Das Finanzsystem und das „Schicksal“
Wenn ich in meinem Beitrag „Das Schicksal scheint nicht mehr abzuwenden“ von den Furien sprach, die im Gegensatz zum Olymp (auf dem sich das Finanzkapital wähnt) die griechische Tragödie längst bestimmen, dann meinte ich das nicht wirklich in der überbrachten mythischen Bedeutung, sondern in einer modern-metaphorischen. Das griechische Volk steht für mich für „die Furien“ (der röm. Begriff ist bekannter als der griech. „Erinnyen“). Und wenn das Volk zu entscheiden hat, mag das wie „Schicksal“ daherkommen. Doch auch dieses Schicksal ist so wenig unabwendbar, wie die gegenwärtige Handlungsunfähigkeit auf dem Olymp. Wenn das griechische Volk nämlich nicht handelt – jetzt – also die Gunst der Stunde verstreichen lässt, die ihm das „Schicksal“ zugespielt hat, wird man auf dem Olymp wieder erfindungsreicher. Wenn die Herrschenden sich in ihre „Antinomien“ (ein griechischer Begriff) verstricken, dann sollten die „Rachegöttinnen“ nicht zögern zu handeln, allerdings ohne dabei sich an „Rache“ zu vergeuden. Das entspräche nicht der modernen Sicht der Dinge. Darin übrigens sowenig wie die Vorstellung des Bourgeois, dass seine, dem gegenwärtigen Finanzsystem geschuldete, Handlungsunfähigkeit irgendeinem „Schicksal“ entspringt.
faz.net/Europa in der Krise: Der Riese taumelt in sein Schicksal, 20.06.2011