Der Wüste entgehen

Der Wüste entgehen
@Don Alphonso: Wieso sagen Sie nicht rechtzeitig, dass Sie in Frankfurt weilen werden, ich hätte Sie vielleicht vom Bahnhof abholen können (oder sind Sie etwa mit dem Auto hierher gefahren?), auf einen Espresso – es gibt da im Bahnhof einen guten Italiener.
Ein schöner Satz übrigens, ich liebe solche dialektische Wendungen: „Wir gaben niemanden einen Anlass, die Augen zu verdrehen – heute ist da niemand, der einem dazu Anlass geben könnte.“
Das mit den U- und S-Bahnen ist übrigens noch viel schlimmer, als Sie ahnen. Meine Frau ist einmal aus der U-Bahn ausgestiegen und von so einem „Ochsen“ mit voller Wucht umgerannt worden. Sie trug über Wochen eine Halskrause. Und der Kerl war schneller weg als er angerannt kam. Der muss bekloppt oder auf der Flucht gewesen sein.
Einer der Gründe, warum wir in den Taunus gezogen sind. Ochsen gibt es wohl auch hier, aber die sind übersichtlicher vertreten.
Die schönste Oase, die ich je zu sehen bekam, war im Hotel Abbas, in Isfahan/Iran. Auch dort zahlen die Leute mittlerweile Eintritt, auch wenn sie nur auf einen Tee kommen wollen. Es ist wirklich eine Oase, um diese wurde einst die ganze Stadt gegründet. Bedauerlich nur, wie schlimm die Wüste drum herum ist, wahrlich eine Wüste, eine emotionale, nicht nur im Iran.
Wobei die Gegenwart dort, sich mal ganz anders offenbart, ungeahnt emotionsgeladen.
Das Volk erobert die Straßen und kauft sich nicht mehr ein – nur zum Besuch in die Museen.
Ein Gedanke ist das wohl wert, ein solcher Versuch, der Wüste zu entgehen.

Blechtrommel mitbringen
@Treff: Nur keinen Neid. Wir können uns auch in der Stadt X treffen, und dorthin bringen Sie eine Blechtrommel mit, das macht dann richtig Laune.

Museumslatschen mitbringen
@Alle: Die Idee mit dem Treffen ist mal gar nicht so übel, da käme ein wenig Leben in den virtuellen Schuppen. Vielleicht treffen wir uns gar in Dons Villa am Tegernsee. Die scheint doch groß genug zu sein. Nur so ein paar Museumslatschen müsste vielleicht jeder mitbringen, sonst wären die Unkosten für ihn vielleicht doch zu hoch, und so polieren wir mal seinen Parkett, ganz nebenbei.
Aber ich höre gar nichts mehr von ihm, der wird sich doch nicht verdrückt haben?

Kultur gegen die Sklavenseele
@Alter Bolschewik: Benjamin haut mich nicht so von den Socken, Kästner schon eher. Ich liebe daher alte Tavernen, solche, die mich in ein Museum führen. Und noch mal zu Benjamin: ein wenig zu trivial, dessen Materialismus. Ich halte es da eher mit Lenin, der die Kultur, gerade die alte, fürs Proletariat doch sehr schätzte. Man sollte allerdings in der Lage sein, hierbei das Genie der „Massen“ zu sehen. Solange Ausbeutung herrscht, bliebe der Anblick dessen, und damit mal in einen für sie sehr vorteilhaften Spiegel, der Trostpreis für die geknechteten Proletarier.
Nehmen wir nur die Pyramiden in Ägypten oder auch die der Mayas, sind das doch nicht nur Monumente architektonischen und planerischen Genies, sondern eben auch eines der Organisation der Massen. Letzteres – die Organisation der Massen – geht nicht ohne das Zutun dieser Massen. Gesellschaftliche Arbeit, in einer Entwicklungsphase der Geschichte der Klassengesellschaft, in der es eine solche noch gar nicht gab – herrschte doch im Prinzip Sklaverei ringsum (aber eben nicht in Ägypten!) -, als die wichtigste Form ihrer Lebensäußerung (solange die Arbeit insgesamt noch nicht obsolet ist), konnte nur so den Massen vor Augen geführt werden, wo doch ihr übriges Leben ziemlich armselig war. Solch herausragende Events prägen das Genie der Massen, stärken ihr Selbstbewusstsein, machen sie immun gegen Sklavenseelen. Und genau letzteres ist die Voraussetzung für eine revolutionäre Erhebung, falls diese nötig wird. War das doch der Grund für, warum Marx davon so überzeugt war, dass das Proletariat die einzig noch revolutionäre Klasse ist – ihre Organisation in der Industrie nämlich.
Inwieweit die abstrakte Ausbeutung einer abstrakten Arbeit (siehe auch zu Strobl: Keine semantische Offensive), nun seine Kriterien noch erfüllt, darüber darf man ruhig nachdenken, wenn man zur Frage des Vorhandenseins eines revolutionären Subjekts im aktuellen Kapitalismus eine Antwort sucht.

faz.net/blogs/stuetzen/archive/2009/06/23/artigkeiten-und-unartigkeiten-im-staedel

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