Hurra-Türke oder „Bürger der Türkei“

Der Beitrag: Hitler gilt solchen Leuten als „großer Deutscher“, wurde bis zum abend, 15.12.09 von der FAZ noch nicht gesendet. Versuche es ein 2. Mal. Auch dieser Versuch scheiterte, die FAZ will keine Debatte über den Nazismus in der türkischen Politik, wie es aussieht.

Hurra-Türke oder „Bürger der Türkei“
Wo die Hurra-Türken („hurraturkiye“) unter sich sind, ist die Debatte über Freiheitsrechte Zeitverschwendung, jedes Wort „Perlen vor die Säue“. Wer in der Türkei Kurde ist, ist per se „Terrorist“, und niemals „Bürger“ . Warum soll sich eine kurdische Partei von einer anderen kurdischen distanzieren, nur weil diese das Etikett „Terroristenpartei“ trägt? Distanziert sich die offizielle Türkei von den diversen Völkermorden ihrer jeweiligen Herrscher – an Armeniern, Kurden, Assyrern, Aleviten, Christen, Juden…? Solange diese nicht als Morde eingestanden sind, gibt es absolut keinen Grund den Türken entgegen zu kommen, nicht durch die innere Opposition, nicht durch die EG. Im Übrigen: Erst durch die massive Unterdrückung des kurdischen Widerstandes und der PKK wurde die PKK eine Terroristenpartei. Wie anders soll das auch gehen, wenn Kurdistan ein Militärgefängnis ist? Der Handel mit Rauschgift, etc. ist übrigens ein gängiges Mittel bei so etlichen Parteienfinanzierungen. So auch bei den türkischen Faschisten, den Grauen Wölfen, die eine legale Partei – die MHP – in der Türkei unterhalten. Wird diese Partei deswegen verfolgt? Nein, denn sie ist die ideale Reserve für die gesamte türkische Reaktion. Hurratürke oder Bürger der Türkei – eines von beidem, beides geht nicht.

Im Kalkül der Nationalisten
„Ein Spaltungsversuch der Türkei ist mit 4 Mio Türken im Inland riskant“. Mal abgesehen davon, dass mir solches oder ähnliches als ziemlich paranoid daherkommt, sind die „Türken“ in Deutschland so wenig homogen, wie in der Türkei selber. Es ist fast anzunehmen, dass die Mehrheit noch nicht mal Türken sind, sondern vermutlich Kurden. Und wie gesagt, mit Hurrapatriotismus (hurratuerkiye) kann man selbst diese „Türken“ nicht gewinnen. Und über den Umstand, dass sich das durchaus auch als „Volksverhetzung“, wenn nicht gar als Aufruf zu einem Aufstand, interpretieren ließe, muss ich mir keine Gedanken machen; ich bin sicher, dass solches oder ähnliches von anderer Stelle genauestens beobachtet wird. Allerdings ist das nicht mein Ding, ich bin den Türken nicht feindlich gesinnt, sondern nur ihrem üblen Nationalismus, diesem im Übrigen genauso wie einem „deutschen Patriotismus“. Es ist definitiv nicht im Interesse der Deutschen, wenn die Türken unterdrückt werden, aber genau das scheint mir offenbar das Kalkül eben jener Nationalisten zu sein – der türkischen, wie der deutschen. Eine „Befreiung Istanbuls“ ist übrigens so wenig rückgängig zu machen, wie die „Befreiung Granadas“. Diese Themen interessieren nur noch die Historiker.

