Gangsterhafter Widerstand in einer „Gangsterwirtschaft“
Wenn ich mir Jürgen Roths „Gangsterwirtschaft“ daneben stelle, zeigt sich, was uns eines Brechts Dialektik zu verstehen gibt. Je gemeiner, je verrückter eine Gesellschaft, eine, in der Skrupel als Schwäche im Konkurrenz- und Klassenkampf allgemein anerkannt sind, desto gemeiner, ja verrückter, auch sein Widerstand. Jürgen Roth, bemerkend, dass selbst die beste Kritik an den (üblen) Verhältnissen scheitert, ja scheitern muss, formuliert trotzig den Widerstand der „Bürgergesellschaft“. Überzeugt sein wollend, ja sollend, dass es diesen gibt. Und das muss er auch, soll seine Kritik nicht völlig missverstanden werden, als eine, die sich an Symptomen abarbeitet, eine, die nur die Absonderlichkeiten einer Wirtschaftsordnung skandalisiert. Brecht parodiert nicht die Klassengesellschaft, er nimmt sie, wie sie ist, wenn er feststellt, dass in dieser die Moral nach dem Fressen komme. Jeder Klassenkampf ist ein politischer Kampf, ja, ein heroischer, nein, denn er kann die ethische Ebene einer gegebenen Gesellschaft nicht verlassen. Er lässt nur in seinen besten Momenten ahnen, wie viel besser eine andere Gesellschaft sein könnte. Verkommt eine Gesellschaft zur Gangsterwirtschaft, dann wird auch ihr Widerstand ein gangsterhafter.
faz.net/Brechts „Johanna“ im Wiener Burgtheater: Die Wirtschaft der Wahnsinnigen, 01.11.2010
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[…] man natürlich auch bei dieser Art des „Investigativen Journalismus“ (vgl. hierzu auch meine „Kritik“ zu Jürgen Roth, den ich übrigens sehr schätze) immer fragen – cui bono? Stützt er das System, in dem er es rein ethisch zu verbessern sucht, […]
[…] Geschmäckle Als ob man der Mafia eine äußere Grenze setzen könnte, wenn sie schon Teil des inneren (Finanz-)Systems ist. Um es deutlich zu sagen: Die Gelder der rumänischen, bulgarischen, tschechischen, […]