Natur ist nur das, was wir nicht beherrschen

Natur ist nur das, was wir nicht beherrschen
Hallo Herr Strobl. Ich freue mich. Doch mit Ihrem Strobl light haben Sie wohl nicht so richtig die Macht der Masse, hier: die Ihrer Leserschaft, eingeschätzt. Wie auch immer. Mit dem Thema sind Sie mitten drin in der aktuellen Politik.

Ach ja: @Schusch: Apropos @ Devin. Wieso mache ich Sie eigentlich kirre? Aber ich betrachte es als ein Kompliment, dass Sie bei einem Doktor D’s Beitrag an mich gedacht haben. Auch mir gefällt der Beitrag sehr gut. Ich beziehe mich auch gleich darauf. Ansonsten nehme ich das Ganze auch wahr, als eine Art metaphysisches Erlebnis. Kommt bei mir ja nicht so oft vor. Denn nun bin ich da. Fast wie gerufen.

Zum Thema: Auch ich sehe in dieser Katastrophe sowenig einen Unfall wie eine Naturkatastrophe. Wo Atommeiler direkt am Rande einer solchen Platte gebaut werden, sehe ich eine Art „kriminelle Energie“ am Werk. Somit wäre das auch ein Verbrechen und keine Katastrophe (Mein diesbezüglicher Beitrag hier: faz.net, ist leider noch nicht frei geschaltet. Sie können ihn aber heute Abend in meinem Weblog lesen, unter: „Eine Art historische Gerechtigkeit“!)

Eine Naturkatastrophe ist es schon mal gar nicht. Denn Natur ist nur noch das, was wir nicht beherrschen. Hiervon gibt es nicht mehr all zu viel auf dieser Welt. Es sei denn, die Herrschenden gestehen mal endlich ihre Ohnmacht ein. Nur ich fürchte, das nimmt ihnen heute, auch angesichts der Wirkmächtigkeit ihrer eigenen Lobbyisten, niemand mehr ab.

Format der Selbstverständigung
@Schusch: Sie machen mir Hoffnung. Danke. Aber dennoch: Auch ich brauche vermutlich bei der Lektüre schwieriger – fremder – Texte länger als vermutlich bei der Verfassung solcher, aber eben eigener. Aber ist das nicht normal? Schließlich entwickelt jeder für das, was er in eigener Sache und in seiner Sprache schreibt, eine gewisse Routine. Zumal Sprache wohl mehr ist als nur eine Form der zwischenmenschlichen Kommunikation, sie ist auch das Format für die Selbstverständigung. Und ich denke, dass Sprache auch so was ist wie eine Schutzhülle, ein kleines persönliches Universum, eine der vielen Welten, die Aura um unsere Verletzlichkeit. (Siehe auch: „Der ästhetisch getrübte Blick und die gewohnte Semantik“, oder: „Ich lebe auch in meiner sprachlichen Welt“, da musste ich regelrecht intervenieren, um einem Aufstand entgegen zu wirken!)

Mit freundlichen Grüßen

Der Zwang zur Beschwörungsformel
@Strobl: Die Mystik, bzw. das „magische Denken“ ist uns gar nicht so fremd. Obwohl wir uns davon tausende von Jahren entfernt wähnen. Das magische Bewusstsein in Reinform finden wir wahrscheinlich nicht einmal mehr bei den „Buschnegern“. Dennoch Reste davon bei uns allen. Klingt nicht der Satz, angesichts der sich vor uns ausbreitenden Katastrophe in Japan: „Es besteht vorerst noch kein Grund zur Sorge“, wie eine Beschwörungsformel? In der Hoffnung die Gefahr dadurch zu bannen? Vieles von dem, was wir sagen, und mehr noch: wie es wir sagen, ist nur zu verstehen, im Kontext einer von früh an erlernten Fähigkeit, möglichst Tabus zu meiden, sie wenigstens nicht offen anzugreifen. Ich sagte es ja schon, weiter oben, in meiner Antwort an „Schusch“: Die Sprache ist die Aura um unsere Verletzlichkeit. Je komplizierter wir etwas verpacken, für desto gefährlicher halten wir es, ganz intuitiv, und zwar für uns selber. So gesehen ist das, was wir ausdrücken, zuvor schon mehrfach erprobt worden, ob dessen „Sozialverträglichkeit“.

In der Klassengesellschaft, in der auch das echte Bewusstsein erst aufkam, ich sprach kürzlich davon, wird dieses magische Denken, die Beschwörungsformel nur überformt, in abstrakte Redewendungen. Dennoch: der Versuch des Menschen seine Umwelt zu benennen, und erst eine solche benannte Umwelt überhaupt als eine Umwelt erst anzuerkennen, bleibt in wesentlichen Teilen dem magischen Denken verhaftet. Benenne etwas und es gibt es, ist nicht viel anders als: ich denke, also bin ich. Das „göttliche“ in uns, ist der unverrückbare Glaube, dass wir erst durch Benennung „Wirklichkeit“ schaffen. Schon der jüdisch-christliche Gott schuf die Welt auf ähnliche Weise. In dem er sie benannte. Innerhalb von 6 Tagen.

Benennen wie Beschwören sind die zwei Teile ein und derselben Medaille. Und diese Medaille ist fest eingebunden in das, was Marx als das Reich der Notwendigkeit bezeichnete. Erst wenn wir uns davon gelöst haben, sind wir dem Reich der Notwendigkeit entschlüpft.

Im Übrigen tun auch Sie das, wenn Sie schreiben: „Für mich ist Technik funktionierende Simplifikation.“ Seien Sie mir nicht böse. Aber das klingt für mich wie eine Beschwörungsformel. Simplifizieren scheint das Gegenteil von verkomplizieren zu sein. Dennoch ist es ein und dasselbe. Beides unterliegt dem Zwang das Ausgesprochene der Wirklichkeit gegenüber als einzig real zu beschwören. Dazu aber mehr vielleicht an anderer Stelle. Und ganz sicherlich auch in eigener Sache, will heißen: in selbstkritischer Form.

faz.net/blogs/formfrei/archive/2011/03/16/was-haben-sie-ihm-getan

   Sende Artikel als PDF   
Dieser Beitrag wurde in Blogs veröffentlicht. Ein Lesezeichen auf das Permalink. setzen. Kommentieren oder einen Trackback hinterlassen: Trackback-URL.

Ein Trackback

  • Von Sie macht ihr Volk zur Geißel einer Kamikazeaktion am 31. März 2011 um 17:23 Uhr veröffentlicht

    […] ihr Volk zur Geißel einer Kamikazeaktion Was die japanische Regierung da gerade begeht, ist ein Verbrechen am eigenen Volk. Nicht weniger verwerflich als die eines Gaddafis Bombardierungen. Und die Haltung […]

Einen Kommentar hinterlassen

Sie müssen angemeldet sein, um zu kommentieren.