Falsches Bewusstsein am Werk

Falsches Bewusstsein am Werk
Der Fehler der Neurowissenschaft ist vor allem der, dass da geglaubt wird, dass wenn man die neurophysiologischen (letztlich doch biochemischen) Prozesse im (menschlichen) Gehirn erforscht, erschlösse sich einem von selbst der Prozess der Bewusstseinsbildung. Am Beispiel eines Paul Singer („Singers Präjudiz“) vom Max-Planck-Institut lässt sich gut zeigen, wie da selber falsches Bewusstsein am Werk ist. So kann es nach seiner Deutung nur noch ein funktionierendes und ein nicht (richtig) funktionierendes „Gehirn“ geben. Beim Kriminellen funktioniere somit per definitionem das Gehirn nicht richtig. Was kriminell ist, oder nicht, ist aber eine Frage von gesellschaftlichen Übereinkünften. Diese müssen evtl. hinterfragt werden. In eines Herrn Singers Kurzschluss sehe ich die ganz große Gefahr nicht nur im Hinblick auf eine damit einhergehende Eugenik-Debatte. Ist doch Theoriebildung nichts anderes, als die Rückversicherung dessen, worüber wir uns in unserem Alltag offenbar mehr oder weniger spontan einig sind. Spätestens dann, wenn auf der dahinterliegenden und in aller Regel nicht hinterfragten Matrix die Parameter neu justiert werden müssen, um eben solche Übereinkünfte überhaupt zu ermöglichen, tritt der philosophische Diskurs auf. Dieser wäre obsolet.

faz.net/philosophische-neurokritik-wider-die-uebervorsicht-28-7-1011

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Ein Trackback

  • Von Erkämpft, ergaunert, erworben, ererbt… am 13. Januar 2012 um 14:33 Uhr veröffentlicht

    […] was eben nicht damit zu klären geht. Das ist im Übrigen dieselbe Differenzierung die ich einem Ralph Singer empfehlen würde, bevor dieser anfängt über angepasste und nicht angepasste (ergo: „kranke“) […]

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