Multisexuell
@pjk: Ich möchte Sie da ein wenig korrigieren: In der Fabrik prostituiert sich Frau in aller Regel nicht – eher selten (es sei denn gegenüber ihren Kollegen). Im Büro schon mal öfters (frau ist den Bossen ja schließlich ziemlich nahe, wenn diese ihr über die Schulter schauen). Im Bett definitiv, aber eben nicht nur mit den Bonzen. Jetzt sagen Sie aber bitte nicht, dass Sie den Begriff „prostituieren“ nicht so wörtlich meinten, denn das wäre nicht fein, gegenüber dem weiblichen Geschlecht. Im Übrigen prostituieren sich auch Männer, wir leben ja schließlich multisexuell.
Chauvinistische Gedankengelüste
Nanuk hat Recht – mit Mühsam -, sind wir doch alle nur kleine Lumpen, kleine Chauvinisten, vom Neid Erfüllte. Ich habe den Beitrag seinerzeit in der Zeit gelesen, und der erste Gedanke war – ein zugegeben chauvinistischer, denn einer Frau nur leiht man doch eine solche Summe: Ist das ihr eigenes Geld? Oder hat sie das (zu diesem Zweck) spendiert bekommen? Ich selber habe nämlich gerade diese Summe parat, aber ich würde den Teufel drum tun, und sie auf diese Weise verzocken, denn es ist mein eigenes Geld, und wer weiß, welche Lücke ich damit stopfen muss.
Und das ist auch im Wesentlichen die Erklärung dafür, dass sich Berufszocker, (Finanz-)Kapitalisten, Broker, relativ leicht tun, mit dem Zocken, ist es doch in aller Regel „geborgtes Geld“, wegen mir auch „gestohlenes“ (der Anarchist Mühsam kapriziert sich da all zu sehr auf einen Schuldigen, dem Täter, dem Dieb – Kapitalismus ist nicht einfach Diebstahlsökonomie, wobei sie das auch ist), auf jeden Fall Geld, das sie für diesen Moment übrig haben, welches sie da so leichtfertig investieren.
Bedenken darf man ruhig haben, aber nicht dahingehend, was man mit diesem Geld noch anrichten könnte, das hat „Geld“ ehe schon, sondern woher es kommt, wer es erarbeitet hat, wessen Mehrwert hier gerade verpulvert wird. Das ist auch Erich Mühsams Ansatz.
Und widersprechen möchte ich noirony4884: Das ist ein Beitrag für eine Männerzeitung, weckt er doch nahezu alle chauvinistischen Gedanken wie Gelüste – Gedankengelüste.
Chauvinismus versus Fetischismus
@Strobl: Ich strahle ja auch, leider können Sie das nicht sehen und offenbar auch nicht fühlen. Der Fetischcharakter ist nicht unbedingt mein Thema – das ist Robert Kurzens Thema -, Chauvinismus dahingehend sehr. Und in diesem Fall wäre das auch nicht die entscheidende Seite, da das alles viel zu sehr nach Spiel, Literatur, Gedankenspiele … aussieht. Es wird an gewissen Animositäten angeklopft („wo mische ich mich da ein?“ – ziemlich kleinbürgerlich, wie ich meine), auch an sexuelle, hat schon was erotisches, dieses Spiel des Weibchens mit des Männchens G…d. (Ich meinte natürlich Geld, war da ein Punkt zuviel?) Wer würde ihr da nicht Erfolg wünschen? All das gehört in den chauvinistischen und weniger fetischistischen Bereich. Fetischismus ist das ganze Geschäft selbstredend, das Echte allerdings, nicht die Kopie. Und ich bin sicher, dass der eine oder andere (die eine oder andere) das macht, so wie sie, also die Überschüsse verspekuliert – dem Fetisch verfällt -, nur dürfte der Masse da im Moment der Mut zu fehlen. Und eine Frau zeigt, wo der Mut ist, die, die gegen den Strom wetten – Soros und Co. Das sind wahre Männer! Prachtkerle, Alphatiere! Wieder mehr verinnerlichtes Patriarchat, verinnerlichter Chauvinismus – im Munde einer Frau, wie sexy! – , als verinnerlichter Fetischismus. Naja, wenn sie da noch einen Latex drüber zieht, so wie die Pauli vielleicht, dann käme wieder etwas Fetischismus rein, aber nur sekundärer, vermarkteter, nicht verinnerlichter.
