Ein bisschen Glück gehabt und noch mehr Schwein

Ein bisschen Glück gehabt und noch mehr Schwein
Denn was geht es uns an, wenn es all das, was angeblich, die Gegenwart beherrscht, so oder so ähnlich vor gut zweitausend Jahren schon einmal gab? Wenn die Antike wie eine ferne, exotische Kopie des modernen Originals vorgestellt wird?“
Genau, aber umgekehrt, geht es uns was an, nämlich wenn die Moderne als Kopie des antiken Vorbilds – immer noch – verkauft wird! Und richtig, es ist die Hermeneutik, die uns die Geschichte entziffern lässt, nicht antike Funde sind es, und seien die noch so wertvoll. Nicht wie viel Silber und Gold in China oder in Japan geschürft wurden, oder auch wie viele Beamte schreiben konnten – vor so viel tausend Jahren -, und wie viel wertvolles Porzellan schon in chinesisch antiker Zeit am Hofe zerdeppert wurden, ist wichtig, sondern wer wann und wo eine Schrift und eine Technik entwickelt hat, die dann auf die eine oder andere Weise immer größeren Teilen des Volkes eine Geschichte hat zugänglich machen können, seine Geschichte, Stämme zu Völker und diese zu Geschichte hat formen helfen.

Und das ist keine Frage, auf diesem Gebiet standen sich Orient und Okzident lange Zeit Auge in Auge gegenüber, so auch war Alexander zuletzt wohl ein tragischer Held, aber eigentlich keiner mehr des Okzidents, sondern schon vor seinem Tod Erbe des Orients, denn erst eines Gutenbergs Buchdruck schuf die Moderne und damit jenen bis heute nicht mehr eingeholten Vorsprung des Westens, was wir fälschlicherweise, da wir darin Bezug nehmen auf die hellenistische Antike, „Abendland“ nennen. Ein solches – ein modernes „Abendland“ – schuf den modernen Menschen erst, wie den modernen Staat, die moderne Ideologie, die Matrix für das Subjekt, am Vor-abend seiner bisherigen Geschichte, sodann auch sich selbst als sein „Abendland“. Die Vorherrschaft aber verwirklichte das Kapital, auf eben genau dieser Grundlage, ein jenes, das nun genau auch dieses – das Abendland – in die Dämmerung erst führt. Nicht die der Götter, das war gestern, nein, die eines Subjekts, jenes modernen.

Die Moderne ist somit keine Kopie der Antike, keine ontologische Konsequenz, sondern ein Bruch mit dieser, welcher schon abgeschlossen war, mit der Aufklärung.
Das antike, das hellenistische, Vorbild ist vielleicht nicht beliebig, es hat uns sicherlich genutzt, denn enthielt es doch wertvolle Bruchstücke – auch für die Deutung der dann erheblich später eintretenden Moderne. Doch wäre diese Moderne ausgeblieben, blieben diese Bruchstücke bedeutungslos, ja nicht wirklich lesbar, so wenig hilfreich halt, wenn auch ähnlich faszinierend wie die unterirdische Totenarmee eines chinesischen Kaisers, oder dessen vergrabenes Quecksilbermeer.
Ein bisschen Glück gehabt und noch mehr Schwein.

faz.net/blogs/antike/archive/2010/01/19/varusschlacht-und-hellenismus-ein-missglueckter-rueckblick-auf-2009

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  • Von Tragisches Heldentum oder pharisäerhafte Demut am 13. Februar 2013 um 20:41 Uhr veröffentlicht

    […] der Verteidigung längst überholter, bzw. falsch vertretener „Prinzipien“. Das nennt man auch tragisches Heldentum. Traurig nur, dass die Menschen, denen solche Prinzipien zugemutet werden sollen, eine […]

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