Eines Volkes schräger Geist
Ist das nun der immer wieder beschworene Geist der „Mitte“, oder der regelmäßig verleugnete „Geist, der stets verneint“, wie ihn Goethe – mit Mephisto – in eine sich revolutionierende Welt entlässt? Werden hier gerade Hierarchien geschleift, im Sinne von: „denn alles, was entsteht, ist wert, daß es zugrunde geht“. Leben wir gar in revolutionären Zeiten? Die Frage mal anders gestellt: Brauchen wir eine Herrschaft der Mittelmäßigkeit um die Herrschaft schlechthin desavouiert zu haben? Und wäre das eine weitere Groteske nur einer materialistischen Dialektik, wie sie sich gerade im Klassenkampfgeschehen so oft zeigt? Zwingen die Massen denjenigen, die sie beherrschen, und die sie nicht zu besiegen vermögen, ihre eigene Mittelmäßigkeit auf (Ortega würde es beschworen haben), anstatt sie zum Teufel zu jagen? Wo ein Kapital sich frivol als „alternativlos“ feiert, da scheinen die Massen genau diesen Weg gehen zu wollen! In Stuttgart (21) wird das gerade zelebriert. Wo es denn „besser wär(e)“, dass erst gar „nichts entstünde“, und wo „alles was (sie) „Sünde, Zerstörung, kurz, das Böse nenn(en), längst entdeckt ist, als eines jenes Mephistos „eigentliches Element“. Nur dünkt es mir, dass da nicht die Dialektik aus der Flasche ist, sondern eines Volkes schräger „Geist“.
faz.net/Die Methode Merkel: Eine neue Form des Charismas, 18.04.2011