Vom Dieb lernen
@pjk/nanuk:
Ich meine das mit dem Chauvinismus auch nicht unbedingt im engeren/äußerlichen Sinne, sondern im verinnerlichten. Wir alle sind Kinder des Patriarchats, somit Objekte des Chauvinismus, und: auch Subjekte dessen. Übrigens nicht nur die Männer. Wenn Frauen ihre Kinder erziehen, erziehen sie sie im Geiste des männlichen Chauvinismus; selbst die Alleinerzogenen werden so kleine Chauvinisten. Auch der kritische Marxist ist als individuelles Subjekt nicht frei hiervon. Er ist es nur in der Kritik und kann es sein als Teil der revolutionären Bewegung.
Das Patriarchat ist wohl die Macht des männlichen Geschlechts, aber nicht identisch mit dem männlichen Subjekt (Die „Abspaltung“ hiervon, wie das Roswitha Scholz und auch Robert Kurz beschreiben, ist eine brauchbare Darstellung). Es ist die Supermatrix des Kapitalismus, also ein im Wesentlichen ideologisches Konstrukt. Und „Prostitution“ sollte man nicht unbeschränkt verwenden, das ist beleidigend, das Äquivalent wäre dann „sexuelle Ausbeutung“.
Und hier kommen wir zur Dialektik/nanuk: Das war keineswegs beschönigend gemeint. Diebstahlsökonomie im engeren Sinne des Wortes, ist in der Tat die kapitalistische auch, ich sage a u c h und meine das gleich im doppelten Sinne:
Alle „Ökonomien“ der Klassengesellschaften beruhen auf der Aneignung dessen, was andere erwirtschaftet haben. Aneignung = Diebstahl, so kann man das machen, allerdings nicht im juristischen Sinne, und das gilt noch mehr für die kapitalistische Ökonomie, jener Ökonomie, die rein juristisch betrachtet, den „gerechten Lohn für ein gerechtes Tageswerk“ (Den „Wert“ ohne „Mehrwert“ – Marx gegen Lassalle) zu erstatten vorsieht (ist natürlich immer eine Definitionsfrage – „gerecht“), und die dafür sogar zum ersten Mal Ökonomie im Sinne des Wortes betreibt, Buchhaltung. Diese Ökonomie macht es möglich Ressourcen ökonomisch/sparsam auszubeuten.
Laut Marx hat der Kapitalismus die Ökonomie eingeführt um sie als so bald wieder zu verlieren, die Kontrolle darüber nämlich. Über die „unsichtbare Hand“ sind sie nicht hinaus gekommen – die bürgerlichen Ökonomen. Wenn wir die Zerstörung der Umwelt mit einbeziehen, ist das Kapital längst über seinen Zenit hinaus. Denn es hat nämlich entgegen seinen Versprechen nicht ökonomisch gehaushaltet!
Wenn man davon ausgeht, dass alle natürlichen wie menschlichen Ressourcen bisher beschränkt waren und noch sind – „Arbeit“ ist ein Ausdruck dieser Beschränkung, da die Energieumwandlung über das Arbeitssubjekt geschieht, und somit einen noch recht bescheidenen Wirkungsgrad erzielen muss – , bedeutet das, dass Effizienzsteigerung mittels einer solchen Ökonomie und innerhalb einer solchermaßen beschränkten Wirtschaftsweise, ein nicht zu leugnender Fortschritt ist.
Dies und nur dies hat Marx der politischen Ökonomie (der bürgerlichen Wirtschaftsweise) als historisches Verdienst zugeschrieben. Allerdings nur unter der Bedingung, dass damit gleichzeitig die Möglichkeit eröffnet wurde, den direkten Weg zur Abschaffung dieser Ökonomie zu beschreiten, über die Klassenkämpfe, denn auch diese Ökonomie beruht auf der Ausbeutung der Arbeitskraft Dritter, ist so gesehen nicht wirklich effizient, behindert die weitere Entwicklung, vor allem die der Befreiung der Arbeit.
Die Möglichkeit besteht, da das Kapital die materialen Voraussetzungen hierfür schafft, vermittels dieser Ökonomie, das Reich der Notwendigkeit nämlich zu verlassen und das Reich der Freiheit zu betreten, wie gesagt, nur über den Weg der Zuspitzung des Klassenkampfes. Jenseits dessen wird es keine Ausbeutung von Arbeitskraft mehr geben, auch deshalb, weil der Energieumschlag vermittels menschlicher Arbeitskraft zwischenzeitlich obsolet geworden und dank der Befreiung von der Ausbeutung nicht mehr notwendig sein wird. Das Kapital öffnet diesen Weg, aber verschließt ihn zugleich, macht ihn nicht wirklich wahr – seinen beschränkten Klasseninteressen wegen. Es kann ohne Ausbeutung nicht leben. Das stürzt dieses Kapital in seine weltumstürzenden Krise, nämlich der zwischen seinen materialen Möglichkeiten und der kapitalistischen Produktionsweise selber.
