Wer heute Nischen sucht, wird sich bald auf der Parkbank finden

Wer heute Nischen sucht, wird sich bald auf der Parkbank finden
Ich hatte ein ähnliches Problem mit meiner Laptop-Tastatur. Meine Tochter hat mir da ein-zwei Tasten aufgepfriemelt und dabei natürlich die untenliegenden Federn zerstört. Diese Federn zu bekommen – Fehlanzeige. Eine komplett neue Tastatur wäre fällig gewesen – Kostenpunkt etwa 200 Euro. Obwohl mein Laptop mal 1600 € gekostet hat (inzwischen sind die wesentlich billiger), nach 5 Jahren war es halt ehe fällig, immer wieder Abstürze. Also keine Tastatur, Laptop in den „Müll“, einen neuen Computer angeschafft. Von Laptops habe ich die Nase voll. Mit meinen Fahrrädern bin ich besser gefahren. Mein Tourenrad Accordo GT von Centurion ist mittlerweile ein Klassiker. Aufgewertet durch Komponenten der Oberklasse (Shimano XT/, Mavic und einem sehr hochwertigen Tretlager von Philwood) ist das Rad eigentlich unverwüstlich. Außer Kette und hin und wieder ein paar Züge, Bremsbeläge und einzelnen Zahnkränzen wird da nichts ausgewechselt. Gleiches bei meinem Mountainbike – Yeti-Elevator -, auch hier Philwoodnaben und Philwood-Tretlager, ansonsten Shimano XT/Mavic). Nur mein Rennrad hat damals nicht mehr als 1000 Mark gekostet (Centuriorahmen, Shimano Deore/Mavic-Komponenten). Übrigens, auch ich fahre nur auf Ledersattel von Brooks, und ich muss natürlich befürchten, dass, wenn ich mal richtig Ersatzteile brauche, ich dann auf den Flohmarkt muss.
Was will uns das aber sagen? Die Massenprodukte, die unterhalb eines gewissen Preises liegen (der Preis kann dabei sehr hoch sein), haben ein eingebautes Verfallsdatum, da lohnen sich Ersatzteile nicht mehr. Wenn die Teile vorher kaputt gehen – Pech gehabt.
Nur so rollt der Rubel, in Zeiten des tendenziellen Falls der Profitrate. Oder auch anders ausgedrückt: Mit immer weniger Arbeitern immer mehr Produkte bedeutet automatisch, dass Reparatur nicht mehr angesagt ist.
Eine solche Produktionsweise zerstört selbstredend den handwerklichen Mittelstand (und ist natürlich der Grund für Massenarbeitslosigkeit, ist doch überhaupt Produktivität Entlassungsproduktivität), nicht weil der nicht genug Arbeit hätte, nein, weil es keine Produkte mehr gibt, an denen er noch arbeiten könnte. Um das gleich klarzustellen: Das ist eine Art Kapitalismuskritik die nicht bedauert, dass es doch früher besser war, sondern die feststellt, dass das der Kapitalismus ist, einen anderen hat es sie gegeben, nur war der Kapitalismus früher eben noch nicht so entwickelt, bzw. auch noch nicht so durchgesetzt in allen Nischen der Gesellschaft. Aber er war genau auf diese Entwicklung angelegt, nämlich auf die Zerstörung von Nischen.
Und wer heute Nischen sucht, wird sich bald auf der Parkbank finden.

faz.net/blogs/stuetzen/archive/2009/11/03/die-kleine-japanische-feder-und-der-grosse-weltmarkt

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