Die letzte historische Chance und die Klassenanalyse in der Postmoderne

Die letzte historische Chance und die Klassenanalyse in der Postmoderne
„„Der Preis der Freiheit“ skizziert einige Linien der Diskussionen um die Sklaverei im Achtzehnten und Neunzehnten Jahrhundert, zentriert um das sachlich unzutreffende, aber politisch höchst wirksame ökonomische Argument von Abolitionisten, Sklaverei sei unrentabel.“
Das ist hoch interessant in der aktuellen Debatte darüber, wie schnell, bzw. ob, der Kapitalismus sich zurück entwickele. – Eine neue Epoche, nämlich die der ultimativen Sklaverei, kündet sich schon an. Und in mancher Hinsicht haben wir doch das Mittelalter, oder wenigstens das späte Mittelalter schon erreicht, wenn wir eine Aristokratie, wenn auch der des Geldes, innerhalb der Bourgeoisie (oder schon außerhalb?) verzeichnen.
Auch in politischer Hinsicht übernimmt die Bürokratie die Macht, eine Bürokratie, die flexibel genug ist, um jedem Herrn zu dienen. Nicht nur das Proletariat scheint als politische Klasse obsolet, auch das Bürgertum, die Bourgeoisie, wie es in französisch zutreffender, da solchermaßen politischer, heißt. Was vielleicht bleibt, ist tatsächlich ein deutsches „Bürgertum“, neben einer „Aristokratie“, die die Macht hat, diese aber an die Bürokratie (beileibe nicht nur an eine solche, wie in Brüssel) delegiert. Sich aber mit einem Heer von Beratern gegen deren Dummheit (nicht Blasiertheit, die ist bürgerlich-aristokratisch konnotiert) wie Korruptheit einerseits schützt, andererseits diese sogleich benutzt.
Das Proletariat hingegen scheint sich aufzulösen in ein Prekariat (wo es sich mit den abgestoßenen Resten anderer Verliererklassen- und Schichten wiederfindet) und einer technisch-wissenschaftlichen Lohnempfängerklasse (an deren unteren Rändern die Verwaltungsbürokratie ihre Proletarier unterbringt, und an deren oberen Rand die wissenschaftliche Intelligenz angesiedelt ist).
Das sog. Kleinbürgertum, der aus marxistischer Sicht vormals „Mittelstand“, wird aufgerieben und den unteren Klassen zugeführt. Ein kleiner, ein winzigkleiner, Teil davon, wandert in die technisch-wissenschaftliche Lohnempfängerklasse (denn diese wächst nur sehr langsam im globalen Wettbewerb), bzw. kann gar aufsteigen in die Managerschicht der Bourgeoisie (z.B. aus gewissen, der Industrie sehr ergebenen, Wissenschaftskreisen).
Industriearbeiter wird es wohl noch geben – eine ganze Zeit lang -, ebenso wie Bauern, aber diese kämpfen beide um ihre Existenz.
Tun sie das, dann ereilt sie recht bald das Schicksal all der anderen subalternen Schichten, begreifen sie hingegen die historische Wanderung und Wandlung, die sie durcheilen (müssen), finden sie vielleicht (zurück) zu neuer Potenz, zu einer wirklich revolutionären Klasse. – Die Zukunft der Proletarier ist ehe nicht eine Proletarierklasse, sondern die klassenlose Gesellschaft! Ein Stück weit, wenn auch auf sehr merkwürdigen Wegen, wird das Proletariat heute schon – in der postmodernen Klassengesellschaft – „klassenlos“!
Die Bauern proletarisieren (prekarisieren), das ist definitiv ihre Zukunft, ja ihre Gegenwart (auch ihre Proteste bzgl. der Milchquote ändern daran nichts, obwohl die ernährungsnotständige Zukunft sie in ihrer Bedeutung noch einmal hervorhebt, bevor sie dann in den Schmelztiegel einer biotechnisch hochgerüsteten Agrarindustrie eingerührt werden), die Proletarier werden umgeschichtet (siehe oben), intellektuell angereichert, aber auch teilweise plebejisch „zugemüllt“ (auch dem Bauer geschieht das, Stichwort: Agrarindustrie).
Begreifen sie dies – beide – als Vorteil –, so kämpfen sie nicht mehr u m ihre Existenz, sondern g e g e n eine solche! -, dann wären sie im Sinne von Marx einer revolutionären Klasse sogar näher als zuvor, denn sie haben die Klassenlosigkeit, ihre Zukunft vor Augen, tun sie das nicht, verspielen sie ihre historische Chance, ihre letzte womöglich.
faz.net/blogs/antike/2009/05/26/skinners-freiheit-wiederbesichtigt-und-die-sklaverei

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