrheit“, gleich wie hoch sie ausgefallen sein mag, infolge einer Wahl – und gleich ob da jetzt Wahlfälschung mit drin war, oder nicht –, ist im aktiven Geschehen schnell verspielt. Des Volkes Wille ist nicht selten dessen Laune. Und ebenso nicht selten ganz ordinär manipuliert. Und kein Herrscher wusste das besser als der Römer.
Aber darauf hebe ich jetzt gar nicht mal ab. Und auch nicht darauf, dass eine revolutionäre Veränderung keine einfach herbeigewählte sein kann. Sie lebt vom Schwung einer aktiven Masse. Und auch wenn die gegenwärtige Veränderung in Ungarn keine revolutionäre ist, denn ist sie doch eine geradezu im Wortsinne konterrevolutionäre, da wahrlich rückwärtsgewandte, kann auch eine solche sich nicht auf eine passive Unterstützung der Volksmassen verlassen.
Ungarn hat Sitz und Stimme im Europaparlament. Und allein aus diesem Grund schon ist dessen Souveränität nicht ausschließlich eine ungarische. Das sei auch all denen ins Stammbuch geschrieben, die da, aus welchen Gründen auch immer, die zunehmend fehlende nationale Souveränität innerhalb des Vereinten Europas beklagen, obwohl sie ein Vereintes Europa explizit nicht ablehnen.
Und gleich ob man nun dieses Vereinte Europa als revolutionäres oder als konterrevolutionäres Projekt ansehen möchte – für mich ist es (unter Bezugnahme auf Lenin) ein „konterrevolutionäres“ oder ein „unmögliches“ –, wenn man sich dazu bekennt, muss man die Konsequenzen zu tragen bereit sein. So haben die Ungarn nicht das Recht innerhalb dieses Vereinten Europas eine quasi faschistische Monarchie zu errichten. Ein Regime wie es dem von Miklós Horthy immer ähnlicher wird. Und hier hört im Übrigen mein Verständnis für „Mehrheiten“ ganz grundsätzlich auf. Keine „Mehrheit“, gleich auf welche Weise sie sich zu legitimieren sucht, hat das Recht eine „Minderheit“ zu terrorisieren.
faz.net/blogs/antike/archive/2012/02/12/in-alle-richtungen-brauchbar-quousque-tandem-abutere
Ein Trackback
[…] Und dass Ungarn unter der Orbán-Regierung die Rolle rückwärts macht, in Richtung jenes monarcho-faschistischen Miklós Horthy-Regimes nämlich, und welches Ungarn schließlich an die Seite des Hitlerfaschismus führte, sollte nicht […]