Hitler gilt solchen Leuten als „großer Deutscher“
@Kaya: Ach ja, keine Ahnung über die Türkei? Wie viel Ahnung haben die Türken bzgl. ihres eigenen Landes, stellt sich doch wohl eher die Frage. Ich persönlich habe Gespräche in Erinnerung mit mir gut bekannten Türken, die mir voller Stolz berichteten, wie doch in der Türkei das deutsche Nazi-Erbe hochgehalten werde, und zwar genau so hoch, wie die Heldenstatue in Ankara, welche seinerzeit von einem deutschen faschistischen Künstler der Türkei hinterlassen wurde. Dieses Kunstwerk wurde weder geschleift, noch wird es gar kommentiert. Ganz im Gegenteil, die Türken sind offensichtlich sehr gerührt bzgl. der Empathie deutscher Faschisten für türkische „Helden“. Hitler gilt solchen Leuten als „großer Deutscher“, und das „wissen sie aus ihrem türkischen Schulunterricht“. Und genau so viel wissen die Türken bezüglich des Umgangs mit der Opposition, der kurdischen insbesondere, mal abgesehen davon, das große Teile des Volkes die Brutalität nicht nur als Mitläufer begrüßen. Diese „Radikalisierung“ ist von den Kurden nicht zu verantworten, also auch nicht zu beenden, es sei denn, sie gäben sich als Volk völlig auf.

„Gegeninformation“
Ich beziehe mich noch einmal auf meinen Beitrag „Nicht das kurdische ABC“, und da auf die genannte „Gegeninformation“ (der Link bezieht sich auf eine kurdische Quelle, die inzwischen nicht mehr verfügbar ist; ich schätze, dass dies eine „Bereinigung“ der Historie, will heißen: Vertuschung der darin verwickelten Gestalten des „Tiefen Staates“ um den sog. Susurlukskandal ist, siehe auch: Innerhalb der türkischen Traditionslinie seit dem Osmanischen Reich). Eine beliebte Methode im Kampf gegen die PKK ist offenbar, und auf die da verwiesen wird, durch Folter umgedrehte Kurdenkämpfer als gedungene Mörder in Kurdengebiete zurück zu schicken. Jener dort genannte Mehmet Agar (gestürzter Innenminister unter Ciller) wird auch als Führer von sog. „Todesschwadronen“ gehandelt, einer Organisation, privat organisiert, aber zurückgehend bis auf die Zeit der von sog. Linken Militärs dann gestürzten Regierung Menderes – der DP -, einer vom CIA installierten Nachkriegsregierung. So gibt es in der Türkei, die unter Natokommando stehende und vom CIA befehligte Kontra-Guerilla, deren Aufgabe es ist, genau solche verdeckte Operationen nach dem Strickmuster des Agent-Provokateurs durchzuziehen. Ich verweise auch auf Tim Weiners „CIA“, in dem solches und ähnliches durchgängig bestätigt wird. Es ist möglich, dass viele Verbrechen, die kurdischen revolutionären Organisationen angelastet werden, eben auf deren Konto gehen. So hatte auch jener Agar einen kurdischen Provokateur (Bucak) in seinen Diensten. Die Quellen von „Gegeninformation“ waren auch über die türkische Presse bekannt gemacht.

faz.net/Türkei:Gericht verbietet Kurden-Partei DTP, 11.12.09

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5 Trackbacks

  • Von Gegenseitige Integration am 15. Dezember 2009 um 21:23 Uhr veröffentlicht

    […] „Integrationsproblematik“ vieler Türken auch eine von Deutschen gemachte ist, und: dass der Nationalismus der Türken in Deutschland, sowohl Ursache als auch Wirkung sein kann. – Ursache für Abgrenzung und […]

  • Von Getürkter Poker am 8. Juni 2010 um 22:25 Uhr veröffentlicht

    […] Ciller, dem damals unter dem Bürgermeister Erdogan nämlich avancierten Polizeipräsidenten – Mehmet Agar. Als Leiter der Abteilung „gegen Terrorismus“ machte jener Jagd auf die Linke, und zwar zum […]

  • Von Diese Militärs sind immer putschbereit am 13. September 2010 um 20:20 Uhr veröffentlicht

    […] selbst zu einem Sicherheitsrisiko wird, und wo der härteste Einsatz von Antiaufstandsagenten (aus Nato und CIA) den kurdischen Widerstand nicht hat brechen können, wird die Preisgabe von gewissen, scheinbar […]

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  • Von Erdoğans Doppeldiplomatie am 23. Januar 2013 um 20:00 Uhr veröffentlicht

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