Der kleine Unterschied zu Erdoğan

Der kleine Unterschied zu Erdoğan – 1. Teil
In der Person des ehemaligen Innenministers, vormaligen Polizeichefs und ursprünglich mal Leiter der Abteilung zur Bekämpfung des Terrorismus, Herrn Mehmet Ağar, zeigen sich ganz deutlich die Spuren beider Linien. Unter den kemalistischen Militärs ist Ağar zum Abteilungsleiter aufgestiegen, zunächst war er Leiter der Abteilung „Terrorismus“. Nachdem die Gruppe „Dev Sol“ ein Kopfgeld auf ihn aussetzte, seine „Todesschwadronen“ mordeten nicht nur massenhaft linke Regimegegner, sondern bereicherten sich auch als Organisierte Kriminalität, wurde er der Abteilung für gewöhnliche Kriminelle als Leiter zugeordnet. In dieser Eigenschaft war er Verbindungsoffizier zur Kriminalpolizei in Frankfurt a. M. Ein gefeierter Held sozusagen. Seine Privatarmee hat er offenbar weiterhin aufrecht erhalten (was später durch einen Unfall ans Tageslicht kam, dem sog. Susurluk-Skandal, bei dem sich auch herausstellte, dass der von Interpol gesuchte sog. Papstattentäter Ali Ağca – nicht nur in der Türkei ein legales Leben führen konnte, sondern auf der Gehaltsliste eben jenes Ağars stand). Er stieg schließlich unter dem damaligen Bürgermeister Erdoğan – genau jenem Erdoğan – zum Polizeichef Istanbuls auf. Unter Madam Ciller avancierte er zum Innenminister.

Der kleine Unterschied zu Erdoğan – 2. Teil
Er und auch Ciller (Ciller, so die türkischen Zeitungen damals, soll sich um etwa 20 Millionen Dollar bereichert haben!) mussten zurücktreten, als eben durch diesen Susurluk-Skandal (die FAZ berichtete) seine parallele Laufbahn als Mafiaboss und Todesschwadronenkommandeur ans Tageslicht kam. Das hinderte diese Banditen, die die Türkei übrigens nicht nur politisch, sondern vor allem eben wirtschaftlich beherrschen, nicht daran, ihn als Nachfolger Demirels zum Staatspräsidenten machen zu wollen. Was durchaus konsequent gewesen wäre, denn gerade dieser Demirel war ein enger Freund der Familie Ağar. Der sog. „Tiefe Staat“ ist eine terroristische Organisation der herrschenden Klasse der Türkei. Eine paramilitärische Gruppierung, die sich unter dem Schutz des Gladionetzwerkes, einer vom CIA geleiteten Killerabt. der Nato, heraus bilden konnte, in der Türkei auch „kontr-gerilla“ genannt. Es ist die „Mutterpartei“ aller reaktionären und obskuren Parteien und Kräfte der Türkei. Deren Ideologie ist sowohl kemalistisch-nationalistisch als auch pantürkisch, gewissermaßen pseudowestlich, denn auch islamistisch. Vielleicht in dieser Reihenfolge, was den kleinen Unterschied zur Partei Erdoğans kennzeichnen könnte, wenn es diesen gibt.

Auf dem Altar der Profitmaximierung geopfert – 1. Teil
Der Susurluk-Skandal hat deutlich gemacht, dass es sich in der Tat um eine quasi Verschwörung handelt, allerdings eine, in der wesentlich mehr Kräfte involviert sind, als man bisher annehmen wollte. Wenn ein von Interpol gesuchter Verbrecher sich ganz legal in einem Nato-Land aufhalten kann, u.a. auch deshalb, weil er auf der Gehaltsliste eines Verbrechers steht, der zufällig oder auch nicht zufällig der aktuelle Innenminister jenes Landes ist, wie gesagt eines Mannes, der sich bis dato bester Referenzen erfreuen durfte – von der Nato abwärts -, dann wirft das eben nicht nur ein bezeichnendes Licht auf die Politik eben dieses Landes, sondern auf ein bestimmtes Strickmuster der gesamten internationalen Politik. Interpol, Nato, ja ganze Regierungen in den Händen einer mächtigen politischen und wirtschaftlichen Clique, deren Zentrum ganz definitiv in den USA liegt, aber sich eben nicht darauf reduzieren lässt. Und das wirft auch einen Blick auf das aktuelle antiamerikanische Gehetze der offiziellen Politik und Ideologie eben dieses Staates – des türkischen nämlich. Diese Politik dient zu nichts mehr und zu nichts weniger als der ideologischen Indoktrinierung der mit Halbwissen gefütterten Massen.

Auf dem Altar der Profitmaximierung geopfert – 2. Teil
Jener Massen, die diese Verflechtung ahnen, die Winkelzüge einer Politik sehr wohl erkennen, das Geschachere mal um diese mal um jene Besonderheit – heute um das Kopftuch, morgen um die Interessen eines unterdrückten Volkes, übermorgen um die einer religiösen Minderheit -, aber die eben nicht die ganze Tiefe des Komplotts begreifen. Mal wird provoziert um abzulenken, mal ist die Provokation wiederum echt. So benutzt man auch den sog. Antiamerikanismus nicht um eine Phalanx gegen den großen Bruder zu schmieden, das ist nur wohlfeile Propaganda, nein, um ideologische Reserven zu mobilisieren, die immer nützlich sind, wenn man ein Volk für reaktionäre Abenteuer zu missbrauchen sucht – den Antisemitismus. Und genau das passt in die ideologische Matrix selbst jener Kräfte, die nie müde werden, sich als Freunde des jüdischen Staates anzudienen, doch hinter dessen Rücken, seine schlimmsten Feinde mobilisieren. Und das ist auch der Grund, warum man das eigentlich nicht als Verschwörung durchgehen lassen darf, denn es ist nun mal das Merkmal der Politik der am meisten reaktionären Kräfte des Finanzkapitals, sich als Patrioten zu verkaufen, doch in Wahrheit die nationalen Interessen ihres Landes, die existenziellen Belange ihrer Völker auf dem Altar der Profitmaximierung zu opfern.

faz.net/Christenmorde in der Türkei: Der Tod in Anatolien, 15.01.2011

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  • Von Die Widersprüche im Feind nutzen am 3. Februar 2011 um 19:53 Uhr veröffentlicht

    […] sind genauso falsch wie seine Heucheleien, gleich ob sie pro -oder antiisraelisch sind. Er ist ein „raffinierter Hund“, um es mal salopp zu sagen. Die Türken wissen das längst, nur wir hier sollen die Naiven bleiben. […]

  • Von Die Auszeichnung für eine geschickte Täuschung am 7. März 2011 um 20:15 Uhr veröffentlicht

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