Der Systemfehler des Kapitalismus

Armut im Verstande
Wem es wichtiger ist, darüber zu streiten, ob wir nicht doch nur 1/5 gegenüber 1/4 Arme haben (vgl. die Debatte um die Armutsstatistik), dem scheint es nur auf Zeitgewinn anzukommen. Zeit gegenüber den Massen der Betroffenen, in der Hoffnung, dass die noch eine Zeit lang still halten. Mag sein, dass es statistisch relevant ist, ob die Armutsentwicklung und die Einkommensschere mal kurz pausieren, oder eben nicht doch in der Entwicklung ungebremst bleiben, die Empfindungen derjenigen, die davon betroffen sind, bzw. auch derjenigen, die das möglichst empathisch (und eben nicht selbstgerecht) verfolgen, nämlich sich sorgen, welchen Weg diese Gesellschaft geht, bleiben davon nicht unberührt. Die Wut über diejenigen, die solche öffentliche Szenen veranstalten, und nicht davor zurück schrecken, Institute, die nun mal die „roten Zahlen“ bzgl. der Systemfehler dieser Demokratie aufdecken, als Rote zu beschimpfen, wird nur gemildert, ob der Selbstdarstellung der Armut im Verstande gewisser solcher Hassprediger. Sowenig es nämlich eine höllische Hölle geben kann, kann man hinter diesen Statistiken „soziale Sozialisten“ vermuten. Armut im Verstande will einem doch als die schlimmere erscheinen.

Der Systemfehler des Kapitalismus
@Schmidt u.a.: Keine Frage, das System der DDR hatte etliche Systemfehler, ganz vorne den, dass es eben kein Sozialismus war, nicht jedenfalls im marxschen Sinne. Der Systemfehler des Kapitalismus besteht darin, dass er nur „alternativlos“ für die Gewinner innerhalb eines solchen Systems ist, die Verlierer werden ausgeblendet. Wenn von Produktivität die Rede ist, werden die Opfer eben dieser Produktivität schlicht ignoriert, oder zynisch mit dem Begriff der Entlassungsproduktivität ausgebucht. Während weltweit 1 Milliarde Menschen ohne Arbeit sind, eine weitere ohne sauberes Trinkwasser und wenigstens eine 3. Milliarde ohne moderne Gesundheitsversorgung, bewegen wir uns in Deutschland innerhalb eines trügerischen Scheins. Immer schon war auch in den kapitalistischen Kernländern das Proletariat in einer prekären Lage, nunmehr aber bewegt sich die breite Masse, auch der Mittelschichten, in diese Richtung. Nichts anderes sagen diese und andere Statistiken. Wer das nicht als Systemfehler erkennt, bzw. das ganz und gar zu leugnen sucht, dem bleibt nur der Hass auf die, die sich das nicht länger gefallen lassen und die solche Statistiken längst schon erwartet haben. Wer die Augen davor verschließt, hat auch seinen Verstand abgeschaltet, verarmt also im Verstande.

Bleibt die Lohnarbeit – bleibt der Kapitalismus
@Schmidt/Lutz: Dass das kein Kapitalismus sei, dem dürfte sogar die FAZ widersprechen, wenn diese uns seit Jahr und Tag nicht müde wird zu erklären, wie der Kapitalismus funktioniert, bzw. entstand. Aber selbst darauf berufe ich mich natürlich nicht. Denn dass der Kapitalismus sich selber leugnet, erkennen wir schon an seiner Unfähigkeit zur theoretischen Selbsteinsicht. Schon Adam Smith, der Theoretiker der ersten Stunde des Kapitals, versteht Markt und Kapital nicht, wenn er von der „unsichtbaren Hand“ redet, und noch weniger tun das heutige Ökonomen (einschließlich der Ideologen der „Sozialen Marktwirtschaft“). Soziale Marktwirtschaft war ein ideologischer Kampfbegriff im kalten Krieg, als es darum ging, den Sozialismus auf halbem Wege (zum Kommunismus) zu schlagen. Und dass das grundsätzlich möglich ist, hat nicht mal Marx bestritten, denn jeder Kampf für den Sozialismus ist ein politischer. Die politische Ökonomie erzeugt spontan immer wieder Kapitalismus (auch und gerade im Sozialismus), solange Markt, Lohnarbeit und damit das bürgerliche Recht noch existieren. Und das ist auch die Grundlage für die Definition von Kapitalismus – Wirtschaft für den Markt, Lohnarbeit und eben nicht Produktion für die Bedürfnisse der Menschen.

faz.net/Studie des DIW:Die Mittelschicht schrumpft,15.06.2010

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3 Trackbacks

  • Von Die billigstmögliche Bürokratie am 9. Juli 2010 um 19:06 Uhr veröffentlicht

    […] für die Staatsfinanzen, sondern eben auch ein Indikator für das Maß der Produktivität, jener Entlassungsproduktivität. So wie in einer hohen Arbeitslosigkeit eine hohe Produktivität vorgespiegelt wird, so dies auch […]

  • Von Herrensemantik am 26. März 2011 um 18:27 Uhr veröffentlicht

    […] Proletariat ins Stammbuch geschrieben, ohne die breiteste Demokratie für die Massen, bleibt der Sozialismus ein […]

  • Von Anpassung der Löhne auf unterstem Niveau am 20. März 2013 um 11:44 Uhr veröffentlicht

    […] noch gigantischere Staatsverschuldung auf der anderen Seite. Die Zumutungen der Agenda 2010 und die optimierten Statistiken sorgten dafür, dass das Millionenheer an Arbeitslosen – und damit das neue Massenelend auch in […]

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