In diesem Sinne ist Kapitalismus nicht nur Diebstahl, sondern größtmöglicher Fortschritt wie größtmögliche Beschränktheit zugleich. Eine Tragödie von wahrhaft historischem Ausmaß. Und eine Groteske: Der Dieb beschenkt den Bestohlenen. Mit Wissen, mit der Fähigkeit Wissen einzusetzen, mit den materialen Möglichkeiten einer Gesellschaft, welche Ausbeutung obsolet macht, dieses aber nicht wahrnehmen möchte. Eine historische Herausforderung noch nie gekannten Ausmaßes.
Die materialen Voraussetzungen sind mittlerweile derart, dass nicht nur Klassendifferenzierungen, sondern überhaupt Hierarchien in der Arbeitsteilung nicht nur obsolet sondern auch kontraproduktiv geworden sind. Und wenn es noch eines Beweises hierfür bedurfte, dann liefert diesen gerade die aktuelle Krise. Eine Krise, die sich auch auf der Grundlage dessen vollzieht, was die materialen Voraussetzungen schafften. Das Internet schafft die Kontrolle über die Zeit, und dies macht Geld so überflüssig, wie Eigentum, ja so giftig wie das Blei, das immer noch viele Arbeiter einatmen müssen, während sie das Gold für die Herrschenden schaffen. So denkt man doch ernsthaft über die Abschaffung des Geldes ab – innerhalb des Kapitals, welch genialer Gedanke!
Die Dümmsten derzeit sind die Herrschenden selbst, jene nämlich, die ihre Weisheiten allesamt darauf konzentrieren – trotz allem – ihre Klassenherrschaft zu erhalten.
Sie wissen es längst, dass Geld, Eigentum, ja Kapital obsolet sind. Wer in der Lage ist, mit Währungsmanipulationen die Währungen von Großmächten in eine Krise zu zwingen, hat diese Lektion gelernt und gelehrt. Während sie die Zeitdifferenz für solche Manipulationen nutzen, zeigen sie, welche Zeit wirklich abgelaufen ist.
Die Debatten über die Beschränkungen des Internets machen das all zu deutlich (selbst die FAZ hält sich da nicht besser, vgl. „Wut über die „Zensurmullahs“). Erstmals richten sich die modernsten dieser materialen Voraussetzungen gegen die Voraussetzungen dieser Voraussetzungen selber: Hierarchien, Klassen und Selektion im Wissenschaftsapparat, ja Kontrolle des Wissens, all das steht zur Disposition. Das Wissen scheint sich zu Demokratisieren. Es wundert somit nicht, dass die Herrschenden genau dagegen vorgehen. Aber damit untergraben sie die materialen Voraussetzungen ihrer Herrschaft selber. Eine Herrschaft, die nur noch denkbar ist, als eine globale, und solchermaßen herrschend nur noch über globales unbeschränktes Wissen. Eine abstrakte Herrschaft, so abstrakt wie das Kapital. Und genau dies ist die unmittelbarste Voraussetzung für die Abschaffung jeglicher Herrschaft, jeglicher Politik, des Kapitals. Tendenz: Schach matt – für das Kapital.
Nach den bürgerlichen Kategorien selber ist es nicht möglich, den Wert dessen (genau diese Möglichkeit) jenem Mehrwert, das das Kapital der Arbeit ständig entnimmt, überhaupt seriös entgegen gesetzt zu haben. Denn vermutlich ist es ohne dieses Kapital – und ohne die von ihm geschaffenen materialen Voraussetzungen – nicht möglich, diesen Riesenschritt aus dem Reich der Notwendigkeit hin zum Reich der Freiheit zu machen, überhaupt zu denken. Ich sage vermutlich, denn das geschieht unter der Voraussetzung, dass wir eine andere Entwicklung nicht kennen gelernt haben, eine andere Möglichkeit nicht wahrnehmen konnten, ein anderes Kapital nicht existiert (und ein anderes „Das Kapital“ nicht geschrieben wurde).
Das Wort Diebstahl fasst diese Tragödie nicht wirklich, denn es begreift nicht die historische Dimension. Sich darauf zu kaprizieren, würde die Bedeutung des Klassenkampfes beschränken, diesen auf das Niveau eines mittelalterlichen Ständekrieges herunter schrauben. Denn der Bestohlene darf von dem Dieb lernen, stützt sich auf dessen materialen Voraussetzungen, oder auf die Voraussetzungen dessen materialen Voraussetzungen, oder wird direkt von ihm an dessen „Grenzen“ (ich betone aber: relativen Grenzen) geleitet.
