Den Kuchen der Herrschenden zurück weisen

Den Kuchen der Herrschenden zurück weisen
Dass die Politik sterben wird, absterben, mit der Klassengesellschaft, die da nämlich eines Tages ebenso abgestorben sein wird, das hat nicht nur Marx vorausgesagt, das ergibt sich aus dem Kontext der gesamten marxistischen Theorie. Politik ist nicht nur an die Klassengesellschaft im Allgemeinen (wie an die Existenz des Patriarchats hierbei im Besonderen), sondern auch ganz konkret an den Staatsapparat gebunden. Im engeren Sinne des Wortes ist Politik die Semantik einer eben solchen Staatsmacht. Dass die Politik schon abstürbe, quasi mit dem Sterben der bürgerlichen Staatsmacht, dies scheint aus marxistischer Sicht so evident wie eben aber auch übertrieben. Soweit dies „Absterben“ nicht über das „Sich-überlebt-haben“ hinaus gehen wird. Die Fortexistenz eines Zombies auf der Ebene der Staatsmacht liegt eingebettet in sich prekarisierenden Klassen. Absterben kann der Staat erst, wenn die Klassen abgeschafft sind. Beides also im Kontext eines noch einmal heftig aufflammenden Klassenkampfes. Und dies wird innerhalb des Kapitalismus eben nicht möglich sein, dennoch dessen ganze besondere weitere Existenz bestimmen.

Ein Kapitalismus, der überholt ist, dennoch nicht abgeschafft, wird in seinen internen Kämpfen auch das vorwegnehmen, was er eigentlich zu verhindern sucht. Der Lauf der Geschichte lässt sich biegen und beugen, dennoch nicht gänzlich umgehen. Das Klassengeschehen verbleibt in dessen „Gravitationsfeldern“. Mit jeder großen Krise, und die Abstände zwischen zwei Krisen verkürzen sich dramatisch, kommen wir einem „Sozialismus“ in ökonomischer Hinsicht, will heißen: als Ausdruck von dessen Notwendigkeit, immer näher, wenn auch in politischer Hinsicht so ohne weiteres wohl nicht.

Ist die Klassengesellschaft obsolet, dann wird sie untergehen. Auf welche Weise, das ist die nächste Frage. Nur diese wird endlich entschieden von den beiden großen Klassen, vom revolutionären Klassenkampf: dem zwischen Kapital auf der einen und Arbeit auf der anderen Seite.

Die Politik, die dabei untergeht, wird in diesem Kampf immer wieder „aufgehoben“, will heißen soweit „bestätigt“, wie dieser Klassenkampf es erforderlich macht.

Wenn das Kapital überwiegt, dann zeigt sich die Politik als dessen Wurmfortsatz, um nicht zu sagen: als dessen „Hure“. Der Schrei nach dieser „Hure“ hat dann sicherlich schon etwas obszönes (nicht nur, wenn gewisse „Handlungsreisende“ in ihren Nobelherbergen die Zimmermädchen über alle Maßen belästigen, obwohl solche Akte schon paradigmatisch wirken könnten!), dennoch nicht völlig absurdes. Wenn eine Hure Liebesdienste leistet – gegen Cash -, dann erbringt ein solcher Staatsdiener eben genau solches. Nur scheint die „Staatshure“, gemessen an ihrer Effizienz, als nicht sonderlich wohlfeil (mit Ausnahme vielleicht von der letzten „Finanzkrise“, wo sie sich willig über alle Maßen gab, und mal so richtig ihr Geld wert wurde).

Und wenn solches – und darin dem Händel zwischen Hure und Freier auf der Straße nicht unähnlich – offen dargestellt wird, bekommt die Gesellschaft Geschmack daran, bzw. wird verdorben. – Welcher Autofahrer möchte die Abwrackprämie nicht wiederholt sehen – am besten alle 3 Jahre? Und wenn ein ehemaliger Finanzminister sich frech zum Kanzlerkandidaten kürt, wie dieser Tage geschehen, wo der doch genau weiß, wie sehr seine privaten Geschäftsgebaren offen diskutiert werden, da kann einem schon der Vergleich in den Sinn kommen – dem mit der Edelhure, die da glaubt, sie könne sich alles leisten.

Solches will mir als Ausdruck des Überlebt-seins des bürgerlichen Staates erscheinen. Und darin eben nicht nur als reine „ökonomische Notwendigkeit“. Es ist Ausdruck einer andauernden politischen Krise, einer „Staatskrise“ quasi. Wenn auch leider (vorerst) ohne politische Konsequenzen. Die andere Seite – die Arbeit – scheint nicht nur zu pennen, ihre Chancen zu verpassen. Sondern viel mehr darin auch in ihrem gegenwärtigen Zustand erfasst.

Zu viele „Edelhuren“ auf offener Straße, verderben nicht nur das Geschäft, nicht nur den entsprechenden Ruf gewisser „Dame“, sondern auch den „öffentlichen Geschmack“. Das Volk will „besseres“ als „Brot“, es will „Kuchen“. Damit die Mär von jener gewissen Marie Antoinette auf merkwürdige Weise dialektisch aufhebend. Könnte es doch eines Tages in den Geschichtsbüchern heißen: Die erste (wenn nicht gar die) letzte proletarische Revolution war nur möglich, weil das Volk, die arbeitende Klasse, den „Kuchen“ der Herrschenden zurück wies.

Es wird Zeit, dass das Proletariat einen deutlich besseren Geschmack erwirbt.
faz.net/blogs/formfrei/archive/2011/05/19/was-kann-die-politik-noch-leisten

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  • Von Wie das Finanzkapital sich neu erfindet am 27. Dezember 2011 um 13:36 Uhr veröffentlicht

    […] der Zeit des Absolutismus waren, nur in umgekehrter Richtung – von Geburtshelfern mutieren sie zu „Abwrackern“ der […]

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