Er sollte nur dessen Methoden nicht kopieren, sich nicht in dessen Aporien verstricken, nicht zum Opfer dessen Fetischismus werden. Und dazu bedarf es einer Wissenschaft, einer historischen Theorie, historisch, wahrlich. Marx legte dafür den Grundstein, mithilfe auch der Dialektik. Ein großer Dienst gemessen an den nicht geringen Opfern, der Ausgebeuteten gegenüber dem Dieb, wie auch des Wissenschaftlers an den Massen. Und eine kleine Aufgabe gemessen an den großen Möglichkeiten, die wir nun haben, den materialen wie den intellektuellen.
Adorno war gut, Marx ist wichtiger, Stalin war die Strafe
@noirony4884: Sie sagen es – mit Adorno -, nur kann man den Klassenkampf nicht durch die Tiefenpsychologie ersetzen (zumal dem Kapital in aller Regel die Krankheitseinsicht fehlt), bestenfalls ergänzen, dessen Kategorienkatalog erweitern. Es ist ein brauchbares Instrumentarium um die Selbstkritik zu verbessern, lernen zu helfen, wie man selbst als „Automatisches Subjekt“ (Marx) tickt, etc. p.p.
Und es gibt natürlich da so eine Tendenz, die mit Adorno ihren Anfang nahm – naja, Gramsci hatte da mal schon ein bisschen vorgefühlt -, nämlich die Paradigmen der Konsumgesellschaft zu verabsolutieren. Dies ging einher mit dem Keynes in der Wirtschaftspolitik. Der Verlagerung des Schwergewichts auch in der Politischen Ökonomie auf den inneren Markt, ganz entgegen gesetzt zur allgemeinen Entwicklung des Kapitals, und auch zu den Notwendigkeiten im Klassenkampf. Ein „revolutionäres Subjekt“ das sich nur als „innerer Markt“ sieht, ist am Ende, kann den Bettelstab übernehmen. Marx wurde nicht mehr begriffen, nur noch gefühlt, „tief(en)“ gefühlt. Die Analyse der Weiterentwicklungen im Kapital wurde dabei verschlafen. Dem Proletariat wurde die Seele massiert, nicht der Verstand poliert. Ein gigantischer Fehler, einer der der sozialistischen Bewegung auf Jahrzehnte hinaus Schaden zugefügt hat.
Adorno hat die historische Rolle der Massen nicht wirklich begriffen, er sah da alles zu kulturkritisch, anstatt sozialkritisch, er begriff den Brecht nicht, der da meinte, dass erst das Fressen käme, dann die Kultur.
Und es ist nicht übertrieben zu sagen: Mit Adorno begab sich der revolutionäre Intellektuelle ins Abseits, ins Wolkenkuckucksheim seiner sensiblen Seele. „Negative Dialektik“ ist ja ganz gut, wenn am Ende wieder was Positives bei raus kommt. – Eine akzeptable Gesellschaftsordnung. Ein revolutionäres Subjekt.
Stalin war nicht for ever, aber doch wohl die beinahe verdiente Strafe auf solche und ähnliche Seelenreiber unter den revolutionären Intellektuellen.
Warum sind die Liberalen die Katze?
@Strobl: Diesen T.d.Affe habe ich schon einmal irgendwo gelesen. Solch wirres Zeugs vergisst man nicht. Kann sein, dass ich mich da auch mal drauf eingelassen habe. Denke aber, dass der Zeitverschwendung ist. Aber warum kriegen Sie das eigentlich alles ab? Ich wusste gar nicht, dass Sie Marxist sind? Wir dürfen nun live erleben, wie aus brauner Sicht zwischen Liberalen und Marxisten nicht unterschieden wird, da nützt auch die beste Abgrenzung nichts. Schon merkwürdig und irgendwie beängstigend. Manchmal denke ich, dass die Ultrarechten die Liberalen mehr hassen als die wirklich Linken, das muss ihr konservativer Instinkt sein (und die Linken werden von ihnen vermutlich als die Ihresgleichen gesehen, von wegen: braun und rot seien gleich, welch Anmaßung?). Das harmlose Wörtchen „Liberal“ muss bei ihnen irgendwelche psychische Effekte loslösen, so wie beim Hund, der eine Katze über den Hof laufen sieht. Der kann gar nicht anders, der muss hinter her hetzen. Die Frage ist nur: warum sind die Liberalen die Katze?
faz.net/blogs/chaos/archive/2009/07/01/zeit-girls-just-wanna-